Taylor Swift lässt nicht locker: Sie will, dass auch bislang eher Unpolitische wählen gehen. Foto: AFP

Bei den American Music Awards ruft Superstar Taylor Swift ihre Fans erneut auf, an die Urnen zu gehen. Donald Trumps Hohn wirkt ungewohnt verhalten. Und andere Republikaner könnten ein böses Erwachen erleben.

Los Angeles - Selbst Donald Trump zeigt sich ungewohnt zurückhaltend. Menschen, die ihm in die Quere kommen, geht der US-Präsident sonst an wie die Dampfwalze den warmen Asphalt. Die Popsängerin Taylor Swift ist ihm in die Quere gekommen. Sie hat sich vor den Zwischenwahlen in den USA, die den Demokraten die Mehrheit im Senat bringen könnten, gegen Marsha Blackburn, eine republikanische Kandidatin aus Tennessee, ausgesprochen.

Trump aber kommentiert milde: „Ich mag Taylors Musik jetzt 25 Prozent weniger, okay?“ Diese Zurückhaltung, die zu ihm passt wie ein T-Shirt mit der Forderung nach einer Mietpreisbremse, hat mit der Furcht vor den Möglichkeiten einer Frau zu tun, die wie Trump selbst einen direkten Draht zu den Leuten findet. Swift ist ein Star des ländlichen Mittelstands- und Kleine-Leute-Amerika. Das Wunschbild, das viele Fans von ihr hatten, war das des netten Mädchens von nebenan, das Glamourauftritte souverän bewältigt, im Herzen aber biedere Werte trägt. Fans und Verächter hielten die 28-Jährige bislang für eine Konservative, die nichts zur Politik sagt, weil sie Politik für Männersache hält.

Symbolfigur der weißen Staaten

Dass sich Swift nun bedacht und klar gegen erzkonservative Positionen ausspricht – sie votiert unter anderem gegen Blackburn, weil die gegen die Schwulenehe gestimmt hat – schreckt die Republikaner auf. Eine halbe Woche nach Swifts Wortmeldung wird klar, dass sie Wirkung zeigt. Die Zahl der Registrierungen für die kommende Wahl steigt sprunghaft an. Bei der Verleihung der American Music Awards hat Swift nachgelegt: „Geht raus und wählt“ hat sie nicht nur ihre Fans aufgefordert.

Die Sorge der Republikaner, da könne sich eine Stimmung aus der politischen Mitte gegen sie erheben, hat auch mit einem Skandälchen bei der Verleihung der MTV-Music Awards im Jahr 2009 zu tun. Die 19-jährige Swift hielt gerade die Dankesrede für die Auszeichnung ihres Musikvideos „You belong to me“, als der afroamerikanische Rapper Kanye West die Bühne stürmte, sie rüde unterbrach und verkündete, eigentlich habe Beyoncé diesen Preis verdient. Afroamerikaner und eher Linke fanden das eine im Kern berechtigte Intervention, konservative Weiße einen Beleg dafür, dass mittlerweile sie eine bedrängte Minderheit würden, der man alles missgönne. Swift wurde ohne eigenes Zutun für beide Seiten zur Symbolfigur weiß geprägter Staaten von gestern.

Eine bittere Lektion scheint möglich

Mittlerweile aber ist West zum Fan von Donald Trump geworden. Und Swift steht nun auf der anderen Seite. Trump hat in der Politik vorgeführt, dass Kehrtwenden den Wählern wie emotionale, unverstellte Ehrlichkeit vorkommen können. Was, wenn konservative Parteigänger dieses Denken auf Swift übertragen, deren Widerspruch sympathisch finden und sich mit dem Mut zum Wechselwählertum anstecken lassen?

Einige, wie der mehrfach gescheiterte Präsidentschaftskandidatenanwärter Mike Huckabee, wollen das mit Gehässigkeit verhindern: 13-jährige Mädchen, sagt Huckabee in völliger Verkennung von Swifts breiter Fanbasis, dürften ja noch gar nicht wählen. Und Blackburn scheint überhaupt nicht zu begreifen, was Swift gegen sie haben könnte. Sie genieße doch, beteuert sie, als sei das die politische Heiligsprechung, die volle Unterstützung der NRA, der Waffenlobby also. Der Wahlabend könnte für manchen eine bittere Lektion bringen, wer alles Taylor Swift – und vor allem: auf Taylor Swift – hört.