Torsten Bäuerlen, Baukoordinator Foto: Käufer

Im bolivianischen La Paz ist einer der größten Seilbahnprojekt der Welt in Betrieb. Wer mit der Gondel von El Alto nach La Paz fährt, kann fast zwei Stunden sparen. An der Verwirklichung war auch ein Deutscher beteiligt.

La Paz - Boliviens Metropole La Paz ist um ein Wahrzeichen reicher. Das größte urbane Seilbahnnetz der Welt verkürzt die Fahrzeit zwischen La Paz und El Alto auf nur noch 16 Minuten – und das bei einer atemberaubenden Aussicht. Mitgeholfen, dass dieses Projekt in die Realität umgesetzt werden konnte, hat Torsten Bäuerlen. Der Göttinger hat während des Millionenprojekts für den österreichischen Weltmarktführer Doppelmayr den Bau koordiniert.

La Paz liegt auf etwa 3600 Meter Höhe. Wer hier mit dem Auto oder Minibus unterwegs ist, weiß, wie quälend lang die Serpentinen zu dem auf mehr als 4000 Meter Höhe gelegenen ehemaligen Stadtteil El Alto sein können. Die beiden Städte grenzen unmittelbar aneinander. An schlechten Tagen – und die gibt es in Boliviens bevölkerungsreichstem Ballungsraum oft – kann es bis zu zwei Stunden dauern, die gut zehn Kilometer lange Strecke zu überwinden. Doch das ist jetzt Geschichte.

Seit diesem Jahr verbindet eine Seilbahn die beiden Städte. „Die Fahrgäste sind jetzt in Minuten entweder ganz oben in El Alto oder ganz unten in La Paz“, sagt Torsten Bäuerlen. „Die Menschen, die das erste Mal mit dieser Seilbahn fahren, haben beim Aussteigen fast immer ein Lächeln im Gesicht.“

Umgerechnet 35 Cent kostet eine Fahrt

Etwa 18 000 Passagiere kann die Bahn pro Stunde befördern – und das soll sie nach Möglichkeit 360 Tage im Jahr 17 Stunden lang tun. Die Fahrt mit der Gondel sei nicht nur eine stressfreie, schnelle, zuverlässige und komfortable Art, sich in urbanem Gelände fortzubewegen, sagt Bäuerlen. Im Fahrpreis von drei Bolivianos (umgerechnet rund 35 Cent) ist obendrein die atemberaubende Aussicht über Häuserschluchten und das lokale Fußballstadion inbegriffen.

Ob das genügt, um dem Verkehrschaos in der Region Herr zu werden, wird von Kritikern allerdings bezweifelt.

In La Paz herrscht trotzdem Freude über die Entlastung. „Wenn ich erzähle, dass ich für den Teleferico arbeite, dann habe ich bislang nur positive Rückmeldungen bekommen“, sagt Bäuerlen. Das liege vor allem an der Zeitersparnis. Allein durch das steilste Stück der Strecke von El Alto hoch oben zur ersten Station in La Paz ist die enorm. Durch die fünf Minuten Auf- oder Abfahrt werden bis zu 45 Minuten Fahrtweg mit dem Auto überflüssig.

Seilbahnspezialisten haben zwar immer noch ihre meisten Kunden im Alpengebiet, doch der urbane Kundenkreis wächst. In Südamerika war die Firma Doppelmayr bereits an mehreren Projekten beteiligt: In Caracas (Venezuela) schweben die Fahrgäste bereits über Straßen und Häuserdächer, und im brasilianischen Rio de Janeiro lassen sich jedes Jahr rund 1,5 Millionen Touristen in einer Seilbahn des Unternehmens zum legendären Zuckerhut fahren.

Die ersten drei Linien sind fertig, weitere sollen folgen

In den Köpfen der bolivianischen Politiker war das Verkehrsprojekt bereits vor seiner Verwirklichung viele Jahre ein Thema. „Präsident Evo Morales hat es zur Chefsache gemacht und umgesetzt“, erklärt Bäuerlen. 234,6 Millionen US-Dollar (etwa 185 Millionen Euro) umfasste der Vertrag, den die bolivianische Regierung 2012 mit Doppelmayr geschlossen hat. Morales, der erste Präsident Lateinamerikas, der zu einer ursprünglichen Bevölkerungsgruppe gehört, hat sich auch persönlich stets über die Fortschritte beim Bau der Seilbahn informiert. „Wir haben immer gesagt, dass wir eigentlich zwei Kunden haben: Einmal die Betreibergesellschaft, der eigentliche Auftraggeber, und eben Evo Morales“, sagt Bäuerlen.

Die ersten drei Linien des Projekts sind nun weitgehend fertig. Angesichts der hohen Fahrgastzahlen soll das Seilbahnnetz aber noch ausgebaut werden. „Es gibt Bestrebungen, dass Netzwerk noch um weitere Linien zu ergänzen“, sagt Bäuerlen. Er ist zuversichtlich. Denn die ersten Fahrgastzahlen zeigten, dass sich das Projekt auch für die Betreiber wirtschaftlich lohnen wird.

Für den Göttinger wäre es kein Problem, noch ein bisschen länger in La Paz zu bleiben. Der Niedersachse fühlt sich wohl im Hochgebirge. „Es ist eine spannende, lebens- und liebenswerte Stadt. Und ein klein bisschen stolz, dass ich an diesem Projekt mitarbeiten durfte, bin ich auch.“