Kati (Jessica Schwarz, links) liebt die Lebensfreude von Frau Baronski (Judy Winter) – zwei der vielen guten Darsteller in dem ARD-Film. Foto: ARD/Christoph Assmann

„Auf der anderen Seite ist das Gras viel grüner“ ist eine äußerst unterhaltsame Beziehungskomödie und ein sehr ungewöhnlicher Film für Pepe Danquart. Die ARD zeigt ihn am Montagabend.

Stuttgart - Die Titel sprechen für sich. „Männer und andere Katastrophen“, „Die Braut sagt leider nein“, „Gegensätze ziehen sich aus“, „Ehebrecher und andere Unschuldslämmer“: Kerstin Gier schreibt Unterhaltungsliteratur für Frauen. Weil ihre Bücher (erschienen bei Bastei Lübbe) handlungsreich und kurzweilig sind, eignen sie sich besonders gut für Verfilmungen; das ZDF hat für seinen „Herzkino“ genannten Frauenfilmsendeplatz am Sonntagabend schon mehrere Romane adaptiert.

„Auf der anderen Seite ist das Gras viel grüner“ erzählt gleichfalls eine filmreife Geschichte: Durch ein Wunder bekommt Kati die Chance, die vergangenen fünf Jahre noch mal zu erleben. Nach einem Unfall erwacht sie just an jenem Tag, als sie ihren Mann Felix das erste Mal getroffen hat. Die Ehe ist dabei, an den Mühen des Alltags zu scheitern. Felix ist mittlerweile Oberarzt; Kati fühlt sich vernachlässigt und hat sich in den Künstler Mathias verliebt. Anstatt all das noch mal zu erleben, beschließt sie, sich den Eheumweg zu ersparen und Mathias direkt kennenzulernen; aber so leicht lässt sich das Schicksal nicht austricksen.

Der Regisseur hat schon viele Preise gewonnen

Die Handlung ist der perfekte Komödienstoff; umso erstaunlicher, dass es so lange bis zur Adaption gedauert hat. Die größere Überraschung aber ist der Name des Regisseurs: Pepe Danquart hat vom Oscar für einen Kurzfilm bis zum Deutschen Filmpreis lauter ehrenvolle Auszeichnungen erhalten; sein letztes Werk war das meisterliche Weltkriegsdrama „Lauf Junge lauf“. Der Filmemacher hat sich zwar schon einmal an einer Komödie versucht („Basta – Rotwein oder Totsein“), aber gerade gemessen an seinen herausragenden dokumentarischen Arbeiten – vom Tour-de-France-Drama „Höllentour“ über den Kletterfilm „Am Limit“ bis zum Porträt „Joschka und Herr Fischer“ – wirkt „Auf der anderen Seite . . .“, als habe er mal was völlig anderes machen wollen. Das ist ihm in jeder Hinsicht gelungen: Das unter anderem von Danquart selbst bearbeitete Drehbuch von Steffen Barth strotzt nur so von überraschenden Handlungswendungen.

Mindestens genauso viel Spaß wie die vielen komischen Momente und die frechen Dialoge machen die Schauspieler. Die Hauptdarstellerin Jessica Schwarz absolviert auch den für sie ungewohnten Slapstick mit Bravour. Felix Klare (als Felix) und Christoph Letkowski (als Mathias) sind gleichfalls eine ausgezeichnete Wahl für die Rollen der zwei Männer, zwischen denen Kati hin und hergerissen ist. Eines Kinofilms würdig ist auch die weitere Besetzung, allen voran Milan Peschel, der als reichlich extravaganter gemeinsamer Freund der beiden Liebeskandidaten die Gelegenheit nutzt, um seiner Sammlung an kauzig-schrägen Figuren eine weitere hinzuzufügen.

Charme dank Einfallsreichtum

Ihren Charme verdankt die Beziehungskomödie dennoch in erster Linie dem Einfallsreichtum des insgesamt vierköpfigen Autorenensembles. Bei der Umsetzung hat Danquart genau die richtige Mischung aus Missgeschickmomenten und viel Gefühl gefunden. Schon allein Katis unkonventionelle Parkmethoden sind immer wieder Anlass für Heiterkeit. So lernt sie im Prolog nach einer Blinddarmoperation auch Felix kennen, als sie mit ihrem Auto ein Fahrraddomino auslöst. Der Film beginnt also mit einem Happy End. Die Zeit des anschließenden gemeinsamen Glücks wird noch vor dem Vorspann in flotter Zeichentrickform zusammengefasst; als die eigentliche Handlung beginnt, ist die Ehe längst in die Jahre gekommen.

Für Emotionen sorgen jedoch nicht nur die alte und die neue Liebe, sondern auch die Nebenfiguren, die Kati bei ihrer Bonusrunde vor schlimmen Fehlern bewahren will; allen voran die altersweise Krankenhausbettnachbarin Frau Baronski (Judy Winter), die einen unsinnigen Tod stirbt. Sie ist es auch, der Kati jene Erkenntnis verdankt, die Buch und Film den Titel geben: Auf der anderen Seite mag das Gras viel grüner sein, aber letztlich ist es ist auch nur Gras; und das, wonach man sich sehnt, ist nicht immer das, was man braucht.