Auf die Spezialisten der Bundesstelle für Fluguntersuchung wartet viel Arbeit. Das Segelflugzeug ist bei dem Absturz in seine Einzelteile zerlegt worden. Foto: 7aktuell.de/ Gruber

An Erfahrung hat es dem am Sonntag bei Beuren im Kreis Esslingen tödlich verunglückten Segelflieger nicht gemangelt. Angaben der Polizei zufolge hatte der 62-Jährige eine Lizenz als Fluglehrer.

Kirchheim/Beuren - Der Absturz eines Segelflugzeuges in einen Wald nahe Beuren gibt nach wie vor Rätsel auf. Der 62 Jahre alte Pilot, der den Absturz nicht überlebt hat, war Angaben der Polizei zufolge ein sehr erfahrener Segelflieger. „Er hatte sogar die Befähigung zum Fluglehrer“, bestätigte ein Sprecher der Polizei.

Am Tag nach dem Absturz haben Ermittler der Kriminalpolizei und Experten der Braunschweiger Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung (BFU) mit der Spurensuche an der Absturzstelle begonnen. Der Pilot war am Sonntagnachmittag gegen 15 Uhr vom Kirchheimer Segelflugplatz Hahnweide aus gestartet. Kurz nachdem er sich von seinem Schleppflugzeug ausgeklinkt hatte, verlor sein Fluggerät an Höhe und schlug auf dem Gelände des ehemaligen Munitionsdepots im Tiefenbachtal zwischen Nürtingen und Beuren auf.

Polizei wiederholt Zeugenaufruf

Obwohl das Tiefenbachtal als beliebtes Naherholungsziel für Spaziergänger, Wanderer, Radfahrer und Reiter gilt, ist der Zeugenaufruf der Polizei bisher ungehört verhallt. „Wir bitten Zeugen des Absturzes noch einmal, sich mit uns unter der Telefonnummer 07 11/39 90-0 in Verbindung zu setzen“, wiederholt Christian Wörner, der Pressesprecher des ermittelnden Polizeipräsidiums Reutlingen, den Zeugenaufruf.

Der 62 Jahre alte Pilot, der Angaben der Polizei zufolge aus einer kleinen Gemeinde aus dem Raum Kirchheim stammt, ist in diesem Jahr schon der zweite Segelflieger, der nach einem Start an der Hahnweide nicht mehr zurückgekehrt ist. Am 24. März, ebenfalls einem Sonntag, war ein 66 Jahre alter Pilot während des Startvorgangs ums Leben gekommen. Das Segelflugzeug des ebenfalls als sehr erfahren geltenden Fliegers war beim Windenstart steil in die Höhe geschossen, über die rechte Tragfläche abgekippt und zu Boden gestürzt. Für den Mann kam damals jede Hilfe zu spät.

Kunstflieger in den Tod gestürzt

Ebenfalls nur noch tot geborgen werden konnte am 27. Mai des vergangenen Jahres der Pilot eines Leichtflugzeugs, das bei der Rückkehr zum Flugplatz Hahnweide nach einem lokalen Rundflug im Sinkflug mit einem Berg kollidierte.

Großes Aufsehen vor allem in der Fliegerszene hatte der Absturz einer Kunstflugmaschine Extra 300 L am 30. April 2012 erregt. Als Co-Pilot war dabei der Kirchheimer Unternehmer und erfolgreiche Kunstflieger, Klaus Lenhart, unter mysteriösen Umständen ums Leben gekommen. In ihren im März 2017, knapp fünf Jahr nach Unglück veröffentlichten Abschlussbericht kommt die BFU zu dem Schluss, dass die Aussagen des überlebenden 24 Jahre alten Piloten, der die in ein Waldstück gestürzte Maschine geflogen hatte, nicht stimmen können. Wörtlich heißt es: „Das Ermittlungsergebnis der BFU zum Unfallhergang auf der Grundlage der Befunde an dem Wrack der Extra 300 L und an der Unfallstelle stimmt in wesentlichen Teilen nicht mit den Darstellungen des verantwortlichen Luftfahrzeugführers überein. Der Evakuierungsversuch vom hinteren Sitz aus, wie er vom verantwortlichen Piloten beschrieben wurde, war bei einer Simulation mit Probanden in einer Extra 300 L nicht reproduzierbar.“

Die Tatsache, dass der Lenharts Leichnam komplett außerhalb des Cockpitbereiches aufgefunden wurde, ließ nach Auffassung der BFU nur den Schluss zu, dass die Person aus eigener Kraft das Luftfahrzeug verlassen haben muss. Der Pilot hatte dagegen angegeben, vergebens versucht zu haben den bewusstlosen Lenhart aus dem Sitz zu zerren, bevor es ich selbst vor den Flammen in Sicherheit bringen musste.

Die Mühlen der BFU mahlen langsam, aber gründlich

Die Mühlen des Gerichts haben damals schneller gemahlen, als die Experten der Bundesstelle untersucht haben. Im Jahr 2014, drei Jahre vor der Veröffentlichung des BFU-Berichts, stellte das Gericht das Verfahren gegen den verantwortlichen Piloten wegen fahrlässiger Tötung gegen Zahlung einer Geldbuße ein. Der sei zwar nicht gänzlich frei von Schuld, mit der Geldbuße sei das Interesse der Strafverfolgung allerdings abgegolten, befanden die Richter damals.

Die angesichts der tödlichen Unfälle sich aufdrängende Sicherheitsfrage entkräftet der Sprecher der BFU, Germout Freitag, mit dem Hinweis auf die Statistik. „Die Hahnweide ist für uns nicht auffälliger als jeder andere Segelflugplatz in Deutschland“, so der Experte. Seinen Worten zufolge untersucht die BFU jedes Jahr zwischen 250 und 300 Flugunfälle, wobei auch den Ursachen von Beinahe-Unfällen auf den Grund gegangen wird. Erfahrungsgemäß dauert es zwei Monate, bis ein erster Untersuchungsbericht veröffentlicht wird. Bis der abschließende Unfallbericht, in dem auf der Basis von Simulationen dann auch Aussagen über die konkrete Unfallursache gemacht werden, vorliegt, kann es, wie im Fall von Klaus Lenhart, mehrere Jahre dauern.