Der Seelsorger Raphael Schäfer sieht sich als Brückenbauer. Foto: Kratz

Raphael Schäfer ist seit zehn Jahren Seelsorger für Familien mit behinderten Kindern.

Stuttgart-Möhringen - Raphael Schäfer ist glücklich verheiratet und stolzer Papa dreier Kinder. Für ihn sind seine zwei Söhne und seine Tochter perfekt, auch wenn sie eine kleinen Beeinträchtigung haben: Ihre Sehkraft ist etwas eingeschränkt, da sie von Geburt an am grauen Star leiden. Wenige Tage nach dem die Kinder zur Welt kamen, haben Raphael Schäfer und seine Frau davon erfahren. Der 46-Jährige weiß daher, wie es ist, wenn man stundenlang auf einem langen Flur im Krankenhaus sitzt und auf die Diagnose der Ärzte wartet.

Für Schäfer war das ein Ansatzpunkt, etwas für die bessere Integration behinderter Kinder in unserer Gesellschaft zu tun. Ein wichtiges Element dabei ist für ihn die Kirchengemeinde vor Ort. Darum wurde Schäfer vor zehn Jahren Seelsorger für Familien mit behinderten Kindern. Sein Büro hat er in den Räumen des katholischen Gemeindezentrums St. Ulrich am Delpweg auf dem Fasanenhof. Doch eigentlich ist er nur selten dort. Der 46-Jährige geht lieber raus zu den Menschen, die seine Hilfe brauchen.

Raphael Schäfer sieht sich als Brückenbauer. Er möchte, dass es in der Gemeinde mehr Begegnungen von behinderten und nicht behinderten Kindern gibt – dass beispielsweise Gottesdienste Erstkommunion, Kommunion und Firmung gemeinsam gefeiert werden. Hierfür erarbeitet er Konzepte, die er dann den Mitgliedern in den verschiedenen Gemeinden, die das Thema Inklusion voranbringen wollen, an die Hand gibt. Doch einen Königsweg gebe es freilich nicht. „Jeder Mensch ist anders, jeder ist ein Unikat“, sagt Schäfer. Das Wichtigste sei, dass das behinderte Kind positive Erfahrungen macht – auch und gerade in der Kirche. Darüber hinaus knüpft Raphael Schäfer Kontakt zwischen den Familien und den verschiedenen Stellen, bei denen sie Hilfe finden können.

Er hat sich sehr bewusst für diesen Job entschieden

Die meisten der behinderten Kinder, die Schäfer betreut, hat er im Religionsunterricht kennengelernt. Der 46-Jährige unterrichtet an der Schule für Körperbehinderte. Darüber hinaus bekommt er aber auch immer wieder mal spontane Anrufe oder Mails. Die Kontaktdaten stehen unter anderem im Internet und auf dem kleinen Schild am Eingang zum Pfarrbüro St. Ulrich auf dem Fasanenhof.

Obwohl er in seinem Beruf immer wieder belastende Erfahrungen macht, liebt Schäfer seinen Job. „Es ist ein wunderbarer Arbeitsbereich. Die Kinder bringen einem so viel Herzlichkeit und Achtsamkeit entgegen“, sagt er. Beim Religionsunterricht seien die Schüler voll dabei – oft geradezu begeistert. „Für die Jüngeren ist der Glaube etwas, das eine angenehme Atmosphäre schafft. Sie spüren, dass es ihnen gut tut, auch wenn sie nicht genau wissen, was sie da eigentlich tun“, sagt der katholische Seelsorger.

Er hingegen weiß genau, was er tut. Er hat sich sehr bewusst für diesen Job entschieden. Ursprünglich war der 46-Jährige Krankenpfleger. Doch als er 30 war, wollte er noch mal etwas Neues versuchen. Also studierte er Religionspädagogik an der Fachhochschule Freiburg. Sein Ziel war es, Krankenhaus-Seelsorger zu werden. „Doch das hat sich irgendwie nicht ergeben“, sagt Schäfer. Also war er sechs Jahre lang als Diakon tätig– bevor sich dann die Chance eröffnete, als Seelsorger für Familien mit behinderten Kindern bei der Diözese Rottenburg-Stuttgart angestellt zu werden.

Schäfer will ein Junior-Schüler-Mentoren-Programm aufbauen

Derzeit arbeitet Raphael Schäfer an zwei neuen Projekten. So schreibt er einen Leitfaden für Krabbelgottesdienste. Seine Idee: behinderte und nicht behindert Kinder sollen in der Kirche zusammenkommen. „Im Kleinkindalter sind die Inhalte noch so elementar, dass ich – wenn ich es etwas geschickt anstelle – auf behinderte Kinder nicht extra Rücksicht nehmen muss“, sagt Schäfer. Dafür sei es jedoch wichtig, dass es für die Mädchen und Jungen etwas für alle Sinne zu erleben gebe. Wie das geht, möchte Schäfer erklären. Den Rahmen dafür bietet ihm das Projekt „Kinder mit Behinderung: Mitten im Leben“ des Caritasverbands.

Zudem möchte Raphael Schäfer in Möhringen ein Junior-Schüler-Mentoren-Programm aufbauen: Siebtklässler sollen in einen 15 Stunden umfassenden Kurs mehr über das Miteinander von behinderten und nicht behinderten Menschen erfahren und anschließend überlegen, was sie selbst an ihrer Schule verbessern können, um das Thema Inklusion weiter voranzubringen.