Für die Entschlammung des Hochwasserrückhaltebeckens Segelbach ist der Einsatz eines Schwimmbaggers notwendig. Foto: Claudia /Barner

Das Segelbachbecken schützt Waldenbuch und das Aichtal bei Starkregen vor Überflutungen. Jetzt wird es für 1,5 Millionen Euro saniert. Der Schlammbagger birgt dabei auch Überraschendes.

Waldenbuch - Ein idyllisches Gewässer, umrahmt von Schilf und Bäumen – das Segelbachbecken zwischen Waldenbuch und Weil im Schönbuch zieht bei schönem Wetter die Spaziergänger an. Öffnet der Himmel aber seine Schleusen, wird der kleine See zum Schutzschild für die Menschen im Tal. Im Inneren des Dammes regeln elektronisch gesteuerte Schieber den Abfluss des Wassers, die sanft ansteigenden Ufer dienen als Überflutungsflächen. Auch beim Starkregen im Sommer 2021 hat das Hochwasserrückhaltebecken funktioniert. Damit das so bleibt, muss das 41 Jahre alte Bauwerk nun allerdings saniert werden.

Doch zuvor ist Großreinemachen angesagt: Seit Anfang März wühlt sich ein Saug-Schneidkopf-Bagger durch den zähen Untergrund und befördert das braune Schlamm-Wassergemisch zur Weiterbearbeitung auf den nebenliegenden Parkplatz. Detlef Klein, Experte für Gewässerunterhaltung aus dem Sauerland, hat den grün-weißen Helfer Anfang März auf der zum Tümpel geschrumpften Wasseroberfläche ausgesetzt. „Bis Ende April holen wir mit seiner Hilfe rund 7000 Kubikmeter Schlamm aus dem See“, erzählt der Profi und zeigt stolz auf den kleinen Kahn mit Kabine, der über einen 20 Zentimeter dicken Schlauch mit dem Ufer verbunden ist.

Grobstoffe ausgesiebt und gefiltert

Eine beeindruckende Installation – doch der Star auf dem See hat heute Pause. Über Nacht hat sich eine dünne Eisschicht auf dem Wasser gebildet. Die Maschinen bleiben aus. Beim Vor-Ort-Termin mit dem Böblinger Landrat Roland Bernhard ist deshalb vor allem Fantasie gefragt. Das macht aber nichts, denn auch ohne dröhnende Motoren und sprudelnde Fontänen wird deutlich, dass hier Großes geleistet wird.

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Das Aufgebot an technischem Gerät ist beeindruckend. Denn das Abgraben des Sediments ist nur der Anfang. An Land müssen Grobstoffe ausgesiebt und gefiltert werden, mit Zentrifugalkräften werden Stoffe getrennt, eine Kammerfilterpresse quetscht die überflüssige Feuchtigkeit aus dem Schlamm. Lars Steinle, Niederlassungsleiter von Geiger Umweltsanierung in Herrenberg, ist für die Untersuchung und Entsorgung des Aushubs verantwortlich. Nach einer Woche liegen die Ergebnisse der ersten Proben vor. „Wir erwarten niederbelastetes Material, das zum Beispiel in der Keramikindustrie eingesetzt werden kann, sowie leicht belasteten Schlamm der Deponieklasse 1“, sagt er.

Entschlammung des Sulzbachbeckens bei Steinenbronn

Je nach Entsorgungsaufwand variieren auch die Kosten. „1,5 Millionen Euro sind für die gesamte Sanierungsmaßnahme vorgesehen. 67 Prozent davon fördert das Land“, rechnet der Landrat Roland Bernhard vor. Die Entschlammung des Segelbachbeckens verfolgt er mit besonderem Interesse. Denn es ist das erste von drei Schutzbauwerken, die der Landkreis in den kommenden Jahren entschlammen und sanieren muss.

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Zu diesem Trio gehört auch das Sulzbachbecken bei Steinenbronn. Dort sollte der Schlamm zunächst in wasserdurchlässigen Textilschläuchen am Ufer getrocknet werden. Bewähren sich die Schleuder- und Press-Verfahren im Pilotversuch, will man auch dort umschwenken. „Bei den Schläuchen weiß man nicht, was später rauskommt“, begründet Jupp Jünger, Sachgebietsleiter Umwelttechnik im Landratsamt, die Kehrtwende.

Maschinenpistole in der Uferzone

Von Überraschungen beim Entwässern und Entschlammen kann auch Daniel Hartmann berichten. Er ist beim Wasserverband Aich für den Betrieb der Regenrückhaltebecken zuständig und verrät: „Wir finden auf dem Grund der Seen nicht nur Sedimente und Gesteine.“ Als im Segelbachbecken der Pegel sank, entdeckten seine Mitarbeiter in der Uferzone eine Maschinenpistole. „Die wurde natürlich der Polizei übergeben“, sagt er. Außerdem meldete sich ein Mann, der im matschigen Untergrund nach seinem Ehering suchen wollte, den er vor Jahren beim Feiern am See verloren hatte. Und tatsächlich: Der Metalldetektor konnte das verlorene Liebes-Symbol orten.

Weniger romantisch geht es indes bei der Sanierung des in die Jahre gekommenen Dammbauwerks zu. Die Schieber werden ausgetauscht, Betonschäden in den Schächten ausgebessert, und die Sperre für den Schlammeintrag soll höher werden. Am Zulauf zum See wird eine Vorsperre eingebaut, die künftig dafür sorgt, dass sich ein Großteil der mitgeführten Sedimente bereits vor dem Hauptbecken absetzt. Dann kann der Schlamm dort bei Bedarf alle fünf bis sieben Jahre ganz einfach ausgebaggert werden. Bis Detlef Klein und sein Saug-Schneidkopf-Bagger wieder angefordert werden müssen, können so leicht ein paar Jahrzehnte vergehen.