Während die Anliegergemeinden die neuerlichen Änderungen im Planfeststellungsbeschluss zum sechsspurigen Ausbau der A 8 begrüßen, sieht die Bürgerinitiative Drackis, benannt nach dem Drackensteiner Hang, darin eine verpasste Chance.
Mühlhausen - Wirklich wichtig ist doch, dass es möglichst bald losgeht.“ Bernd Schaefer, der Bürgermeister von Mühlhausen im Täle (Landkreis Göppingen), ist sich in diesem Punkt mit seinen Kollegen einig, die am Albtrauf unter der aktuellen Verkehrslast leiden. Fast an jedem Wochenende stauen sich die Autoschlangen durch die an der Autobahn liegenden Ortschaften, weil die A 8 am Albaufstieg und/oder am Albabstieg dicht ist. „Seit die A 8 sechsspurig bis an die Gemarkungsgrenze von Hohenstadt geführt worden ist, ist es noch schlimmer geworden“, sagt Schaefers Hohenstädter Kollege Günter Riebort. Und der Weilheimer Schultes Johannes Züfle fürchtet bereits jetzt die nächsten Wintereinbrüche: „Dann geht auf der A 8 nichts mehr, und der ganze Verkehr staut sich durch Weilheim. Leider ist absehbar, dass das noch fast zehn Jahre so sein wird.“
Immerhin gab es in dieser Woche positive Signale. Erfreut haben die Bürgermeister zur Kenntnis genommen, dass der baden-württembergische Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) nun offiziell den Baubeginn für den sechsspurigen Albaufstieg für das Jahr 2024 in Aussicht gestellt hat. Bis dahin sollen wichtige Vorarbeiten geleistet werden, unter anderem die Erneuerung verschiedener Brückenbauwerke im Bereich der Autobahnanschlussstelle Mühlhausen.
Die Finanzierungszusage ist wichtig
Noch viel wichtiger als der nun quasi offiziell angekündigte Baustart für das seit mehr als 50 Jahren diskutierte Projekt ist aus Sicht der Bürgermeister der Anliegergemeinden, dass der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, Steffen Bilger, öffentlich die Finanzierungszusage für das 600-Millionen-Euro-Projekt wiederholt hat. „Angesichts der finanziellen Auswirkungen, die die Corona-Pandemie mit sich bringt, ist das keine Selbstverständlichkeit, aber ein ganz wichtiges Signal“, sagt Drackensteins Ratschef Roland Lang: „Denn so wie bisher kann es wirklich nicht mehr weitergehen.“ Allerdings: Noch müssen sich die Menschen am Albtrauf gedulden. Denn bevor die voraussichtlich fünf Jahre dauernden Bauarbeiten am eigentlichen Großprojekt beginnen, muss zunächst der in etlichen Punkten geänderte Planfeststellungsbeschluss noch einmal öffentlich ausgelegt werden. An Pfingsten soll es so weit sein.
Manche Maßnahme sei „reine Augenwischerei“
Dann droht einmal mehr Ungemach. Denn die Bürgerinitiative A 8 – Drackensteiner Hang (Drackis) lehnt trotz der Änderungen die vom Land bevorzugte Trasse mit zwei Tunneln und zwei Brücken über das Gosbachtal und die Fils nach wie vor grundsätzlich ab: „Hier ist wieder die Chance verpasst worden, auf die seit 30 Jahren präferierte umweltschädlichste Variante zu verzichten und sich für eine umweltfreundlichere reine Tunnellösung zu entscheiden“, sagt Edgar Kastner, der Zweite Vorsitzende der Drackis.
Zwar sei es erfreulich, dass auf der Albabstiegstrasse der bisherigen A 8 eine Landesradstraße entstehen soll. Darauf hätten die Verantwortlichen Kastners Meinung nach aber auch alleine kommen können. Zudem sei der Plan, dass der Drackensteiner Tunnel nun von der Albhochfläche und nicht aus dem Gosbachtal gebaut werden solle, „reine Augenwischerei“. Kastner: „Wer das Tal kennt, weiß, dass eine solch große Baumaßnahme von dort gar nicht möglich gewesen wäre. Das nun als Entgegenkommen zu verkaufen ist eine reine Farce.“ Deshalb werde man im kommenden Jahr sehr sorgfältig prüfen, ob man gerichtlich gegen das Projekt vorgehen werde.
„Viele Dinge sind berücksichtigt worden“
Dieser Kritik kann sich Herbert Juhn, der Bürgermeister der von den geplanten Baumaßnahmen am stärksten betroffenen Gemeinde Bad Ditzenbach, nicht in dieser Form anschließen. „Jetzt sind doch viele Dinge, die wir im bisherigen Prozess vorgetragen haben, berücksichtigt worden“, sagt er. Erfreulich sei unter anderem, dass das neue Gewerbegebiet radtechnisch angebunden und ein neuer Hochbehälter errichtet werde, von dem auch der Ortsteil Gosbach profitieren soll.
Positiv sei auch, dass die geplante Brücke über das Gosbachtal nun deutlich filigraner und landschaftsschonender gebaut werden solle als ursprünglich geplant. Juhn: „Ich bin da positiv überrascht.“ Zwar wäre auch aus seiner Sicht gar keine Brücke noch besser. Juhn: „Aber es handelt sich nun einmal um einen jahrzehntelangen Prozess, der die nun favorisierte Lösung als Ergebnis hat.“
Begeisterung für den Radweg
Nicht Teil dieses Projekts wird zunächst der Bau eines Vollanschlusses im Bereich der Gemeinde Hohenstadt sein. Allerdings haben die Planer signalisiert, dass sie den Wunsch in den kommenden Jahre noch einmal genau prüfen werden.
Auf uneingeschränkte Zustimmung stößt bei allen Beteiligten der geplante Radweg von der Albhochfläche über die alte Albabstiegstrasse nach Mühlhausen. Gudrun Zühlke, die Landesvorsitzende des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs, findet die Idee „schlicht klasse“. Die geplante Verbindung, die einen direkten Anschluss von Stuttgart hinauf auf die Alb ermögliche, sei unter touristischen Gesichtspunkten „etwas ganz Besonderes“. Es sei schön, dass alle bereit seien, die vorhandene Trasse neu zu nutzen. Zühlke: „So etwas ließe sich in der heutigen Zeit niemals als Neubau realisieren.“