Der parteilose Werbeprofi Sebastian Turner will Oberbürgermeister von Stuttgart werden. Foto: Piechowski

Der parteilose Sebastian Turner will OB-Kandidat der CDU werden – Kritik an „gespaltenen“ Grünen.

Stuttgart - Sebastian Turner muss erst die CDU überzeugen, damit er für die OB-Wahl nominiert wird. Beim Bürger rechnet sich der Ex-Unternehmer gute Chancen aus – auch ohne Kommunalerfahrung.

Herr Turner, Sie wollen der nächste Stuttgarter Oberbürgermeister werden. Weshalb?
Die Aufgabe ist reizvoll, die Ausgangslage ideal, und die Gelegenheit kommt nicht wieder.

Sie leben seit langem in Berlin. Was wissen Sie von Stuttgart?
Jeden Tag mehr. Ich lege Termin an Termin und lerne dadurch die Stadt, in der ich fast zwei Jahrzehnte gelebt habe, noch einmal ganz neu kennen. Gestern habe ich erfahren, wie viele Stuttgarter einen russischen Migrationshintergrund haben. Raten Sie mal.

Üblicherweise stellt der Journalist die Fragen, aber bitte schön: Ich schätze, dass es über 20.000 Menschen sind.
Sie liegen gut dazwischen. In der Statistik stehen knapp 10.000, nach Zählung der Interessenvertreter sollen es 60.000 Menschen sein, das wäre jeder zehnte Stuttgarter. Und diese Menschen haben ihre ganz eigenen, spezifischen Probleme. Das ist nur eine von den sehr vielen Aufgaben, mit der ich mich als OB auseinandersetzen würde.

Warum sollten Sie – Ihrer Meinung nach – von den Bürgern am 7. Oktober gewählt werden?
Ich will Stuttgart einen und entfalten. Mich begeistern die vielen guten Ideen in der Stadt; denen will ich zum Durchbruch verhelfen. Dadurch kann in Stuttgart ein neuer Geist des Miteinanders entstehen.

Welchen Chancen sehen Sie für sich bei der Wahl? Gegen Fritz Kuhn von den Grünen und gegen die noch nicht benannten Kandidaten von SPD oder FDP?
Wenn ein Kandidat der CDU alle Teile der CDU-Wählerschaft erreicht und sogar alle Anhänger von Freien Wählern und FDP, reicht es dennoch nicht. Es müssen auch bürgerliche Sozialdemokraten und ein Teil der politikverdrossenen Nichtwähler erreicht werden. Und damit es wirklich reicht, wäre es gut, wenn die Wissenschafts-, Kultur- und Kreativszene den Kandidaten interessant findet. Mit diesem Anforderungsprofil hat mich die CDU angesprochen.

Die Rechnung geht auf, aber alle Faktoren zusammenzubringen wird nicht einfach sein. Die FDP zum Beispiel hat bisher reserviert auf Ihre Absicht zur Kandidatur reagiert.
Das finde ich normal, wenn man sich noch nicht persönlich kennengelernt hat. Ich freue mich auf das Gespräch mit der FDP.

Wie stark schätzen Sie Fritz Kuhn ein?
Ich würde ihn gerne kennenlernen, ich will aber nicht mit ihm tauschen. Bei S 21 kann er sich aussuchen, ob er von den Park-Fundis mit Schuhen beworfen werden will oder die Bahn-Realos nicht zur Wahl gehen.

Kuhn könnte auch jenseits von Grünen und SPD im eher konservativen Lager wählbar sein.
Aber nur, wenn diese Wähler sagen: Die Grünen haben uns explodierende S-21-Kosten und unendlichen Baustellenlärm versprochen, deshalb wähle ich sie, denn niemand außer den Grünen kann das wirklich garantieren. Für jeden Kretschmann bekommt man da zwei Hermanns, die mit dem ganzen Behördenwerkzeugkasten das Projekt entgleisen lassen wollen. Damit treibt man aber nicht nur Kosten und Baubelastung, sondern auch die Haftungsrisiken der öffentlichen Hand. Um den Bau zu verzögern, will die Landesregierung sogar anerkannte Regierungspräsidenten auswechseln. Auch der bravste grüne Stuttgarter OB wird nicht verhindern können, dass seine Partei entscheidende Stellen mit Projektverhinderern besetzt. Er kann seine Parteifreundin Clarissa Seitz ja als Vorstand des Aktionsbündnisses nicht in ein Baumhaus verbannen.

Sie sehen die Grünen gespalten?
Ja.

Haben Sie das gemeint mit der eingangs erwähnten „idealen Ausgangslage“?
Nein. Damit meinte ich die gute Arbeit der Verwaltung und von OB Wolfgang Schuster. Stuttgart ist nicht nur in der Wirtschaft, sondern auch in der Verwaltung spitze, denken Sie an die gute Bilanz bei Integration, Bildung oder Kriminalitätsbekämpfung. Allein die Bürgermeister, die heute im Amt sind, haben zusammen über 100 Jahre kommunalpolitische Erfahrung. Wenn zu diesem Know-how 2013 durch den neuen OB ein paar Jahrzehnte Unternehmertum und Kreativität hinzukommen – wer will dann eigentlich diese Stadt noch bremsen?

Damit es so weit kommt, müssen Sie aber den 17. März überstehen.
Das stimmt.

Ist dieser Tag, an dem die CDU-Mitglieder ihren OB-Kandidaten wählen, für Sie als Nichtmitglied eine höhere Hürde als die OB-Wahl?
Beide Hürden sind hoch, aber nicht unbezwingbar. Die CDU-Mitglieder werden denjenigen wählen, der das Rathaus verteidigt. Ein grüner OB würde die grüne Hegemonie im Land zementieren. Um das zu verhindern, haben die CDU-Strategen ein Kandidatenprofil entwickelt, das ihnen am ehesten Siegchancen verspricht. Damit haben sie mich überzeugt, und damit müssten sie sich auch selbst überzeugen können.