Einmal Forschung mit Vergnügen, bitte. Am Freitag ist im Landesmuseum der Science-Slam zu sehen. Foto: red

Beim Science-Slam wird Forschung zur Unterhaltung: „Die Teilnehmer müssen es schaffen, verständlich und faszinierend zu sein.“

S-Mitte - Poetry Slams haben Lyrik und Poesie in den vergangenen Jahren in Deutschland wieder salonfähig gemacht. Die Teilnehmer dieser Dichterwettstreite treten nacheinander mit kurzen Texten auf die Bühne, das nach anspruchsvoller Unterhaltung lechzende Publikum konsumiert, bewertet und kürt am Ende einen Sieger. Dieses Prinzip hat auch die Hochschulwelt für sich entdeckt. Wissenschaft müsse nicht zwingend dröge sein, sagen die Veranstalter von Science Slams. Belegen wollen sie das am Freitag in historischer Kulisse in Stuttgart: dem Landesmuseum im Alten Schloss.

Es ist ein sehr breit gefächertes Feld an Forschern und Akademikern, das dann zusammenkommen wird. Da spricht zum Beispiel ein Paläontologe aus Basel über die Veränderung von Dinosaurierleichen im Laufe der Zeit, ein Bielefelder Physiker will schwarze Löcher sichtbar machen und ein Philosoph aus Halle präsentiert eine „neue Theorie zum aufrechten Gang“.

Für das Publikum soll das informativ und unterhaltsam sein, gut ausbalanciert zwischen Wissensvermittlung und Show, für die Referenten die Möglichkeit, ihre Forschungsthemen einer breiten Masse vorzustellen, statt einer Kommission voller Experten – und ein gutes Training. Die Unbefangenheit ihrer Zuhörer wird zur Herausforderung. „Die Teilnehmer müssen es innerhalb von zehn Minuten schaffen, verständlich und faszinierend zu sein“, sagt Timm Lindstedt.

„Wir wollen mit Klischees brechen“

Der 21-jährige Student der Architektur und Stadtplanung an der Uni Stuttgart ist der Hauptorganisator der Veranstaltung und Aktiver im 1870 gegründeten Akademischen Verein Hütte, von deren Studienstiftung er gefördert wird. Als einer von zehn Studenten verschiedener Hochschulen und Fachrichtungen lebt Lindstedt im Hütte-Haus in der Eduard-Pfeiffer-Straße, wo der Science Slam vor drei Jahren seinen Ursprung fand. Was als interner Zirkel im eigenen Wohnzimmer mit zwei Dutzend Zuhörern begann, wuchs rasch und fand im Juni 2012 seinen vorläufigen Höhepunkt, als die Uni Stuttgart den Slam ins Programm des Tags der Wissenschaft aufnahm und ganze Hörsäle damit füllte.

Im Landesmuseum hat der Verein nun einen neuen Kooperationspartner gefunden. Lindstedt freut sich auf die „tolle Atmosphäre“ im Alten Schloss, einst Austragungsort von Ritter- statt Rededuellen. Das Museum setzt auf Synergieeffekte. Die Veranstaltungsmanagerin Silke Röttgers wurde durch Zeitungsartikel auf das Konzept aufmerksam. „Mich hat der Ansatz begeistert, mit modernen Mitteln Wissenschaft interessanter zu machen“, sagt sie und hofft, dass vor Ort ein Funke auf das überwiegend junge Publikum überspringt. Just in der studentischen Altersgruppe muss das Haus um jeden Gast ringen, die kulturhistorische Ausrichtung des Landesmuseums sei eben nicht übermäßig gefragt.

Die Besucher des Science Slams können sich eine Stunde vor Beginn der Veranstaltung einen Eindruck von der aktuellen Schausammlung „Legendäre Meisterwerke“ machen und sollen nach Röttgers Wunsch Vorurteile gegenüber dem Museum abbauen. Das ist ganz im Sinne von Timm Lindstedt. „Wir wollen mit Klischees brechen“, sagt der Organisator – etwa dem, dass Physiker in der Regel wandelnde Schlaftabletten seien. Für die musikalische Untermalung der sechs Beiträge, darunter einer des am Landesmuseum tätigen Musikwissenschaftlers Anselm Hartinger, sorgt die Jazzkombo Retro-Brüder.