Der Blick zur Anzeigetafel: jawohl, im Sprintrennen hat Marvin Dahler sogar den ersten Platz belegt. Foto: dpa/Andreas Gora

Der für den VfL Sindelfingen startende Sielminger Marvin Dahler trumpft bei den deutschen Meisterschaften auf. Vorausgegangen sind zwei persönliche Ärgernisse.

Sielmingen/Berlin - In den vergangenen Wochen hatte sich bei Marvin Dahler eine spannende Gemengelage an Emotionen angesammelt: Zunächst waren Wut und Frust die vorherrschenden Gefühle, als klar war, dass die beiden herausragenden internationalen Schwimmereignisse in diesem Jahr ohne den 20-jährigen Sielminger über die Bühne gehen würden: Für die Europameisterschaften im Mai in Budapest hatte der Rückenspezialist, der seit zwei Jahren für den VfL Sindelfingen startet, die notwendigen Normzeiten verpasst. Und für die Olympischen Spiele in Tokio hatte Dahler im Gegensatz zu seinen Konkurrenten gar nicht erst eine Chance erhalten, die Qualifikationskriterien zu erfüllen. Während die anderen nationalen Spitzenathleten in Heidelberg, Magdeburg, Eindhoven und Stockholm unterwegs waren, fiel sein Wettkampf in Dortmund der Corona-Pandemie zum Opfer.

Aus Unmut wird Motivation

Aus dem Unmut entwickelte der ehemalige Schüler des Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasiums zuletzt dann aber mehr und mehr Motivation, sein Können wenigstens bei den deutschen Meisterschaften zeigen zu wollen. Und so ist es nun von Donnerstag bis Samstag eindrucksvoll geschehen. Aus Berlin kehrt Dahler mit einem kompletten Medaillensatz heim. Gold, Silber und Bronze. Der Youngster hat groß aufgetrumpft.

Über 200 Meter Rücken wurde es zum Auftakt in 2:02,50 Minuten der dritte Platz, nachdem Dahler nach drei Vierteln der Strecke noch in Führung gelegen war, auf den letzten Metern aber von Timo Sorgius (Leipzig) und Cornelius Jahn (Ahrensburg) überholt wurde. Ein ähnliches Bild gab es über die 100-Meter-Distanz: Auch da lag der Sielminger, der die fünftbeste Meldezeit mit ins Europaforum gebracht hatte, zur Hälfte vorn. Diesmal war es der für die Olympischen Spiele qualifizierte Potsdamer Christian Diener, der nach einem spannenden Schlussspurt eine Zehntelsekunde eher anschlug und Dahler auf Rang zwei verwies. „Ich bin aus meiner Sicht ein fast perfektes Rennen geschwommen. Dass er am Ende die Finger ein bisschen vorne hat, ist unglücklich, aber ich freue mich trotzdem über Silber und einen neuen württembergischen Rekord“, sagt Dahler.

Goldene Krönung im Sprint

Die goldene Krönung und zugleich seinen ersten nationalen Titelgewinn im Erwachsenenbereich schaffte der mehrfache deutsche Jugendmeister von den Fildern schließlich im 50-Meter-Rückensprint. Nach der besten Vorlaufzeit ließ Dahler auch im Endlauf nichts anbrennen. Seine 25,48 Sekunden bedeuteten den Sieg. „Dreimal auf dem Treppchen zu stehen, das ist unglaublich. Ich bin überglücklich. Eigentlich wollte ich nur zeigen, dass ich richtig gut in Form war und bin“, sagt Dahler.

Umso erstaunlicher sind seine aktuellen Leistungen, weil er sich im Gegensatz zur Konkurrenz in den vergangenen Monaten nicht komplett aufs Schwimmen konzentrieren konnte. Der Mann, der einst beim TSV Bernhausen seine Karriere begonnen hat, musste in seiner Ausbildung zum Polizeikommissar täglich acht Stunden lang Streifendienst auf dem Revier in Filderstadt schieben. Sein Trainingsprogramm mit neun Einheiten pro Woche in Sindelfingen absolvierte er nebenher.