Der Neckar-Badeplatz des Ludwigsburger Schwimmvereins um das Jahr 1914. Foto: Stadtarchiv Ludwigsburg

Flussplanschen, Molkekuren, Wannenbäder: Die Bädergeschichte der Stadt Ludwigsburg – die zunächst neidisch auf Hoheneck und Neckarweihingen mit ihren sonnenverwöhnten Neckarufern schielte – ist eine wahre Wasser-Wundertüte.

Ludwigsburg - So viel Fluss-, Bach- und Seebaden wie im Jahr 2020 war in Ludwigsburg und der Region lange nicht – auch wenn das eine oder andere Freibad unter Hygieneauflagen im Sommer dann doch noch geöffnet wurde. Dass die Ludwigsburger allerdings schon lange begeisterte Wasserratten sind – und die sonnigen Neckarlagen der damals eigenständigen Gemeinden Hoheneck und Neckarweihingen manchen Zoff mit den Bewohnern der Residenzstadt auslösten, die nur einen schattigen Neckarabschnitt ihr eigen nannten – , zeigt ein unterhaltsamer Beitrag über die Historie des Badens in der Stadt. Günther Bergan, ehrenamtlicher Mitarbeiter im Ludwigsburger Stadtarchiv, hat sich für die jüngste Ausgabe der Ludwigsburger Geschichtsblätter auf Spurensuche zu Badeplätzen, Wannenbädern, Badeanstalten, Heilwässern und Sportskanonen in Badehosen begeben.

 

Mit freizügigem Auf-der-Wiese-Sonnen und Wellen-Durchpflügen war allerdings noch nichts drin in den Zeiten, aus denen Bergan erste schriftliche Quellen zur Ludwigsburger Flussbadekultur fand, Vor allem nicht für die „Frauenzimmer“: Sie konnten zunächst – vor den Blicken der Allgemeinheit verborgen und trotzdem bekleidet – nur in zu mietenden Badehäuschen planschen, die in den Neckar eingelassen worden waren. „Von Frauenzimmern aufgemuntert / hab ich die Häuschen abgesondert / dass jedes sich bequem fortan / ganz ohnbeschlichen baden kann“, reimte 1823 Philipp Heuss, der Brückenhaus-Wirt, der Wiesen am Neckarufer als Badeplatz gepachtet hatte und Badehäuschen vermietete.

Immer schön schicklich

Vor 200 Jahren muss bei schönem Wetter ordentlich etwas los gewesen sein an und im Neckar: Im Sommer 1819 sah sich die Kreisregierung zu der Ansage genötigt, das Baden in der Nähe der Neckarbrücke und das Herumlaufen entkleideter Personen auf der Brücke sei „wegen Unsittlichkeit verboten“. Ein Gendarm wurde zwecks Überwachung an Ort und Stelle beordert. Ein Streit, der sich über Jahre zog, entbrannte über die Frage, ob sich Ludwigsburg – von dort pilgerten mengenweise Badefetischisten an die sonnige Neckarweihinger Seite des Flusses – an der Finanzierung eines Arztes beteiligen solle, der den Neckar wegen der vielen Badeunfälle überwachte. Der Ludwigsburger Gemeinderat war der Ansicht, das sei „Lokalsache“ von Hoheneck und Neckarweihingen. Nicht einmal einen anteiligen Beitrag für einen Militär-Unterarzt wollte Ludwigsburg zunächst berappen.

Währenddessen florierte der Handel rund ums erfrischende Nass: Um 17 Uhr fuhr regelmäßig eine Kutsche vom „Waldhorn“ zum Neckarstrand, Händler warben für angesagte Bademoden, und ein Heilbronner Kölnischwasser-Fabrikant pries im Wochenblatt ein parfümiertes Elixier zum Waschen nach dem Bad an.

Schwimmplätze für jeden Zweck

Ins Wasser gingen die Menschen – anfangs getrennt nach Männern, Frauen und Kindern – im Wandel der Zeiten an unterschiedlichen Stellen: So gab es diesseits und jenseits des Neckars unter anderem einen Garninsonsschwimmplatz, einen Badeplatz des Wassersportvereins, einen städtischen Badeplatz oder die Militärschwimmschule.

Im Jahr 1850 hatten die Neckarweihinger Wiesenbesitzer genug von zertrampeltem Gelände – viele Badegäste wollten den Eintritt als Entschädigung für Futterausfälle nicht bezahlen. Ludwigsburg legte 1851 auf eigener Gemarkung – die freilich auf der ungünstigeren, schattigeren und schlechter zugänglichen Neckar-Südseite lag – ein eigenes Freibad an, das 1910 wieder aufgelöst wurde. Zwei Jahre vorher hatte die Stadt ihr schickes neues, 325 000 Mark teure Stadtbad nach den Plänen der Stuttgarter Architekten Schmohl und Stähelin eröffnet. Im Neckar wurde sommers weiterhin fleißig geschwommen, etwa im 1914 gegründeten und 1920 nach Hochwasserschäden an neuer Stelle wiedereröffneten Bad des Schwimmvereins, aus dem später das städtische Freibad wurde, oder im Sommerbad des Wassersportvereins. Baden ging man in Ludwigsburg indes nicht nur aus sportlichen Gesichtspunkten: Auch auf der Wellness-Welle surfte mancher beizeiten mit – ein meist einträgliches Geschäftsmodell.

Biergenuss und Badefreuden

Keine Wanne und keine Wassererwärmungsmöglichkeit zuhause? Die Hofgürtlerswitwe Catharina Franke bot seit 1824 Wannenbäder nebst Erfrischungen an (16 Kreuzer für das Bad, drei Kreuzer Trinkgeld, zwei Kreuzer für ein Handtuch). Im Badgarten in der Mühlstraße – er war Kult in der Stadt – gab es Bier, Bäder, Nachmittags- und Nachtmusik. In der Badeanstalt im „Englischen Garten“ in der Asperger Straße ließen sich die Badegäste sich russische und türkische Dampfbäder oder Milch- und Molkekuren verabreichen. Und die Kommissärs-Witwe Bertha Senghas beförderte das Wasser für ihre private Badeanstalt in der Schillerstraße, das Charlottenbad, per Gasmotor aus dem hauseigenen Brunnen in ihre Wannen.

Gar kein Wasser pumpen musste der Naturheilverein für seinen Badeplatz zwischen Eugenstraße und Alt-Württemberg-Allee, ein um das Jahr 1900 noch ruhiges und beschauliches Fleckchen: Bei der Anlage des Vereins, der einem Leben im Einklang mit der Natur huldigte, handelte es sich um ein Luft- und Sonnenbad.