Die finanziellen Herausforderungen werden für Ludwigsburgs OB Matthias Knecht immer größer. Foto: Simon Granville

Die Sparziele der Stadt Ludwigsburg werden immer größer, die Maßnahmen dagegen können nicht Schritt halten. Wie kann die Stadt diesen Kampf gegen Windmühlen gewinnen?

15 Millionen Euro jährlich wollte die Stadt Ludwigsburg auf lange Sicht einsparen, um die Löcher im städtischen Haushalt in den Griff zu bekommen. Zwei Dinge haben sich in diesem Jahr gezeigt: Die bisherigen Sparmaßnahmen reichen dafür nicht aus. Und das angesetzte Ziel läuft den Maßnahmen davon. Die Stadt korrigiert ihr Sparziel deshalb auf 20 Millionen Euro nach oben – Tendenz steigend. Wird das Sparprogramm „Win LB“ zum Fass ohne Boden?

 

Wo liegt das Problem?

Aus Sicht von Matthias Knecht und anderen Bürgermeistern sind es vor allem strukturelle Mängel: Die Städte müssen für Aufgaben zahlen, die ihr von Bund und Land übertragen werden. Als Beispiele nennt Knecht die Kinderbetreuung, den schulischen Ganztag oder die Flüchtlingshilfe. Die Kosten dafür steigen und werden nicht entsprechend gegenfinanziert. Hinzu kommen für die Stadt etwa wachsende Personalkosten.

Was tut die Stadt Ludwigsburg dagegen?

Im vergangenen Jahr hat die Stadt ihr Sparprogramm „Win LB“ gestartet, durch das bisher drei Sparpakete in den Gemeinderat eingebracht wurden. Nach Angaben der Geschäftsstelle von Win LB wurden dadurch bisher 9,16 Millionen Euro eingespart. Zudem baut die Stadt Personal ab und strukturiert ihre Verwaltung rigoros um. Dadurch steige die bislang gesparte Summe sogar auf 11,74 Millionen Euro an.

Warum reicht das nicht?

Im Vergleich zu den steigenden Ausgaben sind die Einsparungen marginal. So seien laut Knecht etwa die Kosten im Bereich Bildung und Betreuung seit 2013 um 32 Millionen Euro gestiegen. „Wie soll man diese Riesensummen mit 200.000 Euro Einsparungen bei Sport, Kultur oder Sozialem auffangen?“, fragt Knecht deshalb.

Der OB steckt in einer Zwickmühle. Durch viele kleine Einsparungen läuft er Gefahr, von verschiedenen Seiten Unmut auf sich zu ziehen – so war es zuletzt etwa bei den Sportvereinen. Gleichzeitig zahlen sie zu wenig auf das große Ziel ein. Die Stadt macht sich also unbeliebt, ohne dass die Bürger einen Nutzen im Sparprozess erkennen können. „Da zweifelt man manchmal selbst am Sinn der Maßnahmen“, gibt Knecht zu. „Aber wir brauchen auch kleinere Beträge, von allen Beteiligten.“

Hinzu kommt, dass der Gemeinderat nicht alle Maßnahmen der Sparpakete absegnet. Im zweiten Paket etwa wurden statt der von der Verwaltung vorgeschlagenen 2,9 Millionen Euro nur Maßnahmen in Höhe von 382.000 Euro beschlossen.

„Der Ball liegt bei den Konservativen“, sagt deshalb etwa SPD-Stadtrat Daniel O’Sullivan. „Da sehe ich wenig Bereitschaft, Steuern zu erhöhen oder die Einnahmesituation zu verbessern.“ Das sei beispielsweise bei den Themen Grundsteuer oder Parkgebühren der Fall gewesen. Florian Sorg von den Grünen pflichtet bei: „Es war sicher nicht ganz verantwortungsbewusst, dass im zweiten Paket so viel abgelehnt wurde.“

CDU-Stadtrat Klaus Herrmann sieht das erwartungsgemäß anders. „Diese Maßnahmen hätten Anwohner und Steuerzahler massiv belastet“, sagt er. Herrmann verweist außerdem auf Kosten, die nicht in der Hand der Stadt liegen, etwa darauf, dass das Defizit der Kliniken ausgeglichen werden muss. „Das hat mit den Sparpaketen ja gar nichts zu tun.“

Wo könnte die Lösung liegen?

Positiv sehen alle Seiten, dass die Stadt mit ihren Sparmaßnahmen frühzeitig begonnen habe und auch der „Sparwille bei allen vorhanden ist“, wie Herrmann es formuliert. Andere Städte wie Marbach und Kornwestheim starten erst in diesem Jahr in den schmerzhaften Sparprozess. Matthias Knecht verweist außerdem darauf, dass manche Entscheidungen ihre Wirkung erst verzögert entfalten können. Die Erhöhung der Grundsteuer etwa spüle zusätzliche 1,7 Millionen Euro in die Kassen – nur eben nicht 2026, sondern erst ein Jahr später.

Der OB stellt außerdem in Aussicht, dass die vom Gemeinderat abgelehnten Maßnahmen nicht einfach vom Tisch seien. „Vieles davon wird in Zukunft erneut zur Diskussion stehen“, sagt Knecht. Das gelte auch für Kita-Gebühren, Gewerbesteuer oder Zweitwohnsitzsteuer.

Gleichzeitig geht nichts ohne Bund und Land, sagen Knecht und viele andere Bürgermeister. „Wir müssen unsere Beiträge leisten, aber wir schaffen das sicher nicht allein als Kommune“, sagt Knecht über den Kampf gegen Windmühlen. Die Bürgermeister fordern strukturelle Reformen und denken auch über Klagen nach.

Ein erstes Entgegenkommen des Landes gibt es bereits. Wie am Freitag verkündet wurde, gibt Baden-Württemberg zwei Drittel des Bundes-Sondervermögens für Infrastruktur an die Kommunen weiter. Ursprünglich war von 60 Prozent die Rede gewesen. Der Stadt Ludwigsburg würde das also mehr Geld bringen als die bisher angenommenen sechs Millionen Euro jährlich. „Das ist ein gutes Zeichen, aber das Geld muss auch schnell bei uns ankommen“, fordert Florian Sorg.

Klaus Herrmann sieht noch eine andere Möglichkeit. „Ich habe schon mehrere Einschnitte erlebt“, sagt er. „Rückblickend kam der wirtschaftliche Aufschwung immer früher als angenommen.“ Seine Hoffnung setzt er deshalb auch in eine neue Landesregierung. „Wenn die Wirtschaft angekurbelt wird, stehen auch die Kommunen finanziell wieder besser da.“