Ein No-Go an zwei Schwieberdinger Schulen: Jogginghosen. Foto: dpa

Für Karl Lagerfeld sind sie ein No-Go, jetzt sollen sie auch an zwei Schwieberdinger Schulen verboten werden: die Jogginghosen. Doch das ist nicht das einzige Kleidungsstück, das auf den Index kommt.

Schwieberdingen - Jogginghosen sind das Zeichen einer Niederlage. Man hat die Kontrolle über sein Leben verloren, und dann geht man eben in Jogginghosen auf die Straße“, hat der Modezar Karl Lagerfeld einmal gesagt. Was ihn jedoch nicht davon abgehalten hat, eine eigene Kollektion der Schlabberhosen zu entwerfen. Zwei Schulen in Schwieberdingen wollen ihre Schüler nun auf den Pfad wohlgekleideter Menschen zurückführen und verbieten daher fortan jegliches Tragen von Jogginghosen im Unterricht – Sport ausgenommen.

Als die Schulleiterin der Schwieberdinger Glemstalschule, Sandra Vöhringer, sich zu diesem Schritt entschloss, ahnte sie nicht, welches Medienecho sie damit erzeugen würde: SWR, Antenne 1, der Deutschen Presse-Agentur, dazu diversen Zeitungen musste sie bereits Rede und Antwort stehen. „Ich bin heute noch nicht wirklich zu etwas anderem gekommen“, gesteht sie. Für Vöhringer ist das Verbot kein großes Thema: „Die Schule bereitet auf das Leben vor. Dazu gehört auch, dass man gewisse Vorstellungen davon hat, welche Kleidung für welche Situation angemessen ist.“ Anfang des Schuljahrs informierte sie die Lehrer und Eltern, Anfang Dezember soll das Verbot von der Schulkonferenz abgesegnet und in die Haus- und Schulordnung aufgenommen werden.

Auch Hot Pants, bauchfreie Tops und Springerstiefel sind verboten

Auf die Idee kam Vöhringer, weil die benachbarte Hermann-Butzer-Schule, eine Grund- und Werkrealschule, eine solche Kleiderordnung bereits seit Jahren praktiziert. Wegen Platzmangels werden Schüler der zehnten Klassen der Glemstalschule dort unterrichtet. „Schule ist keine Chill-Out-Zone“, sagt die dortige Rektorin Ilse Riedl. Kleidung sei auch Ausdruck einer Haltung. Deswegen seien Jogginghosen ebensowenig erwünscht wie allzu bauchfreie Tops, Hotpants, Kleidung im Camou-flage-Look, Springerstiefel sowie Klamotten aus der rechten Ecke, beispielsweise von Thor Steinar. In der Schulordnung ist weniger explizit von „unangemessener Kleidung“ die Rede. Wer damit in die Schule komme, werde zum Umziehen wieder nach Hause geschickt. „Als wir das in der Haus- und Schulordnung verankert haben, gab es große Zustimmung bei den Eltern und großen Widerstand bei den Schülern“, erzählt Ilse Riedl.

Bei vielen Schulen sei der Umgang mit unangemessener Kleidung der Schüler ein Thema, sagt Vöhringer, vor allem seit bei den Mädchen sehr knappe Kleidung im Trend liege. In der Markgröninger Realschule werde es ähnlich gehandhabt. Beim Schulamt in Ludwigsburg weiß man von keiner weiteren Schule im Landkreis mit Kleiderordnung. Diesen Sommer erst erregte eine Horber Werkrealschule Aufsehen, als sie Mädchen, die allzu viel Haut zeigten, in XXL-T-Shirts steckte. Gegen zu kurze Röcke oder Hotpants halten andere Schulen auch Ersatzkleidung parat – ausgerechnet Jogginghosen.

Was tun, wenn der Ausschnitt interessanter ist als die Algebra?

Doch darf eine Schule ihren Schülern einfach das Tragen bestimmter Kleidung verbieten? Eine Nachfrage beim Kultusministerium ergibt: Grundsätzlich gälten die Grundrechte, beispielsweise freie Entfaltung der Persönlichkeit, auch für Schüler. „Allerdings stößt dieses Grundrecht an Grenzen, wenn die Verwirklichung des Erziehungs- und Bildungsauftrags dadurch gefährdet wäre“, sagt eine Sprecherin des Ministeriums. Auch dürfe der Schulleiter einer öffentlichen Schule nicht seine eigenen Moralvorstellungen oder seinen persönlichen Geschmack zum Richtwert für korrekte Kleidung machen – es sei denn, der Schulfrieden sei gefährdet. Sprich: Wenn der tiefe Ausschnitt der Nachbarin interessanter ist als die Algebra an der Tafel, muss die Schule eingreifen.

Wie die Glemstalschule das Jogginghosenverbot umsetzen will, ist noch unklar. Anders als die Nachbarschule hat die Gemeinschaftsschule Schüler aus dem ganzen Strohgäu, die nicht einfach kurz zum Umziehen nach Hause geschickt werden können. Vielleicht helfen hier auch XXL-Shirts wie an der Horber Werkrealschule?

Den nächsten Schritt, die Einführung einer Schuluniform, kann sich Vöhringer nicht vorstellen. „Das ist eine Tradition in angelsächsischen Ländern, nicht bei uns.“ Ihre Kollegin Ilse Riedl hatte das für ihre Schule angeregt, fand aber keine Mehrheit dafür. Einig sind sich beide darin: eine einheitliche Schulbekleidung, beispielsweise Shirts mit Schullogo, dazu Jeans, könnte helfen, das Wir-Gefühl zu stärken.