Auf den Gewerbeflächen der EnBW im Stuttgarter Osten sollen bezahlbare Wohnungen mit bestem Energiestandard entstehen. Foto: EnBW

Hat die Stadt die Misere auf dem Wohnungsmarkt selbst durch überzogene Forderungen verursacht? Für den Eigentümerverein ist keine Frage, wer der Totengräber für das EnBW-Areal am Stöckach ist.

Die Energie Baden-Württemberg (EnBW) legt ihr Stadtentwicklungsprojekt im Stuttgarter Osten mangels Wirtschaftlichkeit auf Eis. Im Stöckach-Areal sollten 800 Wohnungen entstehen. Die Marktsituation lasse „die wirtschaftliche Umsetzung zurzeit nicht zu“, begründete Stefanie von Andrian, die Leiterin des EnBW-Immobilienmanagements, den Schritt gegenüber unserer Zeitung.

Der Haus- und Grundeigentümerverein sieht die eigentliche Ursache für die vorläufige Absage in den Bedingungen der Stadt für das Quartier. Die Kommune sei selbst mitverantwortlich für das Scheitern durch „Hypotheken, die sie dem Projekt aufgelastet hat, sowie durch kostentreibende Auflagen im Rahmen des Stuttgarter Innenentwicklungsmodells“, so der Vorwurf. „Wer die Schraube immer tiefer treibt, braucht sich nicht wundern, wenn sie bricht“, sagt der Vereinsgeschäftsführer Ulrich Wecker.

Fläche gewinnt an Wert

Für das 4,25 Hektar große Gewerbegelände soll bald ein neuer Bebauungsplan vorliegen. Mit dem Wandel zum Wohnareal gewinnt die Fläche an Wert. Das soll nicht allein dem Eigentümer zugute kommen. Der Gemeinderat hat mit dem Ziel, mehr günstigen Wohnraum zu schaffen, 2011 das Stuttgarter Innenentwicklungsmodell (SIM) beschlossen. Es sieht eine Quote von 30 Prozent geförderten Wohnungsbaus mit Bindungsfristen von 15 bis 30 Jahren vor. Im SIM gibt es Sozialmietwohnungen, Mietwohnungen für mittlere Einkommensbezieher und ein Eigentumsprogramm. Die EnBW wollte am Stöckach die Auflage der Stadt von 40 Prozent geförderten Einheiten erfüllen.

Verein: Stadt verhindert Wohnungsbau

Man verkenne zwar nicht, dass Baupreise und Zinsen stiegen, das Stöckach-Projekt sei aber „nachgerade ein Musterfall dafür, wie in Stuttgart durch kommunalpolitisches Dazwischengrätschen Wohnungsbau letztlich verhindert wird“, so der Verein. Die Rede ist von „systematischer Behinderung einer rein privatwirtschaftlichen Realisierung“. Das Projekt drohe nicht an einem klammen Bauträger, sondern an den städtischen Rahmenbedingungen zu scheitern.

Linksbündnis fordert Kauf durch Stadt

Der Vereinsvorsitzende Joachim Rudolf sagt, ein Teil des Gemeinderats wolle die Wohnungspolitik „prinzipiell Richtung Sozialisierung drehen“. SIM sei eine Investitionsbremse, das hätten Wohnungsbauer und der Verein Immobilienwirtschaft nachvollziehbar festgestellt. Beide haben sich vorläufig aus dem von OB Frank Nopper (CDU) moderierten Bündnis für Wohnen zurückgezogen. Mehrere Fraktionen im Gemeinderat befürchten eine langjährige Brache und haben erklärt, mit der EnBW darüber zu sprechen, wie das Projekt doch umgesetzt werden könnte, wenn nötig mit teilweiser oder völliger Übernahme durch die Stadt. Das Linksbündnis im Gemeinderat fordert diese Übernahme und den ausschließlichen Bau bezahlbarer Mietwohnungen.