In einem Buch prangert Martin Cohn selbst „Vetternwirtschaft“ an. Foto: /Simon Granville

Streit mit der Stellvertreterin, Knöllchenzoff und jetzt Ärger wegen einer Luxuskarosse – Leonbergs Oberbürgermeister, der Ex-Rudersberger Rathauschef Martin Cohn, macht weiter Schlagzeilen.

Nein, für so richtig handfeste Skandale war Martin Georg Cohn einst in Rudersberg nicht bekannt, damals als er noch Martin Kaufmann hieß und als Schultes im Wieslauftal zusätzlich für die SPD im Kreistag saß. Eine gewisse Überheblichkeit im persönlichen Umgang sagten ihm einige nach. Andererseits hat der jetzt 56-Jährige, der von 2007 bis 2017 Rudersberger Rathauschef war, dort auch einiges bewegt – von der inzwischen preisgekrönten, am Konzept „Shared Space“ orientierten Ortsdurchfahrt bis hin zum vorweihnachtlichen Publikumsmagneten Adventswald. Im Herbst 2017 war die Gemeinde als Würdigung des gelungenen Umbaus der Ortsdurchfahrt einer der Preisträger des Deutschen Verkehrspreises.

Massive Vorwürfe gegen den Oberbürgermeister

An seiner neuen Wirkungsstätte in Leonberg stehen nach einigen vorangegangenen Skandälchen dieses Mal recht massive Vorwürfe gegen den Oberbürgermeister im Raum. Es geht unter anderem um den Vorwurf der „Vorteilsnahme“ und darum, dass er beim Kauf eines Aston Martin – ein britischer Luxussportwagen – im Jahr 2020 einen Rabatt von knapp 88 000 Euro erhalten haben soll, nachdem er auf sein Amt als OB Bezug genommen haben soll. Laut der „Bild“-Zeitung liegt ein entsprechendes Schreiben dem Regierungspräsidium (RP) Stuttgart wie auch der Staatsanwaltschaft Stuttgart vor. Der Neupreis des Aston Martin beträgt gut 212  000 Euro.

Martin Cohns Anwalt wiederum weist alle Vorwürfe zurück. „Der Preisnachlass stand in keinerlei Zusammenhang mit der Dienststellung meines Mandanten als OB der Stadt Leonberg“, heißt es auf Nachfrage. Vielmehr habe Cohn beim privaten Erwerb des Aston Martin aufgrund einer Sonderaktion für Vorjahresfahrzeuge einen Preisnachlass gewährt bekommen. Den hätten nach Auskunft der Firma Aston Martin auch weitere Kunden erhalten, da der gesamten Händlergruppe insgesamt neun Fahrzeuge für diese Rabattaktion zur Verfügung gestellt worden seien. Eine schriftliche Bestätigung hierzu liege den Ermittlungsbehörden bereits vor.

Anwalt: Cohn ist kein geeigneter Werbeträger

Weiter betont Cohns Anwalt, die Stadt Leonberg unterhalte weder amtliche oder geschäftliche Kontakte mit der Firma Aston Martin noch seien solche Kontakte angestrebt oder praktisch denkbar. „Darüber hinaus wäre die Annahme, mein Mandant sei als Oberbürgermeister einer schwäbischen Gemeinde ein geeigneter Werbeträger für die Marke Aston Martin, völlig realitätsfern.“ Das RP als zuständige Rechtsaufsichtsbehörde über die Stadt Leonberg bestätigte den Eingang des Schreibens und verwies auf ein laufendes Verfahren, weshalb weitere Auskünfte nicht möglich seien. Die Staatsanwaltschaft konnte zu dem Schreiben keine Details nennen.

Im Oktober war bekannt geworden, dass Cohns Stellvertreterin Josefa Schmid (FDP) ihren Chef angezeigt hatte, weil er unter anderem ein Bußgeldverfahren gegen sich wegen zu schnellen Fahrens habe stoppen wollen. Er soll in der Tempo-50-Zone 78 Kilometer in der Stunde gefahren sein. Es ging dabei um ein Bußgeld von 100 Euro und einen Punkt in Flensburg. Cohn widersprach: Er habe nur seine „Rechte wahrgenommen“, nicht seine „Stellung als OB ausgenutzt“. Im Leonberger Rathaus wurden derweil auch Vorwürfe von Mobbing laut. Pikant ist, dass Cohn seinerseits im Oktober ein Buch mit dem Titel „Vetternwirtschaft“ veröffentlicht hat, in dem er lokalen Politikern – anonym – Klüngelei und Missgunst vorwirft.

Martin Georg Cohn hatte sich zwei Jahre nach seinem Weggang aus Rudersberg namentlich umbenannt. Als Grund gab er an, er habe ursprünglich Kühn geheißen, Kaufmann sei nur der angenommene Name seines Stiefvaters gewesen. Seine eigentliche Familie aber habe jüdische Wurzeln und hätte aus Angst vor Verfolgung 1931 ihren Namen von Cohn in Kühn geändert.