In Frontstellung: Innenminister Horst Seehofer (CSU, links) und seine Chefin, Kanzlerin Angela Merkel (CDU) tragen einen harten Zwist um den Umgang mit der Zuwanderung aus. Foto: dpa

Lange haben CDU und CSU ignoriert, vor welch große Herausforderungen die Zuwanderung Deutschland stellt. Jetzt zeigen sich die Folgen, kommentiert StN-Chefredakteur Christoph Reisinger.

Stuttgart. - Wer das Gute tun kann und es nicht tut, der sündigt. So steht es in der Bibel. In ihrem brandgefährlichen internen Zwist um den Umgang mit der Zuwanderung erleben CDU und CSU gerade, welch böse Folgen solches Nichthandeln haben kann.

Mit der SPD gesündigt

Die mit der Koalitionspartnerin SPD begangene Unterlassungssünde, das Einwanderungsland Deutschland nicht besser für die Globalisierungsfolge Zuwanderung zu wappnen, rächt sich. In Form eines weit verbreiteten und übertriebenen Empfindens vieler Bürger, ihr Staat versage. Außerdem in Form von Zwietracht in der EU, im Land, in der Union, in ihrer Bundestagsfraktion, in der Regierung.

Nur der kleinere Teil der Wirklichkeit

Dabei ist doch schon lange offensichtlich: Das für politisch Verfolgte geschaffene Asylrecht und der Schutz für Kriegsflüchtlinge bilden die Wirklichkeit nur noch zum kleineren Teil ab. Spektakuläre Fälle von Fehlverhalten in Behörden oder von Hilflosigkeit im Umgang mit Gesetzesbrechern haben schmerzhaft aufgedeckt, woran es fehlt: wirksame und menschenrechtskonforme Regeln auch für die Zuwanderung von Armen, Entrechteten und Perspektivlosen, von denen so viele nach Europa und vor allem nach Deutschland wollen. Es gibt ja noch nicht einmal ein zeitgemäßes Management für die Zuwanderung Hochqualifizierter, die Deutschland dringend braucht.

Schwerste Führungskrise seit langem

Das so lange schon zu ignorieren, hat die Union in ihre seit langem schwerste Führungskrise gebracht. Obwohl die Hauptgegenspieler, Innenminister Horst Seehofer und Kanzlerin Angela Merkel, beide Recht haben. Er mit dem Bestreben, wenigstens den bestehenden Gesetzen mehr Geltung zu verschaffen. Sie mit dem Standpunkt, dass das europäische Thema Zuwanderung eine EU-weite Lösung haben wird – oder gar keine.

christoph.reisinger@stuttgarter.nachrichten.de