Die Afrikanische Schweinepest ist auf dem Vormarsch. Um sie eindämmen zu können, greift das Waiblinger Landratsamt nun zu ungewöhnlichen Mitteln.
Baum um Baum zischt an der Kamera vorbei. Plötzlich lässt der Pilot Michael Buck die Drohne in der Luft schweben: Ein roter Punkt auf dem Display zeigt eine Wärmequelle an. Buck dirigiert das ferngesteuerte Fluggerät etwas tiefer: „Also da würde ich mal den Suchtrupp hinschicken.“ Nebel bildet sich vor seinem Mund, wenn er spricht – es ist saukalt heute im Backnanger Plattenwald. Die Zeit drängt, mit jeder Minute kühlt das Ziel weiter aus und ist dann noch schwerer zu finden.
Das Ziel ist heute eines von drei Wärmekissen, etwa in Körpertemperatur, die irgendwo in einem etwa 400 Quadratmeter großen Waldstück abgelegt worden sind. Der eigentliche Zweck der Übung ist es aber, Wildschweinkadaver aus der Luft aufspüren zu können. Denn die afrikanische Schweinepest (ASP) kommt langsam, aber sicher näher. Infiziert sich ein Tier mit dem Virus, wird es fast sicher sterben. Der Erreger kann monatelang im Kadaver überleben – und die Seuche womöglich weiter verbreiten.
Wie die Erfahrung aus anderen Ländern gezeigt hat, springt die Krankheit auch immer wieder auf Hausschweine über – sei es über den Kontakt von Freilandschweinen mit Wildtieren, über verschleppte Kadaverreste oder Bauern, die das Virus von einer Wildschweinjagd mitgebracht haben. Selbst ein Wurstzipfel im Schweinefutter könnte Überträger sein.
Für Menschen und andere Tierarten besteht keine Infektionsgefahr. „Sollte es zu einem Ausbruch in einem Schweinebestand kommen, hätte das aber schwere Auswirkungen auf die Tierhalter“, erklärt Sonja Ruffer vom Veterinäramt. Bei einem erkrankten Hausschwein müsste der gesamte Bestand getötet werden. In Baden-Württemberg gab es bislang einen Fall in einem Betrieb im Landkreis Emmendingen. Ähnlich wie bei der Geflügelpest, gelten auch nach einem Ausbruch der Schweinepest strenge Auflagen für Halter. „Freilandhaltung wäre dann beispielsweise verboten.“
Auch die Jäger im Land müssen wegen der ASP bereits jetzt vieles beachten. Während sie früher den Aufbruch – sprich Innereien – von geschossenem Wild, auch Wildschweinen, in den Wald warfen, wo es von Fuchs, Dachs und Co. gefressen wurde, werden sie von den Behörden dazu angehalten, ihn jetzt in bereitgestellten sogenannten Wildverwahrstellen zu entsorgen. Vom kommenden Jahr an ist die Entsorgung von Aufbruch im Wald komplett verboten.
Die Afrikanische Schweinepest erfordert Schutzmaßnahmen
Der Respekt im Landratsamt vor der Tierseuche ist groß – unter anderem wurde dort nun eine Sachverständigengruppe gebildet, in der unter anderem Vertreter der Behörden, der Landwirtschaft, der Jägervereinigung und des Forstes vertreten sind. Zudem hat die Kreisbehörde die besagte Wärmebilddrohne angeschafft, um nach Wildkadavern suchen zu können. Bereits zuvor hatte das Vermessungsamt des Kreises Drohnen benutzt – „aber eher, um zum Beispiel dreidimensionale Geländemodelle zu erstellen“, erklärt Jürgen Weber vom Vermessungsamt. Das neue Fluggerät ist dagegen mit einer Wärmebildkamera ausgestattet. Es kann das Gelände entweder automatisch abfliegen – oder manuell. Theoretisch weicht es auch Bäumen oder Hindernissen aus, Weber und Buck lassen angesichts der Wipfel des Plattenwalds dennoch Vorsicht walten. Der Kaufpreis für das Profimodell beträgt rund 5000 Euro – „das ist definitiv keine Spielzeugdrohne“, erklärt Weber.
Das Vermessungsamt kam ins Spiel, weil einige der Mitarbeiter bereits die nötigen Qualifikationen und Genehmigungen haben. Sollte die ASP eines Tages überwunden sein, gibt es für die kostspielige Drohne auch andere Einsatzzwecke – „zum Beispiel bei der Rehkitzsuche“, sagt Weber.
Zumindest bei der Übung funktioniert das alles recht gut. Weber und Buck dirigieren den Suchtrupp durch den Wald. Alle Wärmekissen werden gefunden; der Sensor der Drohne ist so empfindlich, dass er sogar die Stelle, an der ein Kissen gelegen hatte, noch einige Zeit lang als Hitzequelle wahrnimmt. Doch einfach auf gut Glück Waldgebiete abzufliegen und nach toten Wildschweinen zu suchen, dürfte trotz all dem Hightech wenig Sinn ergeben. Ein Drohnenakku hält etwa eine Viertelstunde lang, und bei den winterlichen Temperaturen draußen kühlt jeder Kadaver recht schnell aus. Piloten und Suchtrupps werden sich wohl auf Hinweise verlassen müssen – oder auf Erfahrungswerte, wo sich Wildschweine gerne aufhalten.
Die Afrikanische Schweinepest
Erreger
Die Afrikanische Schweinepest (ASP) ist eine schwere Virusinfektion, die nur Haus- und Wildschweine befällt. Seit dem Jahr 2014 verbreitet sich diese Tierseuche besonders in den osteuropäischen Ländern. Im Osten Deutschlands gab es schon mehrere Fälle in Betrieben, in Baden-Württemberg bislang einen.
Übertragung
Eine Übertragung ist über direkten Kontakt zwischen infizierten und nicht infizierten Tieren möglich. Dies kann über einen Blutkontakt geschehen, aber auch indirekt über Werkzeug, Fahrzeuge, Schuhe, Kleidung. Auch Lebensmittel oder belastetes Tierfutter kann ein Übertragungsweg sein.
Maßnahmen
Gegen die ASP gibt es bislang kein Heilmittel, auch ein Impfstoff ist noch nicht entwickelt. Daher empfehlen die Behörden strikte Hygiene- und Vorsichtsmaßnahmen in Schweine haltenden Betrieben. Zudem wird versucht, Wildschweine zu bejagen und diese am Wandern zu hindern.