Weihnachtlich geschmückt: Das Riesenrad im Vergnügungspark Liseberg. Foto: Rettig

Die schwedische Stadt Göteborg hat sich zu einem Zentrum der Weihnachtsstimmung in Skandinavien entwickelt - samt allumfassender Illuminierung.

Plötzlich geht das Licht an, die Musik setzt ein, und der Chor Lodola legt los. Mehr als 30 Wichtel mit roten Zipfelmützen, grünen Umhängen und goldenen Glitzerschals lassen sich mit ihren kraftvollen Stimmen durch schwedische Weihnachtsliedklassiker dirigieren. Trotz des Nieselregens bei ungemütlichen zwei Grad bleiben die Passanten auf dem Bahnhofsvorplatz in Göteborg stehen, wiegen im Takt mit und lassen ein paar Minuten lang ihr Weihnachtsgefühl zum Glimmen bringen. Festtagshasser haben nun eine harte Zeit, denn Weihnachten erwischt einen überall. Im Zuge einer Marketing-Idee, die den Tourismus ankurbeln sollte, wurde Göteborg vor einigen Jahren zur schwedischen Weihnachtsstadt gemacht. Vor dieser Mission war die dunkle Jahreszeit düster. Sogar der Traditionsvergnügungspark Liseberg war zu dieser Jahreszeit komplett geschlossen. Doch weil die heimelige Erleuchtung der kurzen, oft verregneten Tage zum schwedischen Advent gehört wie Lussekatter-Safranbrötchen und Glögg, wird die Stadt nun illuminiert, was das Zeug hält. Lichtdesigner Andreas Milsta ist einer der Köpfe dahinter.


Die Vorbereitungen beginnen ein Jahr vorher

Mit einem Team plant, organisiert und berät er die Stadt in Sachen Festtagsbeleuchtung. „Es gibt jedes Jahr ein neues Thema“, sagt der 31-Jährige. Und das muss nicht zwanghaft der Weihnachtsmann, sein Rentier Rudolph oder ein anderes ausgenudeltes Motiv sein. In einem Jahr war „Der Ozean“ das Thema, das mit viel Licht in Blauabstufungen, Installationen sowie einem eigens produzierten Kurzfilm umgesetzt wurde. Für dieses Jahr lautet das Thema „Junge Menschen“, bei dem sich auch der Nachwuchs Göteborgs beteiligen soll. Die Vorbereitungen beginnen ein Jahr vorher. Pünktlich zum 1. November zündet die erste Illuminierungsstufe mit der Grundbeleuchtung. Am 5. Dezember wird auch für den Rest in einer kleinen Zeremonie mit Ansprache und Musik am Götaplatsen der Schalter umgelegt. Nicht nur die Lichter entlang der breiten Flaniermeile Kungsportsavenyn, sondern auch Brücken, Gassen, Bäume werden „angeknipst“. Rund 850 000 Euro lässt sich die Stadt das Lichtermeer kosten - angeblich fließt durch die Besucher mehr als das Vierfache zurück.


Neben der stimmungsvollen Beleuchtung in den Straßen der Altstadt Haga bis zum etwas auswärts gelegenen Schloss Gunnebo tragen auch die unterschiedlichen Weihnachtsmärkte zur Weihnachtlichkeit bei. Der Markt im Kronhuset gehört zu den traditionellen und ist so, wie man sich einen schwedischen Julmarknad vorstellt - schon allein durch die Kulisse im ältesten, fast 400 Jahre alten Haus der Stadt. Draußen in einem Zelt lodert ein Lagerfeuer, an dem man sich mit einem überteuerten, aber warmen Glögg aufwärmen kann, der wie fast überall in Schweden in mikroskopischer Bechergröße portioniert wird. Drinnen, hinter den roten Backsteinwänden, wird Kunsthandwerk angeboten, Honig von der Insel Marstrand und rosa Schweinchen aus Marzipan. Zwei ältere Schwestern, die Strohkränze tragen, verkaufen vom Engel bis zum Stern alles aus Stroh, bereiten sich das ganze Jahr vor und erzählen, dass sie schon seit 34 Jahren auf dem Markt sind. Bei Keramikerin Annika Niering-Ranman ist alles fest in Wichtel-Hand: Kleine Kerlchen mit roten Mützen gibt es als Flasche, als Schale oder - der Renner - im Kopfstand als Schnapsglas.


Der höchste Freifall-Turm Europas „AtmosFear“ ist in Licht gewandet

In der Hochschule für Design und Kunsthandwerk geht es weniger klassisch zu. Von der Decke des umgebauten Saals in der Kunstbibliothek baumeln Geschenkpakete. Darunter verkaufen Studenten ihre eigenwilligen Kreationen. Sara Lailasdotter studiert Schmuckdesign und liefert mit ihren Designs eher morbide Geschenke: eine Halskette, an der ein silberner Finger baumelt, oder ein goldenes Menschenherz. Nach diesem Markt könnte der Kontrast zur Weihnachtswelt im Vergnügungspark Liseberg kaum größer sein. Die schönste Fahrt dorthin führt in einem Touristenkahn über den Kanal, quer durch die Stadt und unter vielen Brücken hindurch. Eine halbe Stunde ist man unterwegs, Decke und Glögg wärmen. Die Fahrgeschäfte und Achterbahnen haben in der Adventszeit zwar geschlossen, dafür entschädigt die Beleuchtung. Der höchste Freifall-Turm Europas „AtmosFear“ ist in Licht gewandet. Darüber hinaus leuchten rund fünf Millionen Lämpchen in den Göteborger Nachthimmel. Der größte Weihnachtsmarkt Skandinaviens ist in verschiedene Bereiche unterteilt. Bei all den Besuchermassen ist es ein bisschen anstrengend, sich durch die Wege unter dem blau angestrahlten Riesenrad-Blickfang zu schieben. Aber weihnachtliche Stimmung kommt trotzdem auf.

Infos zu Göteborg

Göteborg


Anreise

Flug von Stuttgart nach Göteborg und wieder zurück mit KLM ab rund 140 Euro und mit Air France ab etwa 160 Euro: www.klm.de ; www.airfrance.de


Unterkunft

Luxuriös und zentral: das Fünf-Sterne-Hotel Upper House bietet schicke Zimmer mit schönen, weiten Blicken über die Stadt. Es gibt auch einen Spa mit Pool und eine Lounge im 25. Stock. Zimmer pro Nacht ab etwa 240 Euro. www.upperhouse.se
Das Skandic Rubinen ist ein modernes Stadthotel in sehr zentraler Lage direkt an der Kungsportsavenyn. Doppelzimmer mit Frühstück pro Nacht ab etwa 120 Euro. www.scandichotels.de


Weihnachtliches

Vergnügungspark Liseberg: www.liseberg.com
Kronhuset: www.kronhusbodarna.com
Designhochschule: www.hdk.gu.se/en
Restaurant-Tipp: Die schwedische Küche, die es im „Familjen“-Restaurant gibt, ist so raffiniert wie modern und wird in gemütlich schickem Ambiente mit Retro-Hang serviert. www.restaurangfamiljen.se


Allgemeine Informationen

Mehr Infos unter: www.visitsweden.com, www.goteborg.com