Kronprinzessin Victoria von Schweden und ihr Bräutigam Daniel Westling Foto: dpa

Königin Silvia besucht ihn und auch Tochter Victoria. Weil Hans-Peter Mathes die Blumen liebt.

Stockholm- Königin Silvia besucht ihn und auch Tochter Victoria. Weil Hans-Peter Mathes die Blumen liebt und Blumen zur Liebe gehören. Deshalb steckt er auch bei der Hochzeit des Jahres die Bouquets. Damit der schönste Tag auch nach Leidenschaft aussieht und duftet.

Nein, sagen würde er nichts, nie. Er sei ein Ehrenmann, und es gebe sein Ehrenwort: Keine Angaben zu den Hochzeitsblumen. Hans-Peter Mathes, 53, steht im Hof zu Stockholm in einem Zelt, das die Flora vor der Mittagssonne und den neugierigen Blicken schützt. Es raschelt beim Telefonieren, weil Mathes wohl mit der freien Hand durch die Pflanzen streicht, vielleicht ist Männertreu dabei, das wäre doch ein Symbol. Bei königlichen Hochzeiten wird schließlich alles zum Staatsakt; weshalb sollte da nicht ein Florist aus Heidelberg, der die Königsfamilie kennt, nicht auch ein kleines Zeichen pflanzen? Schließlich trägt Mathes den Titel königlicher Hofflorist und jetzt auch noch ein königliches Geheimnis.

Fürsorglicher Blick für Blumen

Der Blumen-Mathes. So heißt er in Heidelberg. Also in jener Stadt, in der Silvia, die Königin von Schweden, noch als Silvia Sommerlath zur Schule ging. 1976 heiratet sie König Carl Gustaf und zieht an den schwedischen Hof. Mathes ist damals 17 und sieht die Bilder im Fernsehen, freut sich, dass auch ein bisschen Heidelberg in der Welt strahlt. Als Mathes der Königin zum ersten Mal persönlich begegnet, strahlt er nicht. Silvias Vater Walther Sommerlath wird 1990 beerdigt, und Mathes schaut durch die Fenster seines Heidelberger Blumengeschäfts auf das Grab, 30 Meter Luftlinie. Die königliche Familie hat den die Stelle so ausgewählt, dass sie in Mathes' Blickfeld liegt.

Seitdem hält er die Totenwache und passt auf, dass keiner der Touristen sich daneben benimmt. Unter seiner Aufsicht kommt Walther unter die Erde. Alice de Toledo Sommerlath folgt sieben Jahre darauf, 2006 Jörg Sommerlath. "Erst der Papa der Königin, dann die Mama - und jetzt auch noch der Bruder", sagt Mathes bewegt. Doch in seinem Singsang klingt es nicht schwer. Im Frühjahr hat er Stiefmütterchen in Blau und Gelb aufs Grab gepflanzt, in den schwedischen Nationalfarben. Und nach den Eisheiligen eine Blumenwiese aus Begonien, Geranien, Fuchsien, Waldröschen und Leberbalsam. Herr Mathes hat diesen fürsorglichen Blick, sagen seine Mitarbeiter, wenn er die Blumen pflegt.

Vielleicht hat das auch der Königin gefallen, dass einer würdevoll, aber nicht griesgrämig über die Verstorbenen wacht.

Der König kommt, die Gemahlin im Schlepptau

Und jetzt passt Mathes auf die Lebenden auf. Dass der im Volksmund schönste Tag auch nach Liebe aussieht und duftet. Ob er sich um die Hochzeitsblumen kümmern wolle, fragte ihn Königin Silvia im vergangenen Herbst; er wisse ja, dass Tochter Victoria bald Herrn Westling heirate. Die Königin besucht regelmäßig Mathes' Geschäft und das Heidelberger Grab, auch Victoria hat er schon kennengelernt. "Die ganze Familie habe ich sehr gern, wirklich alle sehr, sehr sympathisch." Ja, sagt Mathes deshalb feierlich, als ob er selbst vor dem Altar stünde. "So ein Angebot kriegt man nicht jeden Tag."

Seit zwei Wochen ist Mathes nun in Schweden, es ist ein großzügiges, grünes Land, und die Wege: picobello. 600 Kilometer ist er gefahren und hat nur zwei Ortschaften gesehen, er mag das. Bei seiner Ankunft im Stockholmer Schloss empfängt ihn zuerst die Hofdame, dann die Königin. "Fast eine halbe Stunde hat sie sich Zeit genommen", sagt Mathes. "Das macht sie nicht für jeden." Zum Glück habe sie ihn dieses Mal nicht nach einer neuen Freundin gefragt. 12 Jahre war er verheiratet, seit 18 Jahren ist er Single. Wenn das Leben ein Blumenstrauß ist, dann ist Mathes darin das fleißige, aber einsame Lieschen. Um 4 Uhr steht er täglich auf, um auf den Mannheimer Großmarkt frische Ware zu holen. Sein Geschäft hat er am 20. März erstmals aufgesperrt, seitdem ist es nur über Nacht zu. "Welche Frau macht das mit? Das glaubt ja keiner, der den Beruf nicht kennt", sagt Mathes. ",Majestät"', habe ich nach meiner Ankunft gesagt, ,seit 20 Jahren ist das der erste Tag, an dem ich nicht in meinem Betrieb bin."'

Der König kommt, die Gemahlin im Schlepptau

Aber Mathes bleibt Mathes, deshalb ist er zum Arbeiten da. Um 7 Uhr zeigt er Tag für Tag seinen Ausweis am Schloss, geht in das große Zelt und macht sich an sein geheimnisvolles Werk. 60 Floristen aus Dänemark, Schweden und Norwegen haben sich die Arbeit aufgeteilt, zwei Gruppen schmücken das alte und neue Schloss, Mathes' Gruppe die Kirche. Er ist hier der Chef, hat geplant, vorbereitet, jetzt setzen sie in einem Zelt um, das die Größe eines Tennisplatzes hat. Alles auf Englisch, Mathes' Englisch mit etwas Singsang. Aber eigentlich brauche es in der Sprache der Blumen keine Worte. "Ein Gesteck ist überall ein Gesteck", sagt Mathes. "Aber hier ist alles etwas größer."

Mathes unterbricht das Gespräch - der König kommt, die Gemahlin im Schlepptau. Sie wollten wissen, ob alles klappt, sagt Mathes kurz darauf, als habe er nur kurz eine Nelkenzwiebel gepflanzt. "Alles ganz normal. Zuhause schaue ich ja auch nach dem rechten."

Mehr verrät er nicht. Alles top secret. Wie das Brautkleid, das Hochzeitsmenü, die offizielle Gästeliste. Am Samstagnachmittag wird Mathes' Geheimnis gelüftet, wenn die Kameras langsam auf das Hochzeitspaar in der Nikolaikirche zoomen. Geschätzt 500 Millionen Zuschauer werden die Zeremonie verfolgen. Von wo aus er die Trauung anschauen wird, weiß er selbst noch nicht. Ein Platz in der Kirche ist für ihn reserviert, aber er stehe lieber unter freiem Himmel.

Am frühen Samstagabend, ist aus der Kronprinzessin Victoria endgültig die neue Hoffnung des schwedischen Königshauses geworden und aus Daniel Westling Prinz Daniel, Herzog von Västergötland. Mathes bleibt Mathes. Deshalb wird er noch etwas feiern und dann nach Heidelberg zurückfahren, um in sein Geschäft zu gehen. Hinten hinaus sieht er das Grab der Sommerlaths, das Schaufenster vorne will er mit Bildern seiner Reise schmücken - ein Schwedenfenster. Und irgendwann will er es am liebsten ganz wie die Schweden machen und sich ein Holzhäuschen im Grünen kaufen. Einfach dasitzen und das Leben genießen. Und neben ihm auf der Bank eine Frau.