Ein wenig ist das Schwarzbuch des Steuerzahlerbundes so etwas wie die Schatztruhe der Peinlichkeiten. Denn auch in diesem Jahr wird dort genau aufgelistet, wo im Südwesten Steuergeld verschwendet wurde.
Mal läuft ein Tunnelbau aus dem Ruder, mal wird ein Zebrastreifen nach geschlagenen 13 Jahren noch für gesetzwidrig erklärt oder ein Parkhaus zur Landesgartenschau erst eröffnet, als diese bereits beendet ist. Jahr für Jahr kritisiert der Bund der Steuerzahler die Steuerverschwendung in Bund und Land. Auf zahllosen Seiten werden auch in diesem Jahr Schildbürgerstreiche und Millionengräber aufgelistet, die aus Sicht der Organisation auf Kosten des Steuerzahlers gehen.
Sorgloser Umgang mit dem Geld der Bürger
Bund, Länder und Kommunen seien in zahlreichen Fällen sorglos mit dem Geld der Bürger umgegangen, so lautet auch in diesem Jahr die Kritik der Organisation. „Dabei wäre dies in Zeiten knapper Kassen umso nötiger“, kritisierte der baden-württembergische Landesvorsitzende der Organisation, Eike Möller. Das „Schwarzbuch“ mit bundesweit rund 100 Beispielen wurde in Berlin vorgestellt. Insgesamt haben es zehn Fälle aus dem Südwesten in die jüngste Ausgabe geschafft.
Mindestens einer davon nicht ganz überraschend. Denn vor zwei Jahren bereits hat der Steuerzahlerbund das Sozialministerium vor einem teuren Flop bei der Pflegekammer gewarnt. Im Kapitel „Verschwendung droht“ machte er Sozialminister Manne Lucha (Grüne) darauf aufmerksam, dass derartige Kammern in Niedersachsen und Schleswig-Holstein nach wenigen Jahren wieder geschlossen worden seien.
KUPFERKNÄUEL: Zerknüllt in einer Sturmnacht findet ein Teil des Kupferdachs der Stuttgarter Oper vor zwei Jahren einen neuen Platz im Eckensee. Ein Mahnmal für den Klimawandel soll es sein. Aber das zwei Tonnen schwere Kupferknäuel muss seinen Platz früher räumen als gedacht - unter anderem spricht das Finanzministerium von Sicherheitsgründen und der damals anstehenden Fußball-Europameisterschaft. Das Kupfer? Wird verkauft oder landet auf dem Schrottplatz. Der Steuerzahlerbund errechnet einen Erlös von rund 10.000 Euro bei Ausgaben von rund 27.000 Euro. „Aus Steuerzahlersicht stellt sich die Frage, warum für das Mahnmal nicht von Anfang an ein Standort gewählt wurde, an dem es länger oder dauerhaft hätte stehen können – wenn man dafür schon Steuergeld in die Hand nimmt“, heißt es dazu im Schwarzbuch.
Gescheiterte Millioneninvestition in geplante Einrichtung
PFLEGEKAMMER: Monatelang hat das Sozialministerium geprüft, dann musste es in den sauren Apfel beißen und die mit Millioneninvestitionen geplante Einrichtung einer Pflegekammer für gescheitert erklären. Die Pläne hatten keine ausreichende Unterstützung bei den Pflegekräften gefunden. Die grün-schwarze Landesregierung hatte damals argumentiert, die Kammer könne den Pflegefachkräften eine Stimme geben und das Berufsbild schärfen. Viele Pflegekräfte und deren Gewerkschaften wehrten sich aber gegen die weitgehend verpflichtende Mitgliedschaft und sprachen von einer „Zwangskammer“ und einem „Spaltpilz“. Schon vor zwei Jahren hatte der Steuerzahlerbund das Sozialministerium vor einem teuren Flop bei der Pflegekammer gewarnt. Derartige Kammern in Niedersachsen und Schleswig-Holstein seien nach wenigen Jahren wieder geschlossen worden.
Finanzielle Folgen des Naturschutzes spielen eine Rolle
NATURBAD: „Rein ins kühle Nass“ wirbt die Stadt Herrenberg für ihr Naturfreibad. Nur ist das aus Sicht des Steuerzahlerbundes im vergangenen Tagen an Dutzenden von Tagen nicht möglich gewesen. Denn im 5,7 Millionen Euro teuren Naturfreibad, das statt auf Chlor auf ein natürliches Filtersystem setzt, wurden mehrfach zu hohe Bakterienwerte im Wasser festgestellt, es gab bauliche Mängel. Außerdem breiteten sich streng geschützte Teichhühner auf dem Becken aus und verseuchten das Wasser. Chemische Mittel können in einem solchen Fall aber nicht genutzt werden. Seit das Naturbad 2015 eröffnet wurde, gab es kaum eine Saison, in der das Bad nicht außerplanmäßig schließen musste. Nun soll’s besser werden: Das Bad macht morgens zwei Stunden zusätzlich dicht, damit sich das Wasser erholen kann. Obendrein müssen Kinder und Jugendlichen zum Schulschwimmen ins Hallenbad.
Zu spät, zu teuer
PARKHAUS: Zu spät fertig, viel zu teuer, ständig leer. Pleiten, Pech und Pannen haben den Weg des Parkhauses in Neuenburg am Rhein (Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald) zum „peinlichsten Parkhaus Deutschlands“ („Bild“-Zeitung) begleitet. Pünktlich zur Landesgartenschau 2022 sollte es zur Verfügung stehen, doch fertig wurde es erst 2023 - da war die Landesgartenschau schon durch. Die ursprünglich kalkulierten Gesamtkosten des Projekts von 13,7 Millionen Euro beliefen sich letztlich auf 22,7 Millionen Euro. Und von den 231 Parkplätzen ist stets nur ein Bruchteil belegt. Die Stadt hat Verzögerungen und Kostenexplosion bislang mit der Pandemie und einer Schiffshavarie begründet. Das fehlende Interesse der Neuenburger könnte zudem am bislang noch kostenfreien Parken in der Innenstadt liegen. Der Steuerzahlerbund spricht von einem Desaster.
ZEBRASTREIFEN: Eigentlich sollen Zebrastreifen ja eine Gefahr abbauen. In Eberbach östlich von Heidelberg ist ein 13 Jahre alter Überweg in der Stadtmitte im vergangenen Jahr aber selbst zu einer solchen geworden. Bei der Verkehrsschau stellte sich heraus, dass der Überweg zu nah an einer Bushaltestelle ohne Haltebucht liegt - und somit nach den Richtlinien ein Risiko darstellt. Denn der Bus muss für den Ein- und Ausstieg auf der Fahrbahn halten. Autofahrer haben da weniger Sicht auf den Zebrastreifen. Gemerkt hat es in all den Jahren aber niemand. „Die damaligen Verantwortlichen gingen wohl davon aus, dass alle geltenden technischen Regelwerke vom beauftragten Fachplaner eingehalten wurden“, teilte die Kommune dem Steuerzahlerbund mit.
BEOBACHTUNGSTURM: Im Wurzacher Ried (Kreis Ravensburg) soll ein moderner Aussichtsturm dafür sorgen, dass der Wert des Moorgebiets sicht- und erlebbar gemacht wird. Bislang ist allerdings nur von den Kosten für das Projekt die Rede. Und ob der 40 Meter hohe Turm überhaupt gebaut wird, muss ein Bürgerentscheid im Januar erst klären. Gegen den Baubeschluss des Gemeinderats liegen 4.200 Unterschriften vor. Sie kritisieren die im Laufe der Jahre massiv gestiegenen Kosten von annähernd vier Millionen Euro, die in weiten Teilen das Land übernehmen würde. Außerdem greife ein Bau in die Natur ein. Aus Sicht des Gemeinderats ist der Turm hingegen ein Zukunftsprojekt, mit dem auch der Tourismus in Bad Wurzach angekurbelt werden könnte. Der Bund der Steuerzahler forderte die Kommune auf, das Projekt zu überdenken. Schuld sei auch das Land, weil es mit seiner großzügigen Förderpolitik für Mitnahmeeffekte bei den Kommunen sorge.
BRÜCKENBAU: Mit Flachsfasern und Bioharz plante die Stadt Ulm den notwendigen Bau einer nachhaltigen Fußgängerbrücke über das Flüsschen Kleine Blau in der Innenstadt. Aber der erste Versuch scheiterte in der Produktion, weil der Brückenkörper den Materialtests nicht standgehalten konnte. Also musste sie ein zweites Mal produziert werden. Aus einst kalkulierten 330.000 Euro Kosten für die Stadt wurden schrittweise etwa 730.000 Euro. Das ist laut Steuerzahlerbund doppelt so viel wie bei der Preis für eine konventionelle Brücke aus Stahlträgern mit Holzbelag. Die Stadt betont nach Angaben der Organisation aber, sie habe sich mit dem ökologischen Vorzeigeprojekt bewusst auf Neuland begeben.