Die frühere Kreisarchivarin Renate Winkelbach hat die Ausstellung ins Museum Remshalden geholt. Foto: Eva Herschmann

Das Museum Remshalden (Rems-Murr-Kreis) zeigt in seiner Sonderausstellung „Baden-Württemberg erzählt“ auf, was in welchem Eckle unseres Ländles wie geschwätzt wird.

Die einen sagen Muck, die anderen Fluig. Die fünfte Jahreszeit ist für die einen Fasching, für andere Fastnacht oder Fasnet. Das Land Baden-Württemberg ist gespalten, wenn es um die Sprache geht. Honoratiorenschwäbisch, so haben Menschen im ländlichen Umfeld früher den großstädtischen Stuttgarter Dialekt genannt. Denn schon wenige Kilometer weiter, im heutigen Remshaldener Ortsteil Buoch sagte keiner „i komm um fünf“, sondern „i komm am faive“. Wie unterschiedlich den Menschen im Ländle der Schnabel gewachsen ist, zeigt die Sonderausstellung „Baden-Württemberg erzählt“ im Museum Remshalden.

 

Die Unterschiede sind groß

Auf den ersten Blick fallen die großen Schautafeln ins Auge, die zugleich Hörstationen sind. Rund 20 davon sind im ersten Stock des Museums im Ortsteil Grunbach, der ehemaligen oberen Kelter, aufgestellt. Mit Karten und Tonbeispielen veranschaulichen sie die Vielfalt der Dialekte in Baden-Württemberg. Egal ob es um Aussprache oder Wortschatz geht, die Unterschiede zwischen den großen Dialektgruppen im Südwesten, dem Schwäbischen, dem Alemannischen und dem Fränkischen, die sich jeweils in zahlreiche Untergruppen aufsplittern, sind groß.

Die Ausstellung zeigt, wie und was in den unterschiedlichen Landesteilen gesprochen wird, sie ist eine akustische Rundreise unter dem Motto „komm, gugg, hör und schwätz Dialekt“. Konzipiert wurde sie von der Tübinger Arbeitsstelle „Sprache in Südwestdeutschland“, die Teil des Ludwig-Uhland-Instituts für empirische Kulturwissenschaften der Universität Tübingen ist. Dort werden seit den 1950er Jahren die vielfältigen Dialekte Baden-Württembergs gesammelt, gespeichert und erforscht.

Aus dem im wahren Wortsinn großen Sprachschatz des Tübinger Arno-Ruoff-Archivs, in dem Originalaufnahmen von Menschen aus Hunderten von Orten in Baden-Württemberg, aber auch in Bayerisch-Schwaben, Vorarlberg und Liechtenstein konserviert werden, schöpft die Wanderausstellung in Remshalden-Grunbach ihren dialektischen Reichtum. Doch die Mundart ist vom Aussterben bedroht.

Dialektstarkes Ostschwaben

Zu diesem Ergebnis kommt zumindest eine Untersuchung der Tübinger Sprachforscher in fast 700 ersten und zweiten Grundschulklassen mit rund 13 500 Mädchen und Jungen. Heraus kam, dass nur noch elf bis 15 Prozent der Kinder den alten Ortsdialekt können, während die Mehrheit „regional gefärbtes Hochdeutsch“ spricht. Doch es gibt auch noch Nischen, sagen die Wissenschaftler. „Besonders dialektstark ist noch das Ost-Schwäbische“, heißt es in der Studie.

Die O-Töne aus vergangenen Jahrzehnten sind nicht nur ein reiner Hörgenuss für alle Liebhaber der Dialekte im Ländle, sie erzählen auch von längst vergangenen Zeiten. Zum sprachlichen Teil der Ausstellung kommt auch ein starker zeitgeschichtlicher Aspekt, denn die Interviewausschnitte aus dem Arno-Ruoff-Archiv sind Zeugen der Sprache und dokumentieren außerdem den enormen Wandel im ländlichen Raum in den vergangenen hundert Jahren.

Pädagogisch wertvoll

Renate Winkelbach, die ehemalige Kreisarchivarin und aktives Mitglied im Museumsverein in Remshalden, hat sich für die Sonder- und Wanderausstellung „Baden-Württemberg erzählt“ stark gemacht – und mit historischen Fotografien von Menschen aus Grunbach, Hebsack, aus Geradstetten, Buoch oder Rohrbronn „geerdet“, wie sie es nennt. Und die Dialekt-Schau werde auch gut angenommen, sagt die 77-Jährige. Eine Zielgruppe aber vermisst Renate Winkelbach bisher. Die Ausstellung sei nämlich gerade für die Klassenstufen vier bis sechs pädagogisch wertvoll. „Für sie wurde sogar eigens ein Fragebogen entwickelt, der zu einer Entdeckungstour durch die Ausstellung einlädt.“

Angeschrieben hat die gebürtige Fränkin alle Schulen in Remshalden, die Resonanz sei gleich null gewesen, bedauert sie. Doch Renate Winkelbach gibt die Hoffnung nicht auf, dass die eine oder andere Klasse noch die Gelegenheit nutzt, eine Reise durch die baden-württembergische Sprache und die bäuerliche Geschichte zu machen.

Museum Remshalden

Info
Die Ausstellung im Museum Remshalden, Schillerstraße 48, läuft noch bis 26. Januar und ist sonntags von 14 bis 17 Uhr geöffnet. Gruppen oder Klassen können telefonisch unter 07151-94 53 58 8 Sonderführungen vereinbaren.