Die Bonländer Ortsgruppe des großen Wandervereins feiert ihren 125. Geburtstag. Der Club steht im Jubiläumsjahr außergewöhnlich gut da.
Ein bisschen muss man seine Waden schon strapazieren. Wer den doch recht steilen Berg durch den Wald zum Schützenhaus Bonlanden gemeistert hat, muss noch etwas weiter aufwärts durch den Wald gehen. Aber bald schon, sobald sich die dicht stehenden Bäume lichten und die ersten Kleingartenparzellen auftauchen, erscheint sie dann: die Kelter. Das Gebäude stammt aus dem Jahr 1734, der Anbau ist sogar noch älter. 1966 hat der Schwäbische Albverein (SAV) Bonlanden das historische Haus unter seine Fittiche genommen und umgebaut, bis heute ist es ein Wanderheim – samt uriger Stube mit großem Kachelofen und Küche. Die Kelter und das Gelände außenrum stehen optisch da wie eine Eins. Sonnenschirme gibt es auf der Terrasse und ein Insektenhotel, daneben einen Spielplatz und eine große Grillstelle. Der Rasen auf dem weitläufigen Grundstück ist akkurat getrimmt. Ursula Kaspar schaut sich um. „Es ist schon ein Kleinod“, sagt sie, während die Vögel aus dem nahen Wald ein sommerliches Lied singen. Dietmar Weinmann nickt. „Natur pur“, sagt er.
Ursula Kaspar (78) und Dietmar Weinmann (61) bilden das Vorstandsduo des Bonländer Albvereins, der feiert heuer sein 125-jähriges Bestehen. Und das schmucke Wanderheim im Landschaftsschutzgebiet Uhlberghalde ist ein Grund dafür, dass der Traditionsverein im Jubiläumsjahr gut dasteht. Mit rund 650 Mitgliedern ist er laut Dietmar Weinmann der zweitgrößte Verein in Bonlanden. „Das ist ein Treffpunkt. So was haben viele Verein nicht“, sagt er über die Kelter im Grünen. Mitunter werde sie bewirtschaftet, viele Menschen nutzten dies als Ausflugsziel. Öffentliche Veranstaltungen wie zuletzt etwa der Tanz in den Mai auf dem Gelände kämen bestens an. „Das ist ein Grund, warum wir viele Mitglieder haben“, resümiert er.
Verein spürt den demografischen Wandel
Mehr als 600 Mitglieder, „das ist wirklich enorm“, sagt auch Heidi Müller, die stellvertretende Hauptgeschäftsführerin des SAV. Mit dieser Zahl sei Bonlanden eine der stärksten Ortsgruppen im ganzen Vereinsgebiet. Andere haben weniger Glück. Fakt ist: Der SAV verliert grundsätzlich Mitglieder. „Das ist durch den demografischen Wandel, muss man sagen. Und die Leute binden sich nicht mehr so gern an einen Verein“, erklärt Heidi Müller. Das Wandern sei hierzulande zwar nach wie vor beliebt, aber laufe heutzutage individuell ab – dank diverser Apps. „Mittlerweile kann man sich seine Touren runterladen. Da ist es nicht mehr so wichtig, dass man sich einer Wandergruppe anschließt“, sagt sie. Die Tourenleiter des SAV seien bis heute mit Karten unterwegs, doch „die Generation 20, 30 interessiert das nicht mehr“, sagt Heidi Müller.
In der Konsequenz muss die eine oder andere Ortsgruppe aufgeben, weil junge Mitglieder fehlen. Die Gruppen in Stetten und Plattenhardt fusionieren, die Ortsgruppen Sulzgries in Esslingen oder auch Bernhausen haben sich aufgelöst. „Manche haben es versäumt, Nachwuchsarbeit zu machen“, sagt Heidi Müller, zudem sei es heute schwierig, Ehrenamtler zu gewinnen. Projektarbeit ja, aber „langfristiges Ehrenamt ist nicht mehr der Burner“, sagt sie. Der SAV versucht beispielsweise mit Familienarbeit gegenzusteuern. So wurde pädagogisches Personal angestellt, das die Ortsgruppen gezielt bei ihrer Nachwuchsarbeit unterstützt. Heidi Müller sagt: „Das läuft ganz gut.“
Fokus auf die Jugendarbeit
Ursula Kaspar und Dietmar Weinmann können das unterschreiben. Auch die Bonländer Ortsgruppe habe kurz vor Corona dieses Angebot angenommen und mithilfe einer Pädagogin unter anderem ihre Öffentlichkeitsarbeit neu aufgestellt. „Das hat von Anfang an gut eingeschlagen“, sagt Dietmar Weinmann. Heute freue sich der Verein über eine lebendige Familiengruppe, die mit Veranstaltungen wie „Feuer & Burger“ oder Fackelwanderungen begeistere. „Wir haben schon in den 70ern einen Fokus auf die Jugendarbeit gelegt“, betont Dietmar Weinmann. Laut Ursula Kaspar sind viele Mitglieder von damals heute noch dabei und bringen längst eigene Kinder oder Enkel mit. Der Bonländer Albverein will weg vom altbackenen Image, richtet mitunter echte Bergtouren für fittere Sportfans aus. „Wir sind für jede Altersgruppe“, betont Ursula Kaspar. Die Singgruppe pflege Traditionen, der Arbeitskreis Natur und Umwelt seit den 50er Jahren die für Bonlanden so wichtigen Haberschlai-Heiden. Dietmar Weinmann sagt: „Es wird nicht nur gewandert.“
Mitgliederstärkster Wanderverein Europas
Im Land
Der Schwäbische Albverein (SAV) wurde 1888 gegründet, 1996 erreichte man mit 118 000 Mitgliedern einen Höchststand. Seitdem sind die Zahlen rückläufig. 81 000 Mitglieder sind es aktuell. Dennoch ist der Albverein mit seinen rund 470 Ortsgruppen bis heute der mitgliederstärkste Wanderverein Europas. Die Markierung von Wanderwegen gehört zu seinen wichtigsten Aufgaben, außerdem widmet er sich der Kulturförderung und dem Naturschutz. Die 21 Wanderheime und 28 Aussichtstürme des SAV gehören zur Infrastruktur in Württemberg.
Vor Ort
Die Ortsgruppe Bonlanden begeht ihr 125-Jahr-Jubiläum mit mehreren Veranstaltungen. Am 21. Juni ab 18 Uhr steigt die traditionelle Sonnwendfeier mit Hocketse an der Kelter, am 12. Juli ist das große Sommerfest. Ab 15 Uhr stehen Bingo und Bewirtung, Auftritte der Singgruppe, von Wulf Wager und der Band Aspach-Buam an. Anmeldung per Mail an anmeldung@sav-bonlanden.de. Alle weiteren Infos findet man online auf: www.sav-bonlanden.de