So kennt man sie: Die Fliegenklatsche aus Plastik. Foto: dpa

Die Fliegenklatsche wird 65. Ihr Erfinder Erich Schumm war ein schwäbischer Tüftler – und nicht unumstritten.

Murrhardt - Was genau Erich Schumm zur Erfindung der Fliegenklatsche gebracht hat, wie wir sie heute kennen, ist nicht ganz klar. Doch vor genau 65 Jahren, am 25. Juli 1953, meldete der gebürtige Stuttgarter sein Modell beim Patentamt in München als Gebrauchsmuster an. Neu daran war insbesondere das Material: weicher, elastischer Kunststoff. „Außerdem hatte Schumms Muggabatscher ein Gelenk zwischen dem Stiel und der Fläche“, erklärt Christian Schweizer, der Leiter des Carl-Schweizer-Museums in Murrhardt, das sich mit Natur und Kultur befasst.

Lesen Sie hier: Zehn geniale Erfindungen, die das Leben leichter machen

„Vorzugsweise ist der breitflächige Vorderteil im wesentlichen als Gitter ausgebildet, das beim schnellen Schlagen den Luftdurchtritt ermöglicht“, heißt es in der Patent-Anmeldung. Im Vergleich zu geschlossenen Flächen – etwa einer zusammengerollten Zeitung – gibt es folglich kaum einen Luftzug, der die Insekten vor der nahenden Gefahr warnen könnte. Mit gitterartigen Klatschen hatten bereits Schumms Vorgänger experimentiert – so zum Beispiel im Jahr 1949 der Hamburger Alfred Hoeborn. Für seine Erfindung verwendete er ein „luftdurchlässiges Maschengewebe aus Metall- oder Eisendraht, Textil- oder anderen Stoffen“.

Mehr als 1000 Patente angemeldet

„Ich habe mir allerdings sagen lassen, dass der Luftzug bei einem Plastikgitter geringer ist als bei einem aus Metall und dass Plastik statische Elektrizität, die Insekten wahrnehmen können, nicht leitet. Und dank der Rippen auf der Oberfläche des Gitters gibt es nicht so eine Sauerei, wenn man die Fliege erwischt hat“, beschreibt der Museumsleiter Schweizer die Vorteile dieser Schumm’schen Erfindung, die bei weitem nicht seine einzige war: „Erich Schumm hat über 1000 Patente angemeldet. Vieles davon war aus Plastik.“

1933 gründete der Kaufmann und Werbegrafiker in Stuttgart die Firma Schumm, seine berühmteste Erfindung ist wohl Esbit – Erich Schumms Brennstoff in Tablettenform. Die kleinen Würfel kamen während des Krieges vor allem bei der Wehrmacht zum Einsatz, später wurden sie dann in der Freizeit, etwa beim Camping, verwendet. Auf den Erfinder gehen überdies die Urform des Hörbuchs, „Schumms sprechende Bücher“, sowie Textilhandtücher auf einer Rolle zurück, wie man sie heute noch häufig in Toiletten öffentlicher Einrichtungen findet.

Als Schumms Firmengebäude in Stuttgart 1943 bei einem Luftangriff zerstört wurde, übersiedelte er mit seinem Unternehmen nach Murrhardt. Dort, so heißt es in einem Zeitungsbericht aus dem Jahr 2013, sollen Zwangsarbeiter dazu gebracht worden sein, unter schlimmen Bedingungen Esbit herzustellen. Im Entnazifizierungsverfahren nach dem Krieg sei der Fabrikant zunächst als „Nutznießer“ eingestuft worden. Zu den Vorwürfen kann Christian Schweizer nichts sagen, weil es dazu noch kein abschließendes Ergebnis gebe. „Die Vita Schumm ist nicht wissenschaftlich aufgearbeitet, es gibt bislang nur ein bruchstückhaftes Bild“, erklärt er. Schumm sei jedoch aus der NSDAP ausgeschlossen worden, weil er einen Juden gelobt habe.

Verspielter Erfinder

„Nach dem Krieg hat er sehr vielen Leuten Arbeit gegeben“, sagt Schweizer. Seine Produkte – in erster Linie Haushaltsgegenstände aus Kunststoff – habe er vor allem für den kleinen Hausstand und den kleinen Geldbeutel entwickelt, mit dem Ziel, insbesondere den Frauen das Leben leichter zu machen. „Die Frauen in seinem Umfeld nahmen viel Einfluss auf die Produkte“, berichtet der Museumsleiter über den Murrhardter Ehrenbürger.

Schumm sei ein sehr strenger, erfolgsorientierter Unternehmer gewesen, menschlich teils hart, gar ungerecht zu seinen Mitarbeitern. Andererseits war er verspielt, was für seine Erfindungen von Vorteil gewesen sein dürfte. Insbesondere nach Kriegsende engagierte er sich sozial, spendete an Vereine und Projekte und gründete in Murrhardt den Club der Alten, eine Seniorentagesstätte. „Erich Schumm war eine sehr ambivalente Persönlichkeit – er passt in keine Schublade“, resümiert Christian Schweizer.