Auch nach neun Jahren noch ein Rohbau: Der Schwabenlandtower in Fellbach sorgt für Schlagzeilen. Foto: Andreas Rosar Fotoagentur-Stuttg

Nach einem Gerichtsurteil in London kann der kriselnde Immobilienkonzern Adler Group sich neu aufstellen – und mehrere hundert Millionen neuer Schulden machen. Verbunden ist die Schrumpfkur mit der Trennung von Großprojekten wie dem Fellbacher 107-Meter-Hochhaus.

Dass sich die Adler Group von der seit neun Jahren vor sich hin dümpelnden Rohbau-Ruine des Schwabenlandtowers trennen will, ist seit Wochen bekannt. Im Februar hatte in Fellbach die Nachricht für Aufsehen gesorgt, dass sich der Immobilienkonzern auf die Suche nach einem zahlungskräftigen Abnehmer für das 107 Meter hohe Luxus-Hochhaus macht – und sich die Hoffnungen der Fellbacher auf eine noch wenigstens einigermaßen zeitnahe Fertigstellung einmal mehr zerschlagen haben.

Jetzt hat ein Sprecher des in finanzielle Schieflage geratenen Unternehmens dem SWR auf Nachfrage bestätigt, dass die Verkaufspläne mehr als nur eine vage Absichtserklärung sind. Der Schwabenlandtower wird verkauft, der traurigen Baugeschichte des einstmals als dritthöchstes Wohnhaus der Republik gefeierten Pleite-Immobilie ein weiteres Kapitel hinzugefügt. Bereits in den nächsten zwei Wochen will der in Luxemburg sitzende Konzern mit dem Abstoßen unvollendeter Großprojekte beginnen.

Ein Gerichtsurteil macht das Abspeckprogramm erst möglich

Möglich macht das Abspeckprogramm ein Gerichtsurteil. In London hatte der High Court am Mittwoch einem sogenannten Restrukturierungsverfahren für den kriselnden Konzern zugestimmt. Trotz des Widerstands von einer Reihe um ihr investiertes Geld fürchtenden Gläubigern, die nun weitere Rechtsmittel prüfen wollen, erhält der Immobilienkonzern durch den Beschluss nicht nur die Chance, die Zurückzahlung fälliger Anleihen zeitlich etwa zu strecken. Enthalten ist im Paket für den Schrumpfkurs auch die Erlaubnis, mehrere hundert Millionen Euro neue Schulden zu machen, um kleinere Projekte zu vollenden. Aufgelegt wurde das Programm zur Firmenrestrukturierung in der Coronapandemie, um Unternehmen mit finanzieller Schlagseite eine Sanierung zu ermöglichen, ohne in die Insolvenz zu müssen. „Mit dem positiven Gerichtsentscheid können wir nun endlich unseren Restrukturierungsplan umsetzen“, frohlockte Stefan Kirsten, der Verwaltungsratschef der Adler Group, diese Woche in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur Reuters.

Wann es für welche Bauprojekte auch einen Verkaufstermin gibt, ist freilich kaum abzuschätzen – ebenso wie die Frage, mit welchem Wertverlust die Adler Group die fraglichen Immobilien auf den Markt werfen wird. Konzentrieren will sich der Konzern auf sein Kerngeschäft mit Bestandsimmobilien vor allem in Berlin. Mit bundesweit etwa 27 000 Wohnungen zählt die Adler Group zu den großen Wohnungsunternehmen in Deutschland. Sie ist – über eine Tochterfirma – unter anderem auch Eigentümerin des Eiermann-Campus in Stuttgart-Vaihingen.

Die Fertigstellung bereits begonnener Vorhaben spielt in den Plänen offenbar aber nur eine untergeordnete Rolle. Für die Rohbauruine des Schwabenlandtowers bedeutet das, dass sich bereits der dritte Investor an der Vollendung des markanten Hochhauses verhoben hat – und die Bauarbeiten einmal mehr stocken. Auch für das Eiermann-Areal, dem zweiten großen Projekt der Adler Group in der Region Stuttgart, ist die Frage nach einem Besitzerwechsel bisher ungeklärt.

Auch beim Eiermann-Areal ist die Frage nach einem Besitzerwechsel ungeklärt

Die Arbeit an einem Bebauungsplan für das Quartier am Rand des Stuttgarter Stadtteils Vaihingen ruht. Gedacht ist daran, aus dem bis Ende 2009 von der IBM genutzten Bürokomplex durch eine denkmalgerechte Sanierung ein innovatives und ökologisch nachhaltiges Stadtviertel zu machen. Noch im Februar hatte eine Sprecherin der Adler Group erklärt, dass der Immobilienkonzern das Projekt „erfolgreich zu Ende führen“ will. Für die Entwicklung des Areals werde eine mögliche Zusammenarbeit mit strategischen Partnern geprüft.