Die Falkenfamilie am Fellbacher Schwabenlandtower ist komplett: Am Freitagmorgen schlüpfte Küken Nummer 4. Was die nächsten Tage bringen – und warum der erste Flug ein magischer Moment wird.
Die Kinderstube in luftiger Höhe ist jetzt voll: Punkt 9.40 Uhr am Freitagmorgen schlüpfte das vierte Küken im Nistkasten auf dem Fellbacher Schwabenlandtower. Wie der Naturschutzbund (Nabu) Fellbach mitteilt, ist das Quartett aus der Partnerschaft von Wanderfalkenpaar Alvar und Alizée damit komplett. Ab jetzt heißt es: füttern, wärmen, wachsen – und zuschauen. Denn wer will, kann das Schauspiel live mitverfolgen – im Internet, mit bester Aussicht auf das Falkennest.
Die Webcams auf dem 107 Meter hohen Turm sind längst zur digitalen Krippe geworden, an der sich täglich Hunderte Naturfreunde versammeln. Wie durch ein Schlüsselloch blickt die Online-Gemeinde in das karge Nest – ein muldenartiger Kiesplatz, in dem das Wunder der Natur derzeit besonders eng zusammenrückt.
Fellbachs höchste Familie in der Rushhour des Lebens
Die kommenden Wochen versprechen Spannung, Nestwärme und Schnabelarbeit: Die Küken werden mit jedem Tag hungriger, ihre piepsenden Rufe lauter. Alvar jagt, Alizée füttert – beide liefern im Akkord. Und wenn alles gut geht, werden die vier kleinen Federbällchen bald neugierig das Dach des Towers erkunden, bevor sie sich wagemutig in die Lüfte stürzen.
„Ein ganz besonderer Moment, wenn der erste Flug gelingt“, sagt Friedemann Tewald vom Nabu-Team. Die Fangemeinde weiß: Das ist der Moment, der Gänsehaut macht – auch ohne Federn.
Live aus dem Kiesbett – was man über die Tower-Falken wissen sollte:
- Höhenflug der Tierliebe: Seit 2016 nisten Wanderfalken auf dem Fellbacher Schwabenlandtower – in 107 Metern Höhe.
- Rund um die Uhr online: Zwei Webcams übertragen das Leben im Nest live unter www.falcommunity.de.
- Brut mit System: Gebrütet wird meist erst ab dem dritten Ei. So schlüpfen die ersten Küken fast gleichzeitig.
- Geburtsberechnung per Falkenformel: Das erste Küken kam genau 32 Tage nach dem dritten Ei zur Welt – dank Erfahrungswerten und exakter Beobachtung.
- Digitaler Familienzuwachs: Über 1000 Zugriffe täglich auf der Plattform – von Grundschulen bis zu Rentner:innen schauen alle zu.
Emotionen im Gästebuch – und ein paar Sorgen
Die Kommentare im Gästebuch der „Falcommunity“ gleichen einer digitalen Wohngemeinschaft mit Tierblick: „Nur drei Köpfchen bei der Fütterung gesehen – ist etwas passiert?“, fragt Lilli besorgt. Nabu-Sprecher Tewald beruhigt: „Alle vier Küken sind da. Die ersten Tage sind anstrengend, da kann nicht immer jeder den Kopf heben.“ Auch andere Fragen werden beantwortet: Vier bis fünf Mahlzeiten am Tag sind derzeit normal – per Frischfleisch von Taube oder Star. Und ja, die Kamera war gestern wohl ein bisschen näher dran. „Wir justieren ständig“, schreibt Tewald. Der Grat zwischen Nähe und Nestruhe sei schmal.
Mit der Geburt der Küken schreibt sich ein weiteres Kapitel in die nun neunjährige Geschichte der Tower-Falken. 22 Jungvögel sind in Fellbachs höchstem Stockwerk groß geworden – in einer Etage, in der außer Kies und Kamera nichts bewohnbar scheint. Die Bauruine wurde dank der gefiederten Mieter zum Symbol des Aufbruchs: Hier piepst das Leben, wo sonst nur Beton schweigt.
Die Community ist längst bundesweit. Eine Berliner Grundschulklasse schickte schon selbst gemalte Bilder. Und auch im Gästebuch wimmelt es von Emotionen. „So süß“, schreibt Inge aus Weinstadt. Julian fragt, ob vier Küken viel sind. Die Antwort: „Durchschnittlich – aber wunderbar.“
Wer zählt, der weiß mehr
Und weil die Frage nach der punktgenauen Schlupfvorhersage öfter gestellt wird, liefert der Nabu gleich Nachhilfe: Entscheidend ist nicht der Tag des ersten Eis, sondern der Beginn des Brutverhaltens – also meist ab dem drittgelegten Ei. Von da an sind es ziemlich genau 32 Tage bis zum Schlüpfen. „So konnten wir das Datum des ersten Kükens auf den 8. April vorhersehen – mit einer erstaunlichen Genauigkeit“, erklärt Tewald.
Und dann ist da noch die Frage: Was passiert, wenn der Tower doch fertig wird?
Bis dahin aber gilt: Der Blick nach oben lohnt sich. Wer dem Alltag für ein paar Minuten entkommen will, kann einfach in die Webcam klicken und erleben, wie vier kleine Wesen ihr Nest entdecken. Und ganz nebenbei zeigt sich, was echtes Ehrenamt in luftiger Höhe leisten kann – Tag für Tag, Schnabel für Schnabel.
Live dabei unter: www.falcommunity.de