Moderator Christian Ehring macht sich über den Fellbacher Schwabenlandtower lustig. Foto: Screenshot Extra 3/NDR

Das unvollendete Fellbacher Wohnhochhaus wird in der Fernseh-Satiresendung Extra 3 vor einem TV-Millionen-Publikum gewaltig auf die Schippe genommen – gemeinsam mit dem Elbprojekt in Hamburg.

Das gab’s auch noch nie: Fellbach in einem Atemzug mit Hamburg als Lachnummer der Nation. Hohn und Spott über den Schwabenlandtower vor den Toren Stuttgarts und über die Elphi in Hamburg? Nun, so ganz stimmt das natürlich nicht, denn das Super-Konzertzentrum an der Elbe hat zwar Milliarden gekostet, aber es ist immerhin irgendwann mal fertig geworden und erfüllt als Elbphilharmonie seinen Zweck. Anders als der unvollendete Wolkenkratzer im vorderen Remstal. Allerdings gibt es tatsächlich ein fast noch skandalträchtigeres Vergleichsprojekt in der Hansestadt – nämlich den Elbtower.

 

In einem knapp zehnminütigen Beitrag haben Fernsehredakteure der Sendung Extra 3 kürzlich diese beiden, einst als Vorzeigeobjekte ihrer Erfinder gedachten, aber unvollendeten Wolkenkratzer gewaltig auf den Hebel genommen. Titel des Beitrags: „Deutschlands neue Ruinen: Signa, Scholz & die Milliarden-Märchen.“

„Unfähige Politiker, korrupte Investoren“

„Was gibt es Schöneres, als in den Urlaub zu fahren und sich berühmte Ruinen anzuschauen“, leitet Moderator Christian Ehring den Beitrag für das politische Satiremagazin ein. Also das Kolosseum in Rom oder die Akropolis in Athen. Doch während diese Wahrzeichen ihrer Städte tatsächlich irgendwann einmal intakt waren, sind nach Ehrings Worten der Schwabenlandtower und der Elbtower „durch unfähige Politiker und korrupte Investoren zu Ruinen geworden“. Zudem stelle sich ja heraus: „Die sind weitaus destruktiver als die Zeit.“

Konkret wendet sich der Beitrag dann zunächst der „Riesenbaustelle in Fellbach“ zu, „auf der seit acht Jahren nichts mehr weiter geht“. Der Schwabenlandtower sollte längst fertig sein – doch was ist er jetzt? Die NDR-Macher spielen hierzu Schnipsel ein, die von den Kollegen des SWR bereits erstellt wurden und den interessierten hiesigen TV-Zuschauern schon bekannt sind. „Im Schwabenlandtower lässt es sich gut leben – zumindest für das Falkenpaar Alvar und Alizee“, heißt es im Film der Stuttgarter Redakteure. Ehrings anschließender Kommentar dazu: „Es ist also der höchste Nistkasten Deutschlands.“ Seine Einschätzung: „Der Turm wurde nicht fertig, weil gleich zwei Immobiliengesellschaften pleite gegangen sind.“ Den „tieferen Grund“ für diese Misere, so Ehring, „weiß dieser schwäbische Immobilienexperte“. Zu sehen ist ein Mann vor der Towerruine, der folgenden Spruch raushaut: „ Da wollten wohl ein paar Kommunalpolitiker groß rauskommen, nach dem Motto: Wir sind die Größten, wir haben den Längsten! Und das ischt granatenmäßig schiefgegangen“. Ein Riesenbrüller, der vom Publikum im TV-Studio mit lautem Gelächter quittiert wird. Dialekt zieht immer.

Politiker-Pech: Fellbachs Turm als Witz der Nation

Kenner der Fellbacher Szenerie wissen natürlich, dass es sich bei dem Interviewten nicht um irgendeinen Schwaben handelt, sondern um den langjährigen SPD-Fraktionsvorsitzenden im Fellbacher Gemeinderat wie im Stuttgarter Regionalparlament, Harald Raß. Im Beitrag ist sein Name allerdings nicht eingeblendet. Ein idealer Gesprächspartner ist er gleichwohl, denn Raß gehörte zu den Mitbegründern der einstigen Bürgerinitiative „Fellbach ist nicht Manhattan“, die den Wolkenkratzer im Osten der Kernstadt verhindern wollte.

„Das hat der Olaf Scholz gut gemacht“

Ehring schwenkt dann vom Süden bis weit in den Norden – zum Elbtower, den der damalige Hamburger Bürgermeister Olaf Scholz schwer forciert hat. Dies zeigt ein Fernsehausschnitt vergangener Tage, als der SPD-Politiker, der damals noch nicht mit der späteren Kanzlerschaft rechnen konnte, sich selbst lobt: „Ich möchte, dass die Hamburger mal sagen, das hat der Olaf Scholz gut gemacht, und nicht sagen: Guck mal!“

Der Elbtower in Hamburg (Aufnahme vom November 2023) Foto: Imago//Markus Matzel

Der Bürgermeister schwärmt: „Das wird ein selbstbewusstes, elegantes und schönes Haus und passt in seiner klassischen Haltung zu Hamburg.“ Das kommt Beobachtern im Remstal vertraut vor. Ähnlich klang es einst auch in Fellbach: Dort wurde der damals noch Gewa-Tower genannte Wohnturm vom Architekten als „schöner, schlanker Bleistift“ angepriesen.

Doch Scholz, so Ehring, habe sich von der Signa Holding des Österreichers René Benko „um den Finger wickeln lassen“. Das vorgesehene Schneeballsystem in diesem „verworrenen Imperium“ ließ sich irgendwann nicht mehr weiterdrehen.

Gut zwei Millionen TV-Zuschauer vor dem Bildschirm

Nun, somit sind bundesweit mehr als zwei Millionen Menschen vor dem Bildschirm aufgeklärt worden – der Marktanteil allein im Ersten kommt in der Regel auf fast elf Prozent, dazu gibt’s kurz danach noch die Wiederholung im NDR. Zu sehen ist die Sendung in der ARD-Mediathek.

Der imposante Hamburger Wolkenkratzer (245 Meter, 64 Etagen) und das nicht ganz so imposante Wolkenkratzerle in Fellbach (34 Stockwerke, 107 Meter Höhe) – mal sehen, ob sie als „ewig Unvollendete“ in die Geschichte eingehen werden.