Die Küken sind niedlich. Doch wenn sie groß sind, machen sie viel Dreck. Foto: dpa

Auf der Schwabengalerie lebt seit einiger Zeit ein Muttertier mit seinem Nachwuchs. Was am Anfang niedlich anzusehen war, wird nun zum Problem. Denn das Federvieh macht Dreck, kommt aber allein nicht von dem Flachdach runter. Wieso eigentlich?

Vaihingen - Das Badewasser wie in Loriots berühmten Sketch müssen die Kunden des Fitnessstudios Physics nicht teilen, wohl aber die Sonnenterrasse. Allerdings nicht mit einem gelben Quietsche-Entchen, sondern mit einer echten Entenfamilie. Vor einigen Monaten hat das Muttertier das begrünte Flachdach der Schwabengalerie als seinen Brutplatz auserkoren. Einige Wochen später schlüpften die Jungtiere. Am Anfang hätten die meisten Kunden des Fitnessstudios die Küken nett gefunden, sagt der Physics-Geschäftsführer Dietmar Ballier. Auch die Trainer und die Mitarbeiter der anderen Unternehmen, deren Büros einen Zugang zu dem begrünten Flachdach haben, fanden wohl ganz überwiegend Gefallen an den Tieren. Fakt ist, dass die kleinen Enten von ihnen Futter bekamen. Und bis heute steht sogar ein mit Wasser gefülltes Kinderplanschbecken auf der Schwabengalerie, damit die Kleinen baden gehen können.

Mittlerweile sind die Enten aber gar nicht mehr so klein. Und mittlerweile finden auch nicht mehr alle Kunden des Fitnessstudios die Tiere so possierlich. Ohnehin bekommen sie das Federvieh nur noch selten zu Gesicht, denn die Tiere verstecken sich in den niedrigen Hecken und hohen Bambuspflanzen. Nicht zu übersehen sind allerdings die Hinterlassenschaften der Entenfamilie. Immer wieder sind die Holzpaneele am Boden, die Tische und Stühle und die Liegen im Ruhebereich verschmutzt. Ballier und sein Team müssen mehrmals am Tag den Dreck entfernen. Die Utensilien dazu stehen auf der Dachterrasse bereit. Diese immer wieder wegzuräumen, lohnt gar nicht mehr.

Die Tiere sitzen buchstäblich in der Falle

Dietmar Ballier würde das Federvieh gern loswerden. Im Fitnessstudio sei man sich mittlerweile einig, dass man den Tieren den Aufenthalt auf der Terrasse nicht noch zusätzlich attraktiv machen sollte, indem man sie zum Beispiel füttere. Und Ballier hat die Terrasse mit einem etwa 30 Zentimeter hohen Maschendraht umzäunt, in der Hoffnung, die Enten so von seinem Teil des begrünten Flachdachs fernhalten zu können. Das funktioniert aber nur bedingt. Denn die jungen Enten können zwar nicht richtig fliegen, wohl aber einen halben Meter hoch flattern.

Um das Dach des Einkaufszentrums zu verlassen, reicht das Flugvermögen der Jungenten aber nicht. Und so sitzen die Tiere buchstäblich in der Falle. Ballier hat darum schon vor Wochen Kontakt mit dem Tiernotdienst der Stadt Stuttgart aufgenommen. Die Mitarbeiter kamen mehrfach und versuchten das Muttertier einzufangen. „Das Gelände ist aber weitläufig, und das Muttertier ist immer wieder weggeflattert“, sagt Martin Thronberens. Der Pressesprecher der Stadt Stuttgart ergänzt: „Wir hätten zu drastischeren Methoden greifen müssen, die das Muttertier vielleicht nicht überlebt hätte.“ Das habe man unter allen Umständen vermeiden wollen. Der Tod der Mutter wäre auch das Ende für den Nachwuchs gegeben. Denn allein können die Jungtiere noch nicht überleben.

„Wir wollen jetzt abwarten, bis die kleinen Enten auch ohne ihre Mutter zurecht kommen und dann noch einmal versuchen, sie einzufangen“, sagt Thronberens. Dahinter steht freilich die Hoffnung, dass die Mitarbeiter des Tiernotdienstes bei den jungen Enten leichteres Spiel haben als bei dem erfahrenen Muttertier. „Es ist ja nicht das erste Mal, dass die Kollegen so etwas machen“, fügt Thronberens an. Er versichert, dass die Stadtverwaltung die Tiere auf dem Dach der Galerie nicht vergessen habe. „Wir müssen aber abwägen zwischen dem Wohl der Tiere und den Interessen der Mieter der Schwabengalerie.“

Wohin mit den hoffentlich bald geretteten Enten?

Das sieht Dietmar Ballier genauso. Er will nicht, dass die Tiere qualvoll verenden. Darum hat er auch in gewisser Weise Verständnis für die Leute, die die Enten füttern. Denn ob die Tiere überhaupt noch fähig wären, sich selbst zu versorgen – mit oder ohne Mutter – sei fraglich. Denn sie haben sich an den Menschen und die bequeme Versorgungslage gewöhnt. Doch das Dach der Schwabengalerie sei sicher nicht das richtige Zuhause für die Entenfamilie. Darum hofft der Geschäftsführer nach wie vor auf den Tiernotdienst der Stadt. „Auch wenn ich mich frage, wo die gefangenen Enten dann hinkommen sollen. Denn in freier Natur können sie wahrscheinlich nicht überleben.“

Es ist übrigens nicht das erste Mal, dass eine Ente auf dem Flachdach gebrütet hat. Im vergangenen Jahr hatte ein Muttertier schon einmal versucht, dort seinen Nachwuchs aufzuziehen. Damals ging die Sache für die Jungtiere aber nicht gut aus. Was zu tun ist, damit die Enten künftig fortbleiben, darüber will Ballier nun mit dem Centermanagement der Galerie reden.