Im Nationalpark Schwarzwald herrscht nicht nur Idylle. Foto: Kolb/Nationalpark Schwarzwald

Die Landesregierung lehnt es bisher ab, die beiden Teile des Nationalparks Schwarzwald zusammenzuführen. Gerhard Goll, der Vorsitzende des Nationalparkbeirats, wirbt weiter dafür, diesen „Geburtsfehler“ zu beheben. Doch wie stehen die Aussichten?

Stuttgart - Die zum Teil hitzige Debatte um eine baldige Verbindung die beiden bisher getrennten Teile des Nationalparks Schwarzwald geht weiter. Gerhard Goll, ehemaliger EnBW-Chef und heute der Vorsitzende des Nationalparkbeirats, wirbt erneut für einen „ökonomisch und ökologisch sinnvollen Lückenschluss“ zwischen den Park-Hälften. Goll – in den Beirat einst entsandt vom Landesverband des Deutschen Alpenvereins, dem er angehört – geht es dabei nicht um eine Vergrößerung: „Ich habe eher den Eindruck, dass man aus Sorge um befürchtete neue örtliche Befindlichkeiten davor zurückschreckt, leidenschaftslos Gespräche einzuleiten“, sagt er – und plädiert nun dafür „den Rest der Legislaturperiode dafür zu nutzen“. Er ist sich sicher, dass das Thema Lückenschluss „eine Renaissance erfahren muss und wird“.

Das Waldstück für den Lückenschluss ist 60 Millionen Euro wert

Der Park, der den einstigen Baden-Badener Stadtwald mit der Badener Höhe und dem Gebiet Hoher Ochsenkopf und das südlich gelegene Baiersbronner Areal rund um den Ruhestein und die Flussläufe Schönmünz und Tonbachtal umfasst, ist wohl eher aus der Not heraus in zwei Teilen gegründet worden. Der Wald hatte die gesetzlich geforderte Mindestgröße von 10 000 Hektar und war im Besitz der öffentlichen Hand. Goll hält das Konstrukt daher für einen „Geburtsfehler“, der nun korrigiert werden müsse. „Die Zweiteilung war von Anfang an kleinkariert und ein Murks“, schrieb er kürzlich dem Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (Grüne). Das Thema ließ das CDU-Mitglied Goll zuvor im Beirat beraten. Mit der Verabschiedung des Nationalparkplans sei der Zeitpunkt günstig, wieder über die Verbindung der Parkteile zu reden. Und der Aufwand dafür sei nicht mehr so groß wie zur Gründungszeit im Jahr 2014. Das bewirtschaftete Waldstück, das ihn ermöglichen könnte, umfasst 2900 Hektar und hat einen Schätzwert von 60 Millionen Euro.

Goll: Die Bevölkerung hat den Park angenommen

Zum Ziel „Qualität“, von der Andre Baumann, Staatssekretär im Umweltministerium, bei der Verabschiedung des Nationalparkplans im Oktober sprach, gehöre zwingend die Verbindung der Gebietsteile, sagt Goll. Aus fachlicher Sicht bleibe das Thema damit weiter auf der Tagesordnung – doch der Zeitpunkt der Umsetzung offen. „Der Nationalpark wird in der überwiegenden Zahl der Bevölkerung als tolle Sache angenommen“, so Goll. Selbst im „einstigen Widerstandsnest“ Baiersbronn.

Auch der Freundeskreis Nationalpark Schwarzwald, nach eigenen Angaben mit 900 Mitgliedern der „größte Förderkreis eines deutschen Nationalparks“, ist für den Lückenschluss. „Er hat vor jeder sonstigen Erweiterung Vorrang“, teilen die drei Unterzeichner des Freundeskreises – aus Bad Wildbad, Gaggenau und aus Forbach – dem Ministerpräsidenten per Post mit. Sie begründen den Lückenschluss auch ökologisch, so könnten sich bedrohte Arten innerhalb geschützter Flächen ausbreiten.

Das entscheidende Gremium ist der Nationalparkrat

Der Nationalparkbeirat, dem Goll vorsteht, hat indes lediglich eine beratende Funktion. Das Gremium, das über die Geschicke des Parks entscheidet, ist der Nationalparkrat mit seinen 24 Mitgliedern. Dazu gehören Vertreter des Umweltministeriums wie der Minister Franz Untersteller (Grüne) und sein Staatssekretär Baumann, aber auch Vertreter der umliegenden Gemeinden und Landkreise. Der Vorsitzende dieser Runde hält die Diskussion jedoch für unnötig. „Das ist kontraproduktiv“, sagt Klaus Michael Rückert (CDU), der als Freudenstädter Landrat dem Nationalpark-Rat vorsitzt.

„Wir sind gerade dabei, den Nationalpark zu konsolidieren.“ Das Parkteam müsse sich das Vertrauen der Bevölkerung erwerben. Schließlich sei bei der Diskussion über die Gründung des Parks eben genau befürchtet worden, dass in den Schubladen des Umweltministeriums insgeheim Pläne für eine Parkerweiterung schlummerten. „Da können wir nicht jetzt schon nach wenigen Jahren dieses Fass wieder aufmachen.“ Die Zweiteilung sei „eine gewisse Herausforderung“, so Rückert, aber eine, die leistbar sei. Jetzt müsse man erst mal „die Bevölkerung noch mehr begeistern“ für den Park. Dafür werde auch das Besucherzentrum, das im Sommer 2020 eröffnet werden soll, einen Beitrag leisten. „Ob man in Jahrzehnten über eine Erweiterung diskutieren will, das entscheiden die dann Zuständigen.“ Jetzt aber käme die Debatte zur Unzeit.

Auch die Grünen bremsen

In der Landesregierung gibt es vor allem in der CDU Vorbehalte. Aber auch die Grünen bremsen. Der Staatssekretär Baumann, hatte sich gegen „Forderungen nach einer Vergrößerung“ des Parks ausgesprochen. Es gehe jetzt um „eine Entwicklung des Nationalparks, nicht um Wachstum“. Dass Umweltminister Untersteller vor kurzem die Erweiterung als „absolut wünschenswert“ bezeichnet habe, sei aber kein Widerspruch, betont Frank Lorho, der Sprecher des Ministeriums. Es gebe keinen internen Dissens. Vielmehr seien Minister wie Staatssekretär im Grundsatz für eine Verbindung der Parkteile – aber nicht jetzt. Die Umsetzung des Nationalparkkonzepts und die Fertigstellung des Nationalparkzentrums hätten Priorität. Irgendwann aber könnte das Thema wieder auf den Tisch kommen – vielleicht.

Infos zum Nationalpark Schwarzwald

Der Nationalpark: Am 1. Januar 2014 wurde der Nationalpark Schwarzwald gegründet und vier Monate später eröffnet. Er umfasst gute 10 000 Hektar und besteht aus zwei voneinander getrennten Einzelbereichen.

Die Gremien:
Die Parkverwaltung ist dem Umweltministerium zugeordnet. Wichtige Entscheidungen werden mit dem Nationalparkrat getroffen, in dem unter anderem Umweltminister Franz Untersteller sowie Vertreter aller an den Park grenzenden Kreise sitzen. Bei Fachfragen steht ihm der Nationalparkbeirat zur Seite, der sich aus Verbänden und Interessensgruppen aus Naturschutz, Kirchen und Tourismus zusammensetzt.

Der Nationalparkplan:
Für das Gebiet des Parks ist spätestens bis Ende 2018 ein Nationalparkplan zu beschließen. Darüber entschied der Nationalparkrat in seiner Sitzung am 15. Oktober. Die vorgelegte Fassung umfasst zwölf Bausteine, die vom Artenschutz über Erholung und Forschung bis hin zu Konzepten für Wildnisbildung, Tourismus und Verkehr reichen.

Der Beiratsvorsitzende
: Gerhard Goll, geboren 1942, ist Jurist und war in diversen Landesministerien tätig. 1980 wurde er Geschäftsführer der CDU-Fraktion im Landtag. 1982 wechselte er in die Wirtschaft und wurde 1997 Vorstandsvorsitzender der Energie Baden-Württemberg AG (EnBW). Ehrenamtlich ist Goll unter anderem beim Deutschen Alpenverein aktiv, der ihn in den Nationalparkbeirat entsandt hat.