Das war bei einer Marinemission gegen Piraterie am Horn von Afrika. Jetzt sind deutsche Schiffe für die Golfregion angefragt. Foto: dpa

Unter dem neuen Premier Johnson rückt Großbritannien von einer europäischen Seeschutzmission in der Straße von Hormus ab. Stattdessen will die Regierung in London auch die USA beteiligen. Das stößt in der großen Koalition auf massive Bedenken.

Berlin - Zwischen Deutschland und den USA bahnt sich ein Konflikt um die Beteiligung der Bundeswehr an einer Mission zum Schutz der Schifffahrtswege vor der iranischen Küste an. Die Regierung in Washington forderte die Bundesregierung am Dienstag öffentlich auf, einen solchen Einsatz unter US-Beteiligung zu unterstützen. „Wir haben Deutschland förmlich gefragt, zusammen mit Frankreich und Großbritannien bei der Sicherung der Straße von Hormus mitzuhelfen und iranische Aggression zu bekämpfen“, teilte eine Sprecherin der US-Botschaft in Berlin mit. „Mitglieder der Bundesregierung haben klar gesagt, dass die Freiheit der Seefahrt geschützt werden sollte. Unsere Frage ist, von wem?“

Während die Bundesregierung in den vergangenen Tagen eine deutsche Beteiligung an einer europäischen Mission zum Schutz von Handelsschiffen in der Straße von Hormus nicht ausgeschlossen hatte, steht sie einem solchen Einsatz unter Beteiligung der USA äußerst skeptisch gegenüber. Die Priorität müsse auf Deeskalation und diplomatischen Bemühungen liegen, verlautete am Dienstag aus dem Auswärtigen Amt. „Dazu sind wir mit Frankreich und Großbritannien in enger Abstimmung. Eine Beteiligung an der amerikanischen Strategie des maximalen Drucks kommt für uns nicht in Frage.“ Angesichts der aufgeheizten Lage in der Region wird in der Bundesregierung befürchtet, dass US-Kriegsschiffe in der Straße von Hormus die Spannungen noch verschärfen.

Deutschland hat „keinen Beitrag in Aussicht gestellt“

Die USA wollen zum Schutz der Schifffahrt in der Konfliktregion die „Operation Sentinel“ („Wache“) auf die Beine stellen. Die Anfrage Washingtons nach einer Beteiligung ist der Bundesregierung bereits seit einigen Tagen bekannt. Durch die öffentliche Erklärung ihrer Botschaft in Berlin erhöhten die USA nun den Druck auf die Bundesregierung, sich an dem Einsatz zu beteiligen. „Die USA haben vor kurzem eine Reihe von Verbündeten, auch Deutschland, ihr Konzept für eine Seeraumüberwachungsmission am Persischen Golf vorgestellt und um Beiträge gebeten“, hieß es dazu aus dem Auswärtigen Amt. „Die Bundesregierung hat dies zur Kenntnis genommen, aber keinen Beitrag in Aussicht gestellt.“ Außenminister Heiko Maas (SPD) informierte bereits am vergangenen Mittwoch in einer Sondersitzung des Auswärtigen Ausschusses des Bundestags die Abgeordneten über die Anfrage und die ablehnende Haltung der Bundesregierung.

„Dabei muss es auch bleiben“, sagte der außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Nils Schmid, unserer Zeitung. In der großen Koalition lehnt besonders die SPD eine deutsche Beteiligung an einem solchen Einsatz strikt ab. „Denn sonst besteht die Gefahr, an der Seite der USA in einen Krieg zu geraten“, sagte Schmid. Bedenken gibt es jedoch auch in der Union. „Eine gemeinsame Mission mit den USA kann es aktuell nicht geben, da die Europäer eine grundlegend andere Politik gegenüber Iran vertreten“, sagte der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen dem „Tagesspiegel“.

Mit Johnson bekam die Front der Europäer Risse

Deutschland, Frankreich und Großbritannien demonstrierten in der Iran-Politik zuletzt Geschlossenheit. Damit wollen sie zwischen den USA und Iran vermitteln und das Atomabkommen retten. Nach der Festsetzung eines britischen Tankers durch den Iran in der Straße von Hormus schlug die britische Regierung daher einen rein europäischen Einsatz zum Schutz von Handelsschiffen vor. Mit dem Amtsantritt des neuen britischen Premiers Boris Johnson bekam die Front der Europäer jedoch Risse. Unter ihm orientierte sich Großbritannien in der Frage der Seeschutzmission in Richtung Washington und sprach sich dafür aus, die USA an einer solchen Mission zu beteiligen. Nach Einschätzung der Bundesregierung ist dies besonders dem Wunsch geschuldet, schnell einen Einsatz auf den Weg zu bringen. Durch die Umkehr Großbritanniens sei die Option einer europäischen Mission aber absehbar vom Tisch.