Förster Jürgen Sistermans-Wehmeyer und Ramona Sailer von Forst BW diskutieren über den Wald der Zukunft und die anstehenden Herausforderungen. Foto: /Katja Eisenhardt

Forst BW pflanzt auf dem Schurwald Bäume nach, die besser mit Trockenheit und Hitze auskommen sollen. Mehr heimische Arten bereichern den Lebensraum für Tiere und Pflanzen.

Die Zeit drängt. Weil es auch auf dem Schurwald immer heißer und trockener ist, muss der Wald an den Klimawandel angepasst werden. Bis 2050 soll der Schurwald hitzeresistenter werden, das hat sich der landeseigene Betrieb Forst BW auf die Fahnen geschrieben. Im Fokus stehen die Buchenwälder und die Fichtenbestände, die besonders unter der Klimakrise leiden.

40 000 Bäume pro Jahr werden gepflanzt

Pro Jahr werden 40 000 junge Bäume gepflanzt, damit auch künftige Generationen auf dem Höhenzug zwischen dem Kernen im Westen und den Schurwald-Ausläufern im Osten bei Wäschenbeuren (Kreis Göppingen) noch durch Wälder spazieren können. „Eigentlich müssten wir jedes Jahr sogar 80 000 bis 100 000 Bäume pflanzen“, so viele Setzlinge seien aber gar nicht zu bekommen und auch nicht das Personal, um die jungen Bäume in den Boden zu bekommen, erklärt Jürgen Sistermans-Wehmeyer, der im Forstbezirk Schurwald für Waldnaturschutz, Öffentlichkeitsarbeit, Waldpädagogik und Zertifizierung zuständig ist. Und er fährt fort, erst dann sei sichergestellt, dass „wir 2050 ausreichend klimaresistente Arten haben“.

Das Jahr 2050 haben die Forstleute fest im Blick, da die Experten der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt (FVA) Baden-Württemberg ihre Prognosen auf dieses Datum hin ausgerichtet haben. Seit 2020 wird dieses ehrgeizige Pflanzziel im Forstbezirk Schurwald verfolgt.

Die natürliche Vermehrung braucht Zeit

Neben den Pflanzungen setzen die Forstleute auch auf die Naturverjüngung, also die Vermehrung über Samen der bestehenden Bäume. Dazu werden große Samenbäume herangezüchtet, die von ihrem Standort aus den Waldboden mit neuem Samen versorgen. Aber diese Vermehrung braucht Zeit. Eine Eiche trägt beispielsweise frühestens nach zwanzig Jahren das erste Mal Früchte, die für die Vermehrung gebraucht werden. Für die Natur sei der Faktor Zeit nicht so entscheidend, sie dürfte den Waldumbau auch alleine schaffen. Da dies aber viele Hundert Jahre dauern könnte, müsse man jetzt aktiv werden, wenn die Gesellschaft auch künftig einen bewaldeten Schurwald wünsche, meint Sistermans-Wehmeyer.

Besonders wertvoll sind die Eicheln der Traubeneiche. Die wärmeliebende Baumart soll auf dem Schurwald stärker vermehrt werden, da sie dank ihrer starken Pfahlwurzeln auch längere Trockenheitsperioden übersteht. Forst BW fördert bei der Traubeneiche die Vermehrung auch über die Saatgutvermehrung in der Staatsklenge Nagold, die Saatgut aus den Staatswaldrevieren Baltmannsweiler und Lichtenwald in ihrer Pflanzschule verwendet.

Extremsommer werden künftig normal sein

Beim Waldumbau auf dem Schurwald konzentrieren sich die Fachleute auf die Höhenlage von 300 bis 350 Meter, weil es dort vor allem an den Südhängen erfahrungsgemäß trockener und heißer ist als weiter oben. Sistermans-Wehmeyer: „In den vergangenen fünf Jahren hatten wir vier extreme Jahre mit Ausnahme von 2021.“ Für den Forstfachmann steht fest, dass diese Extremsommer künftig die Normalsommer sein werden, das legten die Prognosen von Klimaforschern nahe, auf die sich Forst BW beruft.

Der Blick auf die ersten Pflanzungen zeige, dass nicht alle Jungbäume eine Chance haben. Inzwischen pflanze man deshalb kleinere Setzlinge, die auch mit weniger Feuchte im Boden klarkommen. Von den in diesem Jahr gepflanzten Eichen hätten bisher immerhin 80 Prozent überlebt, das sei eine gute Quote. Auch der Standort spielt nach Sistermans-Wehmeyers Worten eine große Rolle. Das punktuelle Anpflanzen im Wald sei besser als großflächige Aufforstungen, die häufig von Brombeeren überwuchert würden.

Heimische Arten machen den Wald bunter

Klimaresistent soll der Schurwald auch durch eine größere Artenvielfalt werden. Spitzahorn, Linden, Hainbuche sowie Elsbeere und Eibe machen den Wald bunter und vielfältiger. Diese heimischen Arten sind vor allem auch für die Natura-2000-Gebiete auf dem Schurwald vorgesehen. Wo die ökologischen Regeln nicht so streng sind, möchte Forst BW auch vermehrt Arten anpflanzen, die im Mittelmeerraum verbreitet sind.

Dazu zählen Stein- und Zedereiche, Ungarische Eiche, Pinien, Hopfenbuche, Esskastanien und Walnüsse, zählt Sistermans-Wehmeyer auf. Sie böten heimischen Tier- und Pflanzenarten viel eher einen geeigneten Lebensraum als Baumarten, die, wie die Douglasie beispielsweise, in Nordamerika zu Hause sind.

Der Staatswald im Schurwald wird von Göppingen aus verwaltet

Organisation
Der gesamte Forstbezirk Schurwald, der die Kreise Esslingen, Rems-Murr, Göppingen und Ostalb samt zehn Forstrevieren umfasst, ist rund 15 000 Hektar groß. Hier wird seit der Forstreform 2020 der Staatswald verwaltet. Im Kreis Esslingen befinden sich rund 6500 Hektar in staatlichem Besitz. Verwaltet wird der Forstbezirk Schurwald von Anton Watzek in Göppingen, dem früheren Leiter des Esslinger Kreisforstamtes. Der Kommunal- und Körperschaftswald macht mit 10 500 Hektar den größten Anteil im Kreis Esslingen aus, dazu kommen weitere 2500 Hektar Wald im Besitz von Privatleuten.

Nachschub
Als Teil von Forst BW beliefert die Staatsklenge Nagold Baumschulen im Bundesgebiet mit hochwertigem Saatgut. In Nagold werden Samen und Zapfen von 30 Baumarten aufbereitet und eingelagert. In der dortigen Pflanzschule werden pro Jahr bis zu 100 000 Pflanzen für den Staatswald herangezogen.