Juliana (rechts) und Olivia fahren jeden Tag mit ihren Rollern zur Schule und zurück. Ihre Eltern begleiten sie. Foto: Lichtgut/Zophia Ewska

Wie sicher sind die Schulwege? Das wollen wir von Eltern in Stuttgart wissen und starten dazu eine Mitmachaktion, bei der Sie Gefahrenstellen melden können. Zum Auftakt erzählt eine Familie aus Möhringen, was sie tagtäglich im Straßenverkehr erlebt und wo sie Handlungsbedarf sieht.

Nachmittags kurz vor 16 Uhr ist einiges los vor der Riedseeschule. An der Ecke Vaihinger Straße/Holdermannstraße in Möhringen stehen viele Eltern, um ihre Kinder abzuholen. Manche lehnen an ihrem Auto und schauen aufs Handy, andere unterhalten sich.

Auch Eyck Halbritter ist darunter. Seine Töchter Olivia und Juliana kommen nach dem Sommer in die zweite beziehungsweise dritte Klasse. Auf ihrem Schulweg werden sie nach wie vor in aller Regel von einem Elternteil begleitet. Lang ist die Strecke nicht, „doch es gibt einige Gefahrenstellen“, sagt Eyck Halbritter und ergänzt: „Ich vertraue meinen Töchtern. Aber ich möchte keinen Anruf bekommen, dass eine auf dem Schulweg verunglückt ist.“

Jetzt online Gefahrenstellen auf Schulwegen melden

Unsere Redaktion möchte in Kooperation mit dem investigativen Recherchenetzwerk Correctiv wissen, wie sicher die Schulwege in Stuttgart sind. Über ein einfaches Online-Tool können ab sofort Gefahrenstellen auf Schulwegen gemeldet werden. Die Stadt Stuttgart begleitet die Aktion „Achtung, Schulweg!“ (siehe Infobox unten).

Olivia und Juliana wissen, wie man sich im Straßenverkehr verhält. Im Kindergarten und in der ersten Klasse war die Polizei vorbeigekommen und hat es ihnen erklärt, erinnern sich die beiden Mädchen. Dabei haben sie zum Beispiel gelernt, dass sie erst über den Zebrastreifen gehen sollen, wenn das Auto wirklich steht. „Aber welcher Autofahrer macht das schon?“, fragt Eyck Halbritter. Die meisten würden langsam heranrollen und währenddessen die Kinder rüberwinken. Aber die haben es nun mal anders gelernt. „Ich habe schon versucht, es Autofahrern zu erklären, aber nur aggressive Reaktionen bekommen“, sagt der Familienvater. Viel zu oft passiere es auch, dass Autofahrer die Zebrastreifen komplett ignorieren und regelrecht rüberbrettern. So etwas ärgere ihn maßlos.

Eyck Halbritter ärgert sich, wenn Autofahrer Zebrastreifen einfach ignorieren. Foto: Lg/Ewska

Generell sei zu schnelles Fahren ein Problem, sagt Eyck Halbritter. Olivia und Juliana überqueren auf ihrem Schulweg die Probststraße. Dort gilt Tempo 30. Doch die Probststraße werde oft zu einer Rennstrecke. Sie lade dazu förmlich ein, weil sie breit, schnurgerade und nur wenig befahren sei, sagt der 51-Jährige. Besonders rücksichtslos seien die Autofahrer an Tagen, an denen die Müllabfuhr unterwegs sei. „Dann sind alle schon im Stress und spät dran, überholen irgendwann endlich das Müllfahrzeug und zischen los“, schildert Eyck Halbritter.

Am Möhringer Bahnhof fahren die Züge im Minutentakt. Foto: Lichtgut/Zophia Ewska

Eine Gefahrenquelle auf dem Schulweg seiner Kinder ist für ihn auch der Möhringer Bahnhof. Dort verlaufen etliche Stadtbahngleise, die Züge fahren im Minutentakt. Zwar gibt es sogenannte Z-Übergänge, die verhindern sollen, dass jemand, ohne zu schauen, auf die Gleise rennt, und Blinklichter, die aufleuchten, wenn sich eine U-Bahn nähert. Doch bei dem Familienvater bleibt ein mulmiges Gefühl. Erst im vergangenen Herbst habe wieder ein Schild darauf hingewiesen, dass am Möhringer Bahnhof jemand verunglückt ist.

„Meine Frau nimmt lieber die Unterführung. Sie meint, dass das sicherer sei“, sagt der Vater. Olivia und Juliana finden den Tunnel aber „ein bisschen unheimlich“. Einmal seien sie da unten einem dunkel gekleideten Mann begegnet. Der sei betrunken gewesen, oder zumindest hätten um ihn herum ganz viele Flaschen gelegen. „Wir sind schnell vorbei, ohne den Mann eines Blickes zu würdigen“, sagt die ältere Schwester.

Viele Menschen meiden Unterführungen, weil sie sich dort unwohl fühlen. Auch Olivia und Juliana finden sie „etwas unheimlich“. Foto: Lichtgut/Zophia Ewska

Und dann sind da noch die Elterntaxis, die am liebsten auf dem Wendehammer am Ende der Holdermannstraße stehen. „Das ist oft ein bisschen chaotisch“, so Olivias Beobachtung. Die Situation werde dann schnell unübersichtlich. Die beiden Geschwister hingegen nehmen immer den Roller, um zur Schule zu kommen, während Mama und Papa hinterherlaufen. So geht es ein bisschen schneller, als wenn alle zu Fuß gehen würden. Nur manchmal werden auch sie mit dem Auto abgeholt. „Wenn es schnell gehen muss, weil die Kinder hinterher noch einen Termin haben und zum Beispiel zum Sportverein müssen“, sagt Eyck Halbritter.

Auf die Frage, was sie sich für ihren Schulweg wünschen, antwortet Juliana: „Dass die Autofahrer mehr Rücksicht auf uns nehmen.“ „Und dass wir immer Glück haben“, ergänzt ihre jüngere Schwester. Eyck Halbritter hat konkrete Maßnahmen im Blick, so zum Beispiel die sogenannten Schlafenden Polizisten (sleeping policemen). Das sind Bodenwellen auf Zebrastreifen, die garantieren sollen, dass die Autofahrer langsam unterwegs sind. Als Elternbeirat denkt er zudem an die Vaihinger Straße. Sie führt direkt an der Grundschule vorbei. „Dort sollte Tempo 30 gelten – oder noch besser – generell Tempo 30 in der Stadt.“

Mitmachaktion „Achtung, Schulweg!“

Aktion
Unsere Redaktion möchte in Kooperation mit dem investigativen Recherchenetzwerk Correctiv wissen, wie sicher die Schulwege in Stuttgart sind. Dazu brauchen wir Ihre Hilfe! Über ein einfaches Online-Tool können Sie bis zu drei Gefahrenstellen auf Schulwegen dokumentieren und an unsere Redaktion melden. Wir prüfen jede Eingabe und veröffentlichen sie anschließend. Die Stadtverwaltung Stuttgart begleitet unser Projekt, das bis in den Herbst andauern wird. Unsere Redaktion wird zusammen mit dem Ordnungsamt auf ausgewählte Gefahrenstellen eingehen. Das Ziel ist, Gefährdungen von Schülerinnen und Schülern zu reduzieren.

Themenseite
Alle Texte zur Aktion sind zu finden auf unserer Themenseite „Sicherer Schulweg“.

Direkt zur Mitmachaktion
Dieser Link führt direkt zu unserer Umfrage, über die Gefahrenstellen gemeldet werden können.