Es gibt viel zu wenige Kinder in Stuttgart die Schwimmen können Foto: dpa

Die Schwimmfähigkeit der Stuttgarter Grundschüler beurteilt der örtliche Verein als sehr schlecht. Gerade einmal 50 Prozent aller Grundschulabgänger sind laut Thomas Ruhland, dem Vorsitzenden der DLRG-Ortsgruppe, schlechte Schwimmer.

Stuttgarter Norden - Schwimmen können – das ist für viele Menschen ganz selbstverständlich. Doch laut der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) geht in der Bundesrepublik die Zahl derer, die Nichtschwimmer oder nur schlechte Schwimmer sind, in die Millionen. Dies sieht Thomas Ruhland, Vorsitzender der DLRG-Ortsgruppe Feuerbach, mit Besorgnis: „Leider können immer weniger Menschen schwimmen, auch in Stuttgart.“ Vor allem Kinder seien von dem „Nichtschwimmertrend“ erfasst worden. Die Schwimmfähigkeit der Grundschulkinder in Stuttgart beurteilt der 38-Jährige als sehr schlecht.

Gerade mal 50 Prozent der Grundschulabgänger schwimmen gut

Zu einem völlig anderen Urteil kommt das staatliche Schulamt in Stuttgart. Laut einer Umfrage des Schulamtes können an mehr als der Hälfte aller Stuttgarter Grundschulen 90 bis 100 Prozent der Grundschulabgänger schwimmen. „Aber sind das alle schon sichere Schwimmer?“, fragt Thomas Ruhland und gibt gleich die Antwort: Nein, denn die Stadt lege die Sache anders aus als die DLRG. Das Schulamt bezeichnet ein Kind als Schwimmer, wenn es das Seepferdchen-Abzeichen hat. Um dieses zu bekommen, müssen Kinder 25 Meter am Stück schwimmen können. „Das Seepferdchen-Abzeichen ist aber kein Beweis dafür, dass man sicher schwimmen kann. Es ist nur ein Motivationsabzeichen“, sagt der Vorsitzende der DLRG-Ortsgruppe. „Um einen Schwimmer als sicher einzustufen, braucht er mindestens das Jugendschwimmabzeichen in Bronze.“ Das bedeutet, dass man in der Lage ist, 200 Meter am Stück zu schwimmen. Diese Vorgabe erfüllen laut Ruhland gerade mal 50 Prozent der Grundschulabgänger in Stuttgart.

Schulrätin Monika Hölzle sagt, dass die DLRG ans Schulschwimmen viel zu hohe Anforderungen habe: „Ziel des Grundschulschwimmunterrichts ist es, den Kindern die Grundlagen des Schwimmens beizubringen und den Unterricht mit dem Seepferdchen abzuschließen.“

Ruhland fordert mehr Zeit für den Schwimmunterricht

Das reicht der DLRG aber nicht aus. Den Grund, weshalb die Schulen deren Erwartungen nicht erfüllen, erklärt sich Thomas Ruhland mit der zu geringen Zeit, die dem Schulschwimmen gewidmet werde: „Zwei Schulstunden pro Woche reichen nicht aus für einen anständigen Schwimmunterricht“, sagt der 38-Jährige. Denn in diesen 90 Minuten sei meist nur eine tatsächliche Schwimmzeit von knapp einer dreiviertel Stunde gegeben, da An- und Abfahrt und das Umziehen viel Zeit kosten. Ruhland würde den Schwimmunterricht gerne auf drei Stunden am Stück oder noch mehr Übungseinheiten ausweiten. Doch diesem Vorschlag erteilt Monika Hölzle vom Staatlichen Schulamt eine Absage: „Wir haben dafür nicht genügend Bäderzeiten, und außerdem würden dann andere Sportarten benachteiligt werden.“ Dieses Argument hat der Vorsitzende der DLRG-Ortsgruppe schon oft zu hören bekommen, und genau in diesem Punkt sieht er die größte Schwachstelle des Grundschulsportes. Dieser mache „von allem etwas, aber nichts richtig“. Für Thomas Ruhland ist klar, dass man Prioritäten setzen müsse: „Es ist egal, ob du Handball spielen kannst oder nicht. Aber es ist nicht egal, wenn du nicht schwimmen kannst.“

Großer Andrang auf die Schwimmschule

So wie es jetzt ist, könne es jedenfalls nicht bleiben, sagt er. Die Vereine könnten nicht alle Schüler auffangen, die in der Schule das Schwimmen nicht gelernt hätten. Dazu würden die Kapazitäten nicht reichen, denn die Vereine hätten jetzt schon ausgebuchte Schwimmkurse: „Wer sich bei uns zu einem Schwimmkurs anmelden möchte, sollte dies schon früh tun. Unsere Wartelisten reichen bis auf ein Jahr zurück“, sagt der Vorsitzende der DLRG-Ortsgruppe.

Der Präsident der Sportvereinigung Feuerbach, Rolf Schneider, kann seinem Kollegen nur zustimmen. „Vor zwei Jahren haben wir die Schwimmschule gestartet, und bis jetzt haben wir schon mehr als 700 Kinder ausgebildet. Der Andrang ist sehr groß“. Damit die Vereine entlastet werden, und sich die Schwimmkompetenz der Grundschüler in Stuttgart verbessert, befindet sich die DLRG mit dem Staatlichen Schulamt gerade in „zähen und intensiven“ Gesprächen, wie Ruhland sagt. Diese sollen helfen, das Schulschwimmen zu verbessern. „Das wird noch ein langer Weg“, sagt er. Die Mühe lohne sich, ist er doch davon überzeugt, dass „Schwimmen eine Befähigung ist, die die Lebensqualität verbessert“.