Das dreijährige Präventionsprojekt „KlassenTreffen“ für Klassen, die während der Pandemie eingeschult wurden, neigt sich dem Ende zu. Für die Teilnehmenden war das sportpädagogische Angebot ein voller Erfolg.
Für zwei Grundschulklassen der Wolfbuschschule und der Reisachschule in Weilimdorf geht mit dem Ende des Schuljahrs eine ganz besondere Ära zu Ende. Denn die Mädchen und Jungen waren mehr als nur ein Verbund aus Kindern. Sie waren ein Team. Genauer das Team „Eisbär“ und das Team „Chamäleon“. „Manche Kinder wollen fast gar nicht in die weiterführende Schule, weil sie diese Gemeinschaft nicht verlieren wollen“, erzählt Grundschullehrerin Susanne Schmidt von der Reisachschule, die mit ihrer vierten Klasse nun drei Jahre lang, von der zweiten bis zum Ende der vierten Klasse, am Projekt „KlassenTreffen“ teilnahm.
Dass die Kinder eine Einheit bilden, ist nicht selbstverständlich
Genau dieses Projekt ist der Grund, wieso die Klassen nach dem Ende ihrer Grundschulzeit eine zusammengeschweißte Einheit sind. Üblich ist das nämlich nicht, erklärt die Schulsozialarbeiterin Fanny Hauber von der Reisachschule: „Kinder starten immer mit ganz unterschiedlichen Voraussetzungen in die Grundschule. Das hat Auswirkungen auf das Sozialverhalten, die Frustration, die Toleranz und die Empathie. Es gibt hier viele unterschiedliche Voraussetzungen und Bedarfe.“ Zusätzlich zu diesen generellen Problematiken beim Eintritt in die Grundschule spielte bei den jetzigen Viertklässlern auch der Lockdown während der Corona-Pandemie eine Rolle: „Diese Klassen hatten den Lockdown im Kindergarten und dann eben auch in der ersten Schulphase. Sie konnten nicht in der Schule ankommen, also auch kein Team bilden, kein Zusammengehörigkeitsgefühl entwickeln. Sie hatten nur sich selbst im Fokus“, erklärt Schulsozialarbeiterin Anja Mauch, die an der Wolfbuschschule tätig ist. Neben dem Sozialverhalten sei aber auch die Konzentrationsfähigkeit bei diesen Jahrgängen viel schlechter gewesen.
Um all diesen Entwicklungen entgegenzusteuern, wurde das Präventionsprojekt „KlassenTreffen“ ins Leben gerufen. Initiiert wurde es im September 2021 von der Evangelischen Gesellschaft (eva), dem Caritasverband Stuttgart und dem Gemeinschaftserlebnis Sport (GES) an drei Grundschulen, um die Klassengemeinschaft zu stärken und das Lernen zu fördern.
Das Einhalten von Regeln wird im Spiel geübt
Um diese Ziele zu erreichen, verbrachten die Kinder alle zwei Wochen zwei Schulstunden gemeinsam in der Turnhalle. Zusammen mit den Schulsozialarbeiterinnen, einer Mitarbeiterin des Gemeinschaftserlebnis Sport, der Klassenlehrkraft und teilweise einer weiteren pädagogischen Kraft fanden die sportpädagogischen Projektstunden statt. Dabei wurden in den unterschiedlichen Klassenstufen ganz verschiedene Themen gefördert: „In Klasse zwei ging es um das Einhalten von Regeln. Das kann man gut mit Spielen üben. Als übergreifendes Thema spielte immer Teambuilding eine Rolle“, erklärt Sozialarbeiterin Fanny Hauber. In der folgenden dritten Klasse habe man dann den Fokus auf die Themen „Frustrationen aushalten und Wahrnehmung stärken“ gelegt. Im gerade laufenden vierten Schuljahr geht es öfter raus aus der Turnhalle in den Stadtteil: „Wir kooperieren mit verschiedenen Sportvereinen, damit die Kinder verschiedene Sportarten und den Sozialraum kennenlernen“, berichtet Hauber weiter.
Klassenlehrerin Susanne Schmidt von der Reisachschule ist aus den letzten Jahren dabei vor allem eine Übung im Gedächtnis geblieben: „Bei einer Übung wurde ein Stufenbarren aufgebaut. Auf den mussten alle Kinder draufkommen. Ohne weitere Hilfsmittel wie Kästen. Man musste sich gegenseitig hochziehen. Das hat am Anfang gar nicht funktioniert. Nach ungefähr drei Monaten wurde die Übung nochmal gemacht. Die Kinder haben es dann ganz toll gemacht, haben sich abgesprochen.“
Das Ziel: die Kinder sollen Empathie entwickeln
Für die Verantwortlichen und Teilnehmenden ist klar: Nicht nur dieses Beispiel zeigt, dass das Projekt „KlassenTreffen“ ein voller Erfolg war. „Die Kinder haben bei Konfliktlösungen unglaublich viele Strategien gelernt“, schwärmt die Schulleiterin der Reisachschule Sabine Andreae. Und auch die Sozialarbeiterinnen sind überzeugt davon, dass die Projektziele mehr als erfüllt wurden: „Es ist wunderschön zu sehen, wie die Kinder in der Klasse miteinander umgehen. Sie haben viel Empathie entwickelt und greifen ein, wenn jemand ungerecht behandelt wird. Sie lösen Konflikte fast schon wie junge Erwachsene und respektieren die Bedürfnisse der anderen.“
Da ist es nicht verwunderlich, dass alle Fachkräfte das Projekt gerne weiterführen würden. Von Seiten der Organisatoren wurde das Projekt inzwischen auf andere Grundschulen ausgeweitet. Und für die Teams „Chamäleon“ und „Eisbär“ gibt es schon einen Termin für ein Nachtreffen im November, bei dem die Kinder weiter in Kontakt mit der mobilen Kindersozialarbeit, den ehemaligen Klassenkameraden und dem Projekt bleiben können.