Eltern wollen meist das Beste für ihr Kind. Doch nicht immer ist die Schule ihrer Wahl das Beste für das Kind Foto: Natalie Kanter

Der Wegfall der verbindlichen Grundschulempfehlung wirkt sich auf die Schülerzahlen in Leinfelden-Echterdingen aus.

Leinfelden-Echterdingen - Am heutigen Freitag gibt es Zwischenzeugnisse. Spätestens wenn die Fünftklässler nach Hause kommen, haben es die Eltern schwarz auf weiß, wie sich ihr Nachwuchs am Gymnasium macht. Und ob ihre Entscheidung die richtige war. Seit dem Wegfall der verbindlichen Grundschulempfehlung haben Mütter und Väter die Qual der Wahl, auf welche weiterführende Schule sie ihr Kind schicken. Und diese Freiheit hat Folgen.

Das Echterdinger Philipp-Matthäus-Hahn-Gymnasium (PMHG) besuchen seitdem mehr Schüler, die im Grunde auf der Realschule oder der Werkrealschule besser aufgehoben wären. „Acht bis zehn Prozent unserer Fünftklässler haben zum Halbjahr einen Notenspiegel, der nicht zum Gymnasium passt“, sagt Rektor Wolfgang Krause. Den Schülern werden Hausaufgabenhilfe und andere Förderung angeboten, und mit Eltern Gespräche geführt.

Am PMHG steigen die Anmeldungen kräftig. Krause sagt: „Wenn der Trend so weiter geht, stoßen wir an unsere Grenzen.“ In diesem Jahr zählt die Schule 139 Fünftklässler und hat fünf Klassen gebildet.

Am Leinfeldener Immanuel-Kant-Gymnasium (IKG) sieht die Situation anders aus. „Wir haben nur drei Fünftklässler, deren Versetzung nach dem jetzigen Stand gefährdet ist“, sagt Schulleiter Stephan Lehle. Das habe es auch schon in den vergangenen Jahren gegeben. Einen Ansturm auf die Schule gab es nicht. Sie hat aus 88 Fünftklässlern drei Klassen gebildet.

Trend geht zum PMHG

Lehle erklärt sich die Unterschiede durch die Einzugsgebiete der Gymnasien. Und verweist auch auf Informationsabende, an denen Eltern darüber aufgeklärt werden, was sie anrichten, wenn sie ihre Kinder auf einer Schule anmelden, auf der diese dann nicht mithalten können.

„Der Trend geht zum PMHG“, so hat Stadtrat Joachim Beckmann (Freie Wähler) die Situation im Sozialausschusses zusammengefasst. Die Verwaltung hatte das Gremium in dieser Sitzung über eine mögliche Entwicklung der Schülerzahlen bis zum Jahr 2018/19 informiert. Angaben des Einwohnermeldeamts, die amtliche Schulstatistik und auch Baugebiete wurden bei der Berechnung berücksichtigt. Die Stadtverwaltung denkt bei den Gymnasien über eine „Schülerlenkung“ nach – also darüber, den Nachwuchs auf beide Gymnasien gleichmäßig zu verteilen.

Die Situation an den Gymnasien ist das eine. Die Situation an der Ludwig-Uhland-Werkrealschule (LUS) in Leinfelden das andere. Die neue Werkrealschule entwickelt sich sukzessive in Richtung Einzügigkeit. Sogar ein jahrgangsübergreifender Unterricht könnte dort notwendig werden. Zu diesem Ergebnis kommt zumindest die Verwaltung. Und das ist auch deshalb brisant, weil die Bildungseinrichtung erst vor kurzem als zweizügige Werkrealschule konzipiert und das Gebäude dafür teuer umgebaut wurde.

Aus drei Hauptschulen wurde eine Werkrealschule gebildet. „Wir haben unser Spektrum erweitern können“, sagt Schulleiterin Gabriele Roegers. Mit jeder Klasse, die in Zukunft nicht mehr angeboten wird, verliere die Schule natürlich wieder Lehrerstunden.

Stadträte fordern zeitnahe Diskussion

Manfred Kern, Leiter des Amtes für Schulen in L.-E., sagt dazu: „Wir müssen uns dem Thema stellen, aber es gibt keinen Grund zur Hektik.“ SPD-Stadtrat Erich Klauser dagegen zeigte sich im Sozialausschuss besorgt und hat sich auch in seiner Haushaltsrede mit dem Thema befasst. Wie berichtet, hält es die Fraktion für fahrlässig, eine Diskussion über die Zukunft der Schule auf die lange Bank zu schieben.

Das sieht die Fraktionsgemeinschaft FDP/L.-E.-Bürger ähnlich. Sie fordert von der Verwaltung eine qualifizierte Einschätzung der Lage. Stadtrat Jürgen Kemmner stellte in seiner Haushaltsrede die Frage welchen Sinn es mache, für die energetische Sanierung der Schule 70 000 Euro in den Haushalt einzustellen. Die Politiker beantragten einen Sperrvermerk für diese geplante Ausgabe im Haushalt.

Die LUS ist in der Klassenstufe fünf bereits einzügig. Und Rektorin Roegers betont, dass die Schülerzahlen sich sicher nicht mehr so entwickeln werden, wie sie vor dem Wegfall der verbindlichen Grundschulempfehlung waren. Dennoch seien die Berechnungen der Verwaltung zum heutigen Zeitpunkt nur Mutmaßungen. Und von einem jahrgangsübergreifenden Unterricht sei man noch weit entfernt.