Das Hölderlin-Gymnasium soll für rund 14 Millionen Euro saniert werden, unter anderem sind die Fenster marode. Foto: Ines Rudel

Mit einem Zuschuss von neun Millionen Euro für die Schulsanierung hätte Nürtingen nicht gerechnet. Der Geldsegen könnte ein Fluch werden. Denn das befristete Landesprogramm bringt die Stadt finanziell und zeitlich in Nöte.

Nürtingen - Das Land gewährt Nürtingen rund neun Millionen Euro für die Sanierung von Schulen. Um die Zuschüsse abzugreifen, müsste die Stadt aber selber 21 Millionen Euro investieren. Und weil die Sanierungen an drei Schulen binnen drei Jahren fertig sein müssen, gerät das Rathaus nun ins Schwitzen.

Der Gemeinderat konnte sich am Dienstagabend nicht dazu durchringen, das Sanierungspaket zu beschließen. Es überwiegt die Sorge, dass sich die Stadt finanziell übernimmt. Zwar hat die Kämmerei einen Finanzierungsvorschlag vorgelegt, der unter anderem eine befristete Erhöhung der Grundsteuern, der Gewerbesteuer und eine Erhöhung der Hundesteuer beinhaltet.

Sanierungen müssen bis Ende 2022 abgeschlossen sein

Zudem sollen die Umlandgemeinden stärker als bisher zur Deckung der Kosten herangezogen werden. Doch kam der Vorschlag der Kämmerei recht kurzfristig auf den Tisch, sodass die Stadträte noch nicht abstimmen wollten. Die Verwaltung soll nun zeigen, welche Projekte am dringendsten sind. Danach soll geschaut werden, was der finanzielle Rahmen hergibt.

Der Zeitdruck ist erheblich. Denn das Land gibt vor, dass die Sanierungen bis Ende 2022 fertiggestellt und abgenommen sein müssen. Angesichts der angespannten Lage am Bau gibt es in Nürtingen Zweifel, ob überhaupt Firmen gefunden werden, die so rasch loslegen können. Auch die Planer stehen vor einer großen Herausforderung. Der Gemeinderat hat deshalb der Schaffung zweier zusätzlicher Ingenieurstellen beim städtischen Eigenbetrieb Gebäudewirtschaft Nürtingen (GWN) zugestimmt.

Stadt wertet Förderprogramm als einmalige Chance

In dem Nürtinger Paket schlägt das Hölderlin-Gymnasium mit rund 14,3 Millionen Euro zu Buche. Für die beiden Realschulen werden rund 14,4 Millionen Euro Sanierungskosten angesetzt. Und auf die Friedrich-Glück-Schule entfallen rund 1,5 Millionen Euro. „Es handelt sich um hochkomplexe Sanierungsvorhaben im laufenden Schulbetrieb“, sagt der GWN-Chef Eckart Krüger. Er habe gar nicht damit gerechnet, dass alle drei Vorhaben bewilligt würden. Die positiven Bescheide aus dem Regierungspräsidium wertet er als „ziemlich einzigartige Chance“ für Nürtingen. „Wir werden die Förderung so nicht wieder kriegen“, meint Krüger.

Der kommunale Sanierungsfonds des Landes ist für die Jahre 2017 bis 2019 aufgelegt worden und hat nun im letzten Jahr ein Volumen von rund 305 Millionen Euro. Auf Wunsch der kommunalen Landesverbände werden 80 Prozent der Fördergelder für Schulsanierungen eingesetzt. Für den Regierungsbezirk Stuttgart hat das Land für das laufende Jahr 135 Maßnahmen bewilligt, dafür stehen rund 132 Millionen Euro aus dem Sanierungsfonds zur Verfügung.

Städtetag spricht sich gegen Befristung aus

Nürtingen wünscht sich nun vom Land eine Lockerung der Fristen und bekommt dafür die volle Rückendeckung des Städtetags. Denn Nürtingen ist kein Einzelbeispiel in Baden-Württemberg. Der Sanierungsbedarf an den Schulen sei „gewaltig“, erklärt Norbert Brugger vom Städtetag. Lange habe der kommunale Landesverband dafür gekämpft, die Kommunen bei der Schulsanierung nicht alleine zu lassen. Davor waren lediglich Neu- und Umbauten gefördert worden, nicht aber Schulsanierungen. Das Landesprogramm sei zwar richtig, reiche aber längst nicht aus. Innerhalb kürzester Zeit seien 900 Anträge gestellt worden. Mit den 727 Millionen Euro aus Landes- und auch aus Bundesmitteln seien Sanierungen in der Größenordnung von zwei Milliarden Euro gefördert worden. Damit sei aber erst die Hälfte des Sanierungstaus an Schulen abgebaut, der in Baden-Württemberg auf vier Milliarden Euro geschätzt wird. „Wir sind dabei, die Fortsetzung des Programms zu fordern“, sagt Norbert Brugger. „Wir wollen die Verstetigung und Entfristung dieser Schulbausanierung.“

Denn auch beim Städtetag werden die kurzen Fristen als Problem gesehen. Die Handwerker würden mit den Arbeiten kaum nachkommen, und der Hype lasse die Baupreise in die Höhe schießen.

Kultusministerin stellt Verlängerung in Aussicht

Das Kultusministerium weist indessen darauf hin, dass die Kommunen als Schulträger für die Sanierung ihrer Schulgebäude verantwortlich sind. Allerdings sehe das Land die Herausforderungen bei der Sanierung. Über eine Verlängerung der Frist zum Abschluss der geförderten Sanierungsmaßnahmen werde derzeit zwar nicht nachgedacht, auch deshalb weil Schulen zügig saniert werden sollen.

Die Kultusministerin Susanne Eisenmann sagt aber auch: „Der Sanierungsbedarf an den Schulen ist nach wie vor groß, deswegen haben wir in diesem Jahr noch mehr Fördermittel als in den vorherigen Jahren bereitgestellt. Wir geben den Kommunen damit ein klares Signal: Wir lassen sie bei den anstehenden Projekten nicht im Stich. Und deshalb werden wir uns bei der Aufstellung des Doppelhaushalts 2020/21 dafür einsetzen, dass das Programm zur Schulsanierung auch über 2019 hinaus fortgesetzt wird.“