Die Gewerkschaft Erziehung und  Wissenschaft (GEW) kritisierte, dass das Kultusministerium den Schulleitungen wieder Mehrarbeit zumute, anstatt eine klare landesweite Regelung zu treffen. Foto: dpa/Matthias Balk

Der Bedarf der Schulen an Wechselbetrieb scheint groß. In den Corona- Hotspots besteht jetzt die Möglichkeit, ihn unter bestimmten Bedingungen wieder einzuführen. Die Schulleiter sollen das umsetzen - und sind zum Unmut der Lehrergewerkschaft zu Mehrarbeit verdammt.

Karlsruhe/Stuttgart/Freiburg - Die Möglichkeit für Schulen in Corona-Hotspots, ab der achten Klasse Wechselunterricht einzuführen, stößt auf reges Interesse. Nachdem die Schulleitungen am Montagabend durch das Kultusministerium über die aktualisierte Corona-Verordnung informiert worden waren, gingen bereits am Dienstagmorgen die ersten Anfragen bei den Regierungspräsidien und staatlichen Schulämtern als zuständige Schulbehörden ein. Dies ergab eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur (Stand: Dienstagnachmittag). Die Lehrergewerkschaft GEW befürchtet ein langwieriges Genehmigungsverfahren und fordert landesweite Lösungen.

Lesen Sie hier: Kultusministerium ermöglicht Fern- und Wechselunterricht

Lesen Sie hier: Leopoldina fordert Schulpflicht-Aufhebung bis Weihnachten

Im Regierungsbezirk Freiburg meldeten sich Schulleiter von drei beruflichen Schulen aus Tuttlingen und Spaichingen (Kreis Tuttlingen) sowie ein Gymnasium aus Schönau (Kreis Lörrach).

Schulen in Corona-Hotspots

Im Regierungsbezirk Karlsruhe zeigten bereits Leiter von mehr als zehn Schulen Interesse. Laut einer Sprecherin des Regierungspräsidiums der Fächerstadt waren dies berufliche, Real- und andere Schulen in Mannheim, Pforzheim, Nagold (Kreis Calw) und Calw. Darunter waren keine Gymnasien. „Wir rechnen mit vermehrten Anfragen“, sagte die Sprecherin. Es werde zeitnah im Einvernehmen mit Schulleitungen und den Gesundheitsämtern entschieden, ob die Schulen sich umstellen können. Dem Regierungspräsidium Stuttgart sind sechs Meldungen aus beruflichen Schulen im Stadt- und Landkreis Heilbronn bekannt.

Als Voraussetzung für den Hybrid-Betrieb gilt laut aktueller Corona Verordnung, dass die allgemein bildenden und beruflichen Schulen sich in einem Hochrisikogebiet befinden; das heißt, dass die Anzahl der Neuinfektionen mit dem Corona-Virus nach Feststellung des Landesgesundheitsamts im Durchschnitt in den vergangenen sieben Tagen bei über 200 pro 100 000 Einwohner liegt.

Als einzige Stadt im Südwesten weist Pforzheim mit 377,9 Neuinfektionen (Stand: Montag) einen Wert von mehr als 300 aus, gefolgt von Heilbronn mit 286 Infektionen; insgesamt überschreiten acht Stadt- und Landkreise den 200er-Wert. Im Bereich des Regierungspräsidiums Tübingen gibt es keine Hotspots mit dieser Infektionsrate.

Lehrer kritisieren Mehrarbeit

Die Gewerkschaft Erziehung und  Wissenschaft (GEW) kritisierte, dass das Kultusministerium den Schulleitungen wieder Mehrarbeit zumute, anstatt eine klare landesweite Regelung zu treffen. „Der Coronavirus wartet nicht, bis ein langwieriges Abstimmungsverfahren zwischen überlasteten Gesundheitsämtern, der Schulverwaltung und den Schulleitungen zum Start des Wechselunterrichts abgeschlossen ist“, betonte GEW-Landeschefin Monika Stein.

Beim Wechselunterricht werden die Klassen oder Lerngruppen geteilt, so dass mindestens 50 Prozent des Unterrichts im gewohnten Klassenzimmer und der Rest online stattfindet. Ziel ist es, im Präsenzunterricht einen Mindestabstand von 1,5 Metern zu den und zwischen den Schülern zu gewährleisten. Es gibt einige Ausnahmen: So sind etwa Schüler, die 2021 ihren Abschluss anstreben, ausgenommen.

Kritiker des Fernunterrichts mahnen an, dass Unterricht in der Schule besser sei und die Betreuung zu Hause Eltern vor neue Probleme stellen könnte. Das Kultusministerium gibt zu bedenken, dass beim Unterricht zuhause vor allem Kinder aus sozial schwächeren Familien abgehängt werden können. Andere sehen die Chance, dass die Zahl der Kontakte auf dem Weg zur Schule und in Bussen und Bahnen reduziert werden kann.