In der Dorfschule im brandenburgischen Görzig schreibt ein Mädchen im Unterricht das Wort „Schule“ in ihr Heft. Foto: Patrick Pleul/dpa

Breit oder schmal, groß oder kein, verschnörkelt oder klar: Unsere Handschrift ist so unverwechselbar und einzigartig wie wir selbst. Doch auch das manuelle Schreiben muss man lernen. Viele Schüler haben damit große Probleme, wie eine Studie zeigt.

Berlin - Oft unleserlich und zu langsam: Lehrer bundesweit bemängeln die Schreibkompetenzen ihrer Schüler. Laut einer am Dienstag in Berlin vorgestellten Studie hat mehr als jedes dritte Grundschulkind (37 Prozent) Probleme, eine gut lesbare und flüssige Handschrift zu entwickeln. Lehrer an weiterführenden Schulen sehen sogar bei 43 Prozent der Schüler Mängel.

Motorische Defizite, mangelnde Routine

Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) hat die Untersuchung gemeinsam mit dem Schreibmotorik Institut durchgeführt. An STEP 2019 – der „Studie über die Entwicklung, Probleme und Interventionen zum Thema Handschreiben“ – beteiligten sich bundesweit über 2000 Lehrer. Der VBE ist mit rund 164 000 Mitgliedern Deutschlands zweitgrößte Pädagogen-Gewerkschaft.

Aus Sicht der Pädagogen können im Schnitt nur vier von zehn Schülern 30 Minuten und länger beschwerdefrei – ohne Verkrampfung, Ermüdung oder Unleserlichkeit – schreiben. Ursachen für die Probleme sehen sie in mangelnder Routine, schlechter Motorik und Koordination sowie Konzentrationsproblemen.

Auch wird der zu starke Medienkonsum der Schüler von mehr als der Hälfte der Lehrer als problematisch empfunden. Und schließlich fehle es ihnen an Zeit, das Handschreiben mit den Schülern zu üben.

Zu wenig Wert auf Schreibenlernen im Lehrplan

Es gehe nicht um ein neues Fach, aber das Handschreiben müsse besser in den Lehrplänen verankert werden, sagte der VBE-Bundesvorsitzende Udo Beckmann. Mehr als die Hälfte der Lehrer sagt laut Studie, dass im Lehrplan zu wenig Wert auf das Schreibenlernen gelegt wird.

„Wie sollen wir den Kindern das Schreibenlernen beibringen, wenn den Lehrkräften schlicht die Zeit fehlt, sie individuell zu unterstützen? Wenn Kinder dann noch motorische Defizite aufweisen, weil sie auch zu Hause nicht die notwendige Unterstützung bekommen können, geraten wir an die Grenze des Machbaren.“

Handschreiben – Grundlage von Bildung

Warum das Handschreiben überhaupt so wichtig ist, erläutert Marianela Diaz Meyer, Geschäftsführerin des Schreibmotorik Instituts: „Beim Handschreiben – das belegen auch zahlreiche Studien – geht es um Bildung. Handschreiben unterstützt die Rechtschreibung, das Lesen, das Textverständnis, letztlich die schulischen Leistungen insgesamt.“

Dass Schüler heutzutage allerdings länger als 30 Minuten schreiben sollten, hält Schriftforscherin Hurschler Lichtsteiner zumindest für die Grundschule für fraglich. „Schreiben hat eine wichtige Funktion, aber ist kein Ausdauersport mehr“, sagt sie. Die Handschrift sollte aber durchaus früh automatisiert sein, damit die Kinder den Kopf frei haben für die Planung ihrer Texte.

„Schon in früheren Jahrhunderten haben sich Lehrer über die handschriftlichen Fähigkeiten ihrer Schüler beschwert“, sagt die Schweizer Wissenschaftlerin. Für eine objektive Einschätzung wäre aus ihrer Sicht eine empirische Studie mit den Schülern nötig.

Auch die emeritierte Grundschuldidaktikerin Angelika Speck-Hamdan von der Ludwig-Maximilians-Universität München hält eine ergänzende Untersuchung mit Schülern für nötig. Die Lehrer-Studie sei zwar wichtig, da sie den Finger in die Wunde lege, zeige aber vor allem Vermutungen von Lehrern.