Die Schülerinnen und Schüler der 5. und 6. Klasse des Königin-Katharina-Stifts sollen das Schulgelände aus Sicherheitsgründen in der Mittagspause nicht verlassen.      Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Schüler des Königin-Katharina-Stifts und deren Eltern sind alarmiert: Weil es in der Vergangenheit zu Übergriffen im Schlossgarten auf Schüler des Gymnasiums kam, fordert die Schulleitung die jüngeren Schüler dazu auf, das Schulgelände in der Mittagspause nicht zu verlassen.

Stuttgart – Der Rundbrief, den Franz Baur, der Schulleiter des Königin-Katharina-Stifts an die Eltern der Fünft- bis Zehntklässler verschickt hat, klingt besorgniserregend: „Ich schreibe Ihnen, weil im Dezember einzelne Schülerinnen und Schüler des Königin-Katharina-Stifts von fremden Jugendlichen auf dem Schulweg oder während der Mittagspause im Schlossgarten belästigt, bedroht und teilweise bestohlen worden sind“, teilt Baur mit. Die Eltern sollten alles melden, was zur Aufklärung der Fälle betragen kann, und die Polizei von eventuell neuen Vorfällen in Kenntnis zu setzen. Außerdem fordert er die Kinder der 5. bis 6. Klasse dazu auf, die Mittagspausen in der Schule oder auf dem Schulgelände und nicht im Schlossgarten oder auf der Königstraße zu verbringen. Und Baur weist auf die Empfehlung der Polizei an seine Schüler hin, auf dem Weg in die Schule und nach Hause Gruppen zu bilden.

Eltern sind verunsichert

Vor allem die Eltern der jüngeren Schüler sind verunsichert. Was genau passiert ist, wissen die wenigsten. Marita Fischer, die ihre 15 Jahre alte Enkelin abholt und früher selbst Lehrerin war, hat gehört, dass Schülerinnen „begrapscht“ worden seien. Die 72-Jährige stellt fest, dass die Schule auf Grund ihrer Lage zwischen Hauptbahnhof und Schlossgartenanlage eine Brennpunktschule ist und hält die Vorsichtsmaßnahmen des Schulleiter für gerechtfertigt. „Allerdings sollte man die Dinge nicht überbewerten“, sagt sie .

Christiane Walther, die ihre beiden Schwestern abholt, hat gehört, dass Sechstklässler von Schülern einer anderen Schule verprügelt worden seien. Dass sich die jüngeren Schüler auf dem Schulgelände aufhalten, hält die 23-jährige Studentin für richtig. „Das Gymnasium liegt direkt an zwei Hauptstraßen. Da können schnell Unfälle passieren, aber auch Kriminelle nach einer Tat ruck, zuck flüchten“, sagt sie.

Eine Mutter, die nicht genannt werden möchte, gibt zu, Angst um ihre elfjährige Tochter zu haben. „Der ist bisher nichts passiert, und von irgendwelchen Vorfällen hat sie auch nichts mitbekommen“, stellt sie fest. Sie geht davon aus, dass die Appelle der Schulleitung wenig nutzen. „In dem Alter machen die Kinder, was sie wollen“, sagt sie und hofft, dass ihrem Kind nichts passiert.

Von Fatima Akbar besuchen zwei Töchter das Königin-Katharina-Stift: eine ist 13, die andere 16. Ihrer Mutter haben die Kinder erzählt, dass es im Park Streit zwischen Schülern ihres Gymnasiums und anderen Jungs gegeben habe. „Natürlich mache ich mir Sorgen um die beiden “, räumt sie ein. Die macht sich auch die Mutter eines 14-jährigen Sohnes. Auch sie weiß nicht viel über die Vorfälle - nur dass „Schüler bedroht und bestohlen worden sein sollen.“

Was genau zum Schreiben des Rundbriefes an die Eltern geführt hat: Dazu will sich Franz Baur unserer Zeitung gegenüber nicht äußern, statt dessen verweist er an das Schulverwaltungsamt der Stadt und ans Regierungspräsidium Stuttgart, bei dem die Abteilung Schule und Bildung (ehemals Oberschulamt) angesiedelt ist. Das Regierungspräsidium spielt den Ball zurück an die Schulleitung: „Es ist nicht unsere Aufgabe die Schritte einer Schulleitung zu erklären. Das machen die Schulen in Eigenregie“, sagt Sprecherin Nadine Schneider vom Regierungspräsidium. Das Schulverwaltungsamt war am gestrigen Mittwoch nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.

Zwei Fälle aktenkundig

Was war passiert? Bei der Polizei sind zwei Fälle aktenkundig. Eine elfjährige Schülerin wurde am 15. Dezember 2015 um 13.40 Uhr auf dem John-Cranko-Weg im Schlossgarten überfallen. Zwei Jungen und ein Mädchen nehmen die Elfjährige ins Visier, als sie auf dem Weg zum Hauptbahnhof ihr Handy zückt. Die etwa 14 bis 15 Jahre alten Täter, schwarz gekleidet, braunhaarig, entreißen dem Kind die Beute und flüchten. Passanten werden auf das völlig aufgelöste Mädchen aufmerksam und verständigen die Polizei. Die Beamten fahnden allerdings vergeblich nach dem Trio.

Knapp zwei Wochen zuvor, am 3.  Dezember, traf es einen elfjährigen Jungen. Der wurde um 14.10 Uhr von zwei etwa 14 Jahre alten Jungs angegriffen, die ihm ein Reizgasspray ins Gesicht sprühten. Anschließend gingen sie lachend Richtung Hauptbahnhof davon. Eine Passantin half dem Jungen, der schließlich in einem Krankenhaus behandelt wurde. Ein Täter war blond, der andere braunhaarig, trug ein Lippenpiercing. „Leider wurde erst am 11. Dezember Anzeige erstattet“, sagt Polizeisprecher Thomas Geiger. Insgesamt sollen der Schule „etwa drei bis vier Fälle“ bekannt sein. Die Kripo bittet um Hinweise unter 07 11 / 89 90 - 57 78.