Viele Menschen im Kreis Esslingen haben nur wenig Geld im Portemonnaie. Foto: dpa/Jan Woitas.

Im Kreis Esslingen ist die Zahl derer, die sich im vergangenen Jahr bei einer der fünf Schuldnerberatungsstellen angemeldet haben, erneut gestiegen. Das sind die Gründe dafür.

Hohe Schulden belasten viele Menschen im Kreis Esslingen. Die Zahl derer, die sich in einer der fünf Anlaufstellen für eine langfristige Schuldner- oder Insolvenzberatung angemeldet haben, ist im vergangenen Jahr erneut gestiegen. Und eine Trendwende ist nicht zu erwarten.

 

Wie aus dem jetzt vorliegenden Jahresbericht hervorgeht, sind zu den 748 laufenden Fällen im vergangenen Jahr 476 Neuanmeldungen (2023: 369) hinzugekommen. Aufgrund der gestiegenen Zahl konnten die Wartezeiten für ein Gespräch nicht verkürzt werden, heißt es in dem Bericht. Sie lagen je nach Beratungsstelle zwischen neun und 18 Monaten.

Bei langfristigen Beratungen übersteigt die Zahl der Beratungsgespräche drei Termine, bei denen inhaltlich die nachhaltige Schuldenregulierung sowie die Stabilisierung des Haushaltes im Vordergrund stehen. Zudem gab es bei den Beratungsstellen insgesamt 1050 Kurzberatungen – ein neuer Höchststand. Zum ersten Mal wurde die 1000er-Marke überschritten.

In den Schuldnerberatungsstellen sind im vergangenen Jahr 137 Personen in ein Insolvenzverfahren gekommen. Foto: dpa/Jonas Walzberg

Die Schuldnerberatungsstellen von Diakonie, DRK und Kreis wurden meist von alleinstehenden Personen – ledig, geschieden oder verwitwet – aufgesucht. Was die Experten nicht verwundert: In Single-Haushalten können die Kosten nicht geteilt werden. „In dieser Situation sind es oft die Geringverdienenden und Alleinerziehenden, die in die Überschuldungsspirale geraten“, heißt es im Jahresbericht. „Dieser Gruppe machen die hohen Mieten, Energie- und Lebensmittelpreise besonders zu schaffen.“ Von den insgesamt 748 Ratsuchenden waren lediglich 219 Personen verheiratet oder in einer festen Partnerschaft. Der Statistik zufolge befanden sich im vergangenen Jahr mehr Männer (408) als Frauen (340) in der Schuldnerberatung. Und es haben sich verstärkt jüngere Menschen an die Fachleute gewandt: Fünf Ratsuchende waren nicht mal 20 Jahre alt – 2023 gab es noch niemanden in dieser Altersklasse. Weitere 125 Menschen waren zwischen 20 und 30 Jahre alt (Vorjahr 99). Hingegen sank die Zahl der über 60-Jährigen in der Schuldnerberatung leicht von 128 auf 107.

Bei den Hauptursachen der Überschuldung dominieren Faktoren wie Arbeitslosigkeit, Krankheit, Einkommensarmut, Scheidung und Trennung. Und das Konsumverhalten – gerade bei jüngeren Menschen, die immer mehr Einkäufe mit Ratenkrediten bezahlen. Auch die gestiegene Nachfrage nach Angeboten, bei denen gleich gekauft und erst später bezahlt wird, wirken sich aus: Die Beträge laufen auf, die Anzahl der Forderungen von Gläubigern steigt.

184 Personen in der Beratung haben eine relativ geringe Schuldensumme von unter 10 000 Euro. Aber ihre Zahl ist gegenüber dem Vorjahr (136) um 35 Prozent gestiegen. Zunehmend stehen Betroffene auch mit höheren Beträgen in der Kreide: 51 Personen (2023: 43) haben demnach mehr als 100 000 Euro Schulden. Rein rechnerisch weist mehr als die Hälfte der Ratsuchenden eine Gesamtschuldenhöhe von unter 25 000 Euro auf.

Noch steht der Landkreis Esslingen im bundesweiten Ranking mit einer Überschuldungsquote von 6,20 Prozent vergleichsweise gut da: Er rangiert auf Platz 99 von 400 Kreisen und kreisfreien Städten und liegt damit sowohl unter dem baden-württembergischen Durchschnittswert (6,74 Prozent), als auch unter dem Bundesdurchschnitt (8,09 Prozent). Da die wirtschaftlichen Aussichten jedoch alles andere als positiv sind, erwarten die fünf Schuldnerberatungsstellen den Angaben zufolge „weiterhin konstant hohe Anmeldezahlen“.