Menschen aller Einkommensschichten kommen zur Schuldnerberatung. Foto: dpa

Seit 25 Jahren unterstützt die zentrale Schuldnerberatung verarmte Menschen. 18 hauptamtliche Berater teilen sich 14 Stellen. Mit etwa einer Million Euro finanziert die Stadt die kostenlose Beratung.

S-Mitte - Ganz leicht sind die neuen Räume der Zentralen Schuldnerberatung am Wilhelmsplatz nicht zu finden. Der Hinweis an der Fassade des Herold Centers ist kaum zu sehen. Das mag daran liegen, dass die Schuldnerberatung im 25. Jahr ihres Bestehens in diesem Frühjahr neue Räume bezogen hat. Dennoch: diejenigen, die Hilfe von den Beratern brauchen, finden sie. Es sind nicht wenige. Allein im Jahr 2012 beantworteten die 18 hauptamtlichen Berater – unterstützt von 16 ehrenamtlichen – 2300 Anfragen.

Bedarf in Stuttgart ist hoch

Angefangen hat die Beratungsstelle mit drei hauptamtlichen Mitarbeitern. Doch der Bedarf in Stuttgart war und ist so hoch, dass die Träger der Beratungsstelle stetig die Anzahl der Mitarbeiter erweitert haben. Träger sind die Evangelische Gesellschaft, die Caritas und die Prävent Sozial, finanziell unterstützt wird die Beratungsstelle durch die Stadt. Seit zehn Jahren helfen zudem Ehrenamtliche wie Herbert Nock bei der Beratung von Schuldnern, indem sie zum Beispiel mit ihnen einen Überblick über Einnahmen, Ausgaben und Schuldenstand erarbeiten.

Nock war kaufmännischer Leiter in einem Verlag, bevor er in Rente ging. Der Ruhestand war seine Sache nicht, er wollte anderen helfen und hat dadurch auch viel für sich selbst mitgenommen. „Ich bekomme durch die Arbeit bei der Schuldenberatungsstelle Einblick in andere Welten und ich habe gelernt, dass es Menschen gibt, die im Leben nie eine echte Chance hatten“, sagt Nock. Das Vorurteil, dass alle Schuldner ausschließlich selbst an ihrer Misere Schuld seien, habe er schnell abgelegt. Er denkt dabei an eine alleinstehende Mutter, die auf Kredit Möbel für das Zimmer ihres Kindes gekauft hatte, weil sie weder von dem Kindsvater noch von ihren Eltern Unterstützung erhalten hatte.

Mit Hilfe einer Stiftung und einem Budgetplan konnte Nock der Frau bei der Entschuldung helfen. Er kennt aber auch das andere Extrem. Mit einem kinderlosen Ehepaar, das über ein Netto-Einkommen von 6500 Euro monatlich verfügte, musste er ebenfalls einen Haushaltsplan erarbeiten, um aus der Schuldenfalle zu helfen. Die meisten aber, die Hilfe suchen, verfügen nur über wenig Einkommen.

Auch die Ehrenamtlichen müssen sich weiterbilden

Die Idee, Ehrenamtliche in die Arbeit einzubeziehen, entstand bereits 1997. Grund war die lange Warteliste von Klienten. Um den Schuldnern schneller zu helfen – ohne die Qualität der Beratung zu mindern – erarbeitete Hanserich Keim ein Konzept für die Einbeziehung von Ehrenamtlichen. Keim ist als hauptamtlicher Schuldnerberater derjenige, der in Stuttgart für die Qualifizierung und Betreuung der Ehrenamtlichen zuständig ist. „Anfangs gab es die Angst, dass die Ehrenamtlichen die Hauptamtlichen ersetzen sollen“, sagt Keim. Doch diese sei längst nicht mehr vorhanden. Die Ehrenamtlichen selbst sind die ersten, die sagen, dass sie ohne die hauptamtlichen Schuldnerberater gar nicht wirklich helfen könnten.

Zwar müssen sich auch die Ehrenamtlichen beständig weiterbilden, dennoch sei das ein Unterschied, sagt Herbert Nock. Er, der allein dieses Jahr bereits mehr als 120 Stunden für die Schuldnerberatung im Einsatz war, ist der erste, der zugibt, dass er nicht die volle Klaviatur der Gesetze beherrscht, die es braucht, um allen Schuldnern zu helfen.

„Manche Fälle erscheinen auch nur zu Beginn einfach. Im Lauf der Beratung werden sie dann aber so kompliziert, dass ein Hauptamtlicher übernehmen muss“, sagt Nock. Steht zum Beispiel die Anmeldung einer Privatinsolvenz zur Diskussion, dann können nur die hauptamtlichen Berater unterstützen. Diese sind zumeist Sozialarbeiter- und -pädagogen, die sich entsprechend weitergebildet haben. Ihr Ziel ist es, nicht nur die Entschuldung zu erreichen, sondern so zu helfen, dass keine neue Schulden aufgebaut werden. „Verhaltensänderungen zu erreichen, ist aber das allerschwierigste an unserer Arbeit“, sagt Keim.