Der Ex-Geschäftsführer Jürgen Hollenbach wollte mit dem Verkauf dieses Hauses an der Degerlocher Epplestraße sein Schuldenproblem lösen. Das wird ihm wohl nicht gelingen. Foto: Archiv Rüdiger Ott

Das Geld der meisten Hollenbach-Gläubiger scheint unwiederbringlich verloren. Eine Anklage gegen den einstigen Geschäftsführer wird wahrscheinlicher. Immer mehr Geschädigte melden sich bei der Staatsanwaltschaft.

Degerloch - Dem Finanzamt schien der Fall so interessant, dass drei Auszubildende mit zum Termin kamen. Die Landesbank entsandte zwei Mitarbeiter ins Amtsgericht, Abteilung Insolvenzen. Dorthin waren die Gläubiger der Hollenbach GbR zu einem Informationstermin eingeladen. Zum Firmenvermögen gehörte das Wohn- und Geschäftshaus an der Degerlocher Epplestraße. Das Unternehmen – eines von mehreren, die Jürgen Hollenbach betrieb – ist pleite. Wie der einstige Geschäftsführer selbst.

Verkauf bringt weitaus weniger Geld als erhofft

Der Landesbank schuldet er rund 8,5 Millionen, das Finanzamt fordert 118 000 Euro Steuern. Hinzu kommen niedrigere und Niedrigst-Posten, von denen die Kleingläubiger wohl ahnen, dass sie nicht einzutreiben sind. Keiner von ihnen war vor Gericht erschienen. Hollenbach hatte gehofft, mit dem Verkauf des Hauses an der Epp-lestraße sein Schuldenproblem zu lösen. Auf 13 Millionen Euro hatte er den Restwert taxiert. Aber das Geld der Gläubiger scheint tatsächlich verloren.

Ein Gutachter, den der Insolvenzverwalter Philipp Grub beauftragte, kam zu einer anderen Summe: Höchstens 7,5 Millionen Euro sind demnach zu erlösen. Grub will das Haus verkaufen, um vor allem die Bankschulden zu tilgen. Rund eine Million fehlt also, um allein die Forderung der Landesbank zu bedienen. Andere Gläubiger können bestenfalls damit rechnen, ein paar Prozent ihres Geldes zurückzubekommen.

Hollenbach droht eine Haftstrafe

Diese Botschaft ist nicht nur für die Geprellten unangenehm. Sie könnte den einstigen Geschäftsführer ins Gefängnis bringen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt seit Frühjahr gegen Hollenbach, des Verdachts wegen, dass er widerrechtlich Geld zwischen seinen Firmenkonten verschoben hat, um die Pleite abzuwenden. Ursprünglich glaubten die Ermittler, innerhalb weniger Monate ein Ergebnis bekannt geben zu können. Mittlerweile gilt das Jahresende als der Termin, zu dem entschieden werden soll, ob Hollenbach sich vor einem Strafgericht verantworten muss.

Darauf deutet einiges hin. Zum Beispiel Jörg Lang. Er hat Mitte August Strafanzeige gegen Hollenbach erstattet, und ihm wäre ein Urteil gegen den Ex-Geschäftsführer eine Genugtuung, obwohl er selbst nicht betroffen ist. Lang ist Rechtsanwalt. Er vertritt einen Mann, der eine der 13 Seniorenwohnungen in jenem Degerlocher Haus bewohnt. Allein des Alters wegen sei sein Mandant „besonders schutzbedürftig“. Dem betagten Herrn fehlen aus der Nebenkostenabrechnung einige 100 Euro und – aus Langs Sicht entscheidend – die Kaution von knapp 2000 Euro.

Spekulationen mit dem Geld von Senioren

Vermieter müssen die Mietkaution von Gesetzes wegen auf gesonderten Sparkonten sichern. „Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam.“ So steht es im Paragrafen 551 des Bürgerlichen Gesetzbuches. Hätte Hollenbach danach gehandelt, müsste Grub die Mietkaution aus der Insolvenzmasse zurücküberweisen, bevor andere Gläubiger bedient werden. Stattdessen ließ er wissen, dass ein gesondertes Konto für die Kaution nicht zu finden sei. Weil damit das Geld zur gewöhnlichen Insolvenzmasse gehört, gilt für die 2000 Euro des alten Herrn Gleiches wie für andere Gläubiger: „Das Geld ist weg.“ So sagt es sogar der Insolvenzverwalter. Gemäß Strafanzeige hat Hollenbach selbst den Mietvertrag unterschrieben.

„Mein Mandant ist nicht der einzige Betroffene“, sagt Lang und empört sich, „dass Herr Hollenbach offensichtlich mit dem Geld von Senioren spekuliert hat“. Grub bestätigt, dass es die rechtswidrigen Buchungen „auch noch in anderen Fällen gab, die Kautionen sind auf das normale Geschäftskonto geflossen“. In welchem Umfang, sei noch nicht absehbar. Laut Claudia Krauth, Sprecherin der Staatsanwaltschaft Stuttgart, wird auch deswegen bereits ermittelt. Überdies „gehen ständig neue Strafanzeigen ein“, sagt Krauth.

Nach Langs Rechtsauffassung könnten sogar ehemalige Hollenbach-Mitarbeiter belangt werden, falls sie daran beteiligt waren, Kautionen für Geschäftszwecke umzuleiten. Mindestens Geldstrafe, bis zu fünf Jahre Haft sieht das Gesetz für Untreue vor. Pikanterweise hatte Langs Mandant die Kaution bereits 2010 überwiesen – zu einer Zeit, als Hollenbachs Unternehmen noch keine Finanzprobleme hatten.