Ob es neue finanzielle Unterstützung für Griechenland in Höhe von rund 74 Milliarden Euro geben kann, ist weiter offen. Foto: dpa

Das griechische Parlament lässt Alexis Tsipras zwar weiterverhandeln, doch ein drittes Hilfspaket für Griechenland ist noch ungewiss. Einige Finanzministern der Euro-Länder zweifeln das Reformpaket jedoch an.

Brüssel - Ein drittes Hilfspaket für Griechenland ist noch ungewiss. Das vorgeschlagene Reformpaket der Regierung in Athen stößt bei vielen Finanzministern der Euro-Länder auf Skepsis. Ob es auf dieser Basis neue finanzielle Unterstützung für Griechenland in Höhe von rund 74 Milliarden Euro geben kann, ist offen.

"Auf dem Papier sind die Vorschläge nicht gut genug", sagte Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem in Brüssel. Dort berieten die Euro-Finanzminister bei einer Krisensitzung über neue Hilfen aus dem Euro-Rettungsschirm ESM für das akut von der Staatspleite bedrohte Griechenland.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) zeigte sich skeptisch: "Wir werden außergewöhnlich schwierige Verhandlungen haben." Die Vorschläge aus Athen würden kein leichtes Ergebnis ermöglichen. Der slowakische Finanzminister Peter Kazimir sagte: "Das reicht nicht für ein drittes Hilfsprogramm." Der maltesische Minister Edward Scicluna beschrieb die Stimmung unter den Euro-Ländern mit den Worten: "Es gibt einige, die sehr skeptisch sind, und einige, die es weniger sind."

Vielen Staaten fehlt nach Worten des Eurogruppenchefs das Vertrauen, dass die Regierung des griechischen Premiers Alexis Tsipras die versprochenen Reformen auch wirklich umsetzen wird. Man frage sich, "ob der griechischen Regierung vertraut werden (kann), dass sie das tun, was sie versprechen", sagte Dijsselbloem.

Das griechische Parlament hatte Tsipras in einer Nachtsitzung ein Mandat für Verhandlungen über seine Reformpläne erteilt. Sollten die Finanzminister den Maßnahmen aus Athen zustimmen, könnten sie den Weg frei machen für Verhandlungen über ein neues Hilfspaket. Falls sie jedoch ablehnen, wäre ein Ausscheiden Griechenlands aus dem Euro-Währungsraum ("Grexit") nicht ausgeschlossen.

Auch mit Reformpaket gibt es eine Finanzierungslücke

Griechenland brauche in den nächsten drei Jahren etwa 82 Milliarden Euro, hieß es aus Brüsseler Kreisen. Das diskutierte Hilfspaket solle rund 74 Milliarden Euro umfassen. "Wir haben es jetzt mit Finanzierungslücken zu tun, die jenseits all dessen sind, mit dem wir uns in der Vergangenheit beschäftigt haben", sagte Schäuble. Voraussetzung für neue Hilfen sind aber Reformzusagen von Athen.

Das überschuldete und von der Staatspleite bedrohte Griechenland hatte in den vergangenen fünf Jahren bereits internationale Hilfe von insgesamt 240 Milliarden Euro erhalten.

Der österreichische Finanzminister Hans Jörg Schelling verlangte: "Es muss eine Garantie geben, dass eine unmittelbare Umsetzung der Maßnahmen erfolgt." Das griechische Parlament müsse beschließen, dass die Spar- und Reformschritte in einem Gesetzesentwurf akzeptiert werden. Auch bei den geplanten Privatisierungen sei eine Garantie nötig.

Die Geldgeber hatten die jüngsten Spar- und Reformvorschläge Griechenlands zunächst als "eine Basis für ein neues ESM-Programm" bewertet, wie EU-Währungskommissar Pierre Moscovici sagte. Die Geldgeber-Institutionen bestehen aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF). Sie hatten ihre gemeinsame Einschätzung dazu in der Nacht an Eurogruppenchef Dijsselbloem geschickt. EU-Vizekommissionschef Valdis Dombrovskis sagte: "Wir sehen, dass es den Willen von griechischer Seite gibt, eine Einigung zu erreichen."

Die Geldgeber haben dem Vernehmen nach der Eurogruppe auch die notwendigen Dokumente, die der ESM-Vertrag verlangt, vorgelegt. Dabei handelt es sich um eine Bewertung, ob die Finanzstabilität des Euro-Währungsgebiets insgesamt oder seiner Staaten bedroht ist, ob die Staatsverschuldung tragfähig ist sowie eine Einschätzung des Finanzierungsbedarfs Griechenlands.

Griechenland hatte nach einer monatelangen Hängepartie ein Spar- und Reformpaket vorgelegt. Es umfasst unter anderem eine Mehrwertsteuerreform. Bis 2022 soll das Rentenalter auf 67 Jahre steigen.

Am Sonntag kommen die Staats- und Regierungschefs der 28 EU-Mitgliedstaaten zu einem Sondergipfel zusammen.