Ab 2020 wird es ernst für die Bundesländer: Dann dürfen sie keine neuen Schulden mehr machen. Das Institut der deutschen Wirtschaft stellt der grün-roten Landesregierung in Sachen Schuldenabbau ein schlechtes Zeugnis aus. Die wehrt sich.
Ab 2020 wird es ernst für die Bundesländer: Dann dürfen sie keine neuen Schulden mehr machen. Das Institut der deutschen Wirtschaft stellt der grün-roten Landesregierung in Sachen Schuldenabbau ein schlechtes Zeugnis aus. Die wehrt sich.
Stuttgart/Berlin - Baden-Württemberg geht den Schuldenabbau nach Einschätzung des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW/Köln) nicht entschlossen genug an. Grün-Rot versäume es, konkrete Sparmaßnahmen zu benennen, um die Schuldenregel zu erfüllen, heißt es in dem „Konsolidierungs-Check“ des IW im Auftrag der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM).
Im Südwesten bleibe unklar, „auf welche Weise die noch notwendigen Konsolidierungsschritte erfolgen sollen“. Es verbleibe die Aufgabe, „auf der Ausgabenseite konsequenter zu sparen als dies bislang der Fall war“. Finanzminister Nils Schmid (SPD) hingegen hält das Papier für überholt und sieht das Land auf gutem Weg: „Die Kritik geht an der Realität vorbei“, sagte er.
Nach der Schuldenbremse dürfen die Bundesländer ab 2020 keine neuen Schulden mehr aufnehmen. Unter den westdeutschen Flächenländern schaffe es laut IW allein Bayern, den Haushalt 2014 mit Überschuss abzuschließen. Hessen, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz könnten Erfolge beim Abbau der Neuverschuldung verbuchen. Der Beweis ausreichend solider Finanzpläne stehe aber noch aus.
Nils Schmid sieht das ganz anders
Schmid hält die Einordnung Baden-Württembergs für falsch: In Wahrheit habe man hier als erstes Bundesland mit einem langfristigen Finanzplan bis 2020 „die Einhaltung der grundgesetzlichen Schuldenbremse zu einem Leitprinzip seiner Finanzpolitik gemacht“. Von einem strukturellen Defizit in Höhe von 2,5 Milliarden Euro sei in zweieinhalb Jahren Grün-Rot bereits die Hälfte abgebaut. Das IW berücksichtige nicht, dass Baden-Württemberg als erstes Bundesland Einsparpläne ab 2015 für alle Ministerien vorgegeben habe.
Die Arbeitgeber im Südwesten forderten Schmid auf, den Schuldenabbau konsequenter anzugehen. Arbeitgeber-Chef Dieter Hundt nannte die Studie ein „deutliches Warnsignal“. Er kritisierte, dass das Land mit eigenen Regelungen wie dem Personalvertretungsgesetz dafür sorge, die Kostenbelastungen für die öffentlichen Haushalte noch zu erhöhen. CDU-Landeschef Thomas Strobl sagte, Regierungschef Winfried Kretschmann (Grüne) müsse das solide Haushalten endlich zur Chefsache machen. „Sein Finanzminister ist zu schwach, gegenüber seinen Kabinettskollegen aufs Geld zu schauen.“
Berlin und Sachsen-Anhalt sind aus Sicht des IW für den konsequenten Abbau der Neuverschuldung besonders hervorzuheben. Berlin gelinge ab 2014 ein ausgeglichener Haushalt, Sachsen-Anhalt sogar ein struktureller Überschuss. Richtig reagiert auf die Herausforderungen der Schuldenbremse haben laut IW Sachsen, Thüringen, Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg: Sie schließen den Angaben zufolge schon jetzt ihre Haushalte ausgeglichen oder sogar mit Überschüssen ab.
Südwesten ist zweitgrößter Nettozahler
Schmid wies darauf hin, dass „die vom IW genannten Musterländer im Osten“ in hohem Maße von Zahlungen Baden-Württembergs in den Länderfinanzausgleich (LFA) profitierten. „Das IW vergisst zudem zu erwähnen: Steigende Steuereinnahmen bedeuten für Baden-Württemberg steigende Zahlungen in den Länderfinanzausgleich.“ Allein 2013 müsse der Südwesten laut der jüngsten Steuerschätzung etwa 345 Millionen Euro mehr in den LFA einzahlen, als im Haushalt veranschlagt. Zwischen 2005 und 2012 zahlte das Land den Angaben zufolge 16,8 Milliarden Euro in das System ein. Der Südwesten war insgesamt zweitgrößter Nettozahler.
Laut IW stehen fast alle westdeutschen Bundesländer vor Belastungen künftiger Personal- und Versorgungsleistungen. Gerade die Versorgungsausgaben seien ein Haushaltsposten, der sich kaum abbauen lasse „und in Zukunft eher größere Anteile des Budgets beanspruchen wird“, hieß es. Für Baden-Württemberg führt das IW rund 195.000 aktive Beamte und 105.000 Versorgungsempfänger auf.
Das IW verweist darauf, dass aktuell die Bundesländer von hohen Steuereinnahmen profitieren. Sie könnten zu sehr niedrigen Zinsen neue Kredite aufnehmen. Von dramatischen demografischen Umwälzungen sei aktuell noch wenig zu spüren: „Es ist jedoch absehbar, dass diese günstige Situation nicht auf Dauer Bestand haben wird“, heißt es.