Schulen müssen sichere Orte sein. Foto: dpa/Robert Schlesinger

Kultusministerin Schopper mustert die Amok-Pager aus, die nach dem Amoklauf von Winnenden für Schulen gekauft wurden. Welche Gründe den Ausschlag gegeben haben.

Nach dem Amoklauf an der Albertville-Realschule in Winnenden im März 2009 wurden alle Schulen in Baden-Württemberg mit sogenannten „Pagern“ ausgestattet, um die Sicherheit von Schülern und Lehrkräften in solchen Katastrophensituationen flächendeckend zu verbessern. Jetzt mustert Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne) die tragbaren Piepser, die Alarmmeldungen per Funk übermitteln, wieder aus. Der Grund: „Das ist ein redundantes System, die Technik ist überholt“, erläuterte Schopper im Gespräch mit unserer Redaktion. „Im Handy-Zeitalter braucht es die Geräte nicht mehr.“

Krisenpläne sind Pflicht

Die Begründung für die Neuaufstellung ist also nicht, dass es seit Winnenden keinen Amokfall mehr in Baden-Württemberg gegeben hat. Tatsächlich sind wegen der mittlerweile weit verbreiteten Mobiltelefone und weiteren Sicherheitsvorkehrungen heute andere Informationsketten möglich als damals. Inzwischen sind die Schulen im Land durch Krisenpläne grundsätzlich besser auf extreme Sicherheitsgefährdungen vorbereitet. „Heute ist es Vorschrift, dass bei der Polizei die aktuellen Krisenpläne der Schulen vorliegen müssen“, erklärte Schopper.

Dazu gehörten auch die privaten Adressdaten und die Rufnummern von Schulleitern, Hausmeistern oder anderen eigens für Notlagen bestimmten Personen, sagte die Ministerin: „Die Polizei informiert im Krisenfall dann zielgenau entsprechend der Notwendigkeiten und der Lageeinschätzung vor Ort.“

Vor dem Beschluss zur Abschaffung der Pager gab es nach Schoppers Angaben eine sorgfältige Prüfung der Sachlage. Angeschafft worden waren die Piepser, um im Falle eines Amoklaufs alle anderen Schulen des Regierungsbezirks über die Gefahr zu informieren. Diese Warn-Konzeption war dem Tathergang in Winnenden geschuldet: Dort hatte der Amokschütze an der Albertville-Realschule zunächst neun Schülerinnen und Schüler, drei Lehrerinnen und auf seiner anschließenden, viele Kilometer langen Flucht drei weitere Menschen erschossen.

Mangelnde Zielgenauigkeit

Die große Adressatenzahl und weite räumliche Streuung der Pager-Nachricht wird im Kultusministerium heute als Nachteil und mangelnde Zielgenauigkeit des Warninstruments gesehen. „Zwei Mal wurde der Alarm in den letzten elf Jahren ausgelöst, zwei Mal ohne echte Bedrohungslage. Die Weiträumigkeit, mit der der Pager die Schulen dabei gewarnt hat, hat dann andernorts ohne Grund zu Panik geführt“, sagte Schopper. „Bei der Polizei war der Notruf überlastet. Das alles hat gezeigt, das System ist nicht hilfreich.“

Was die Entscheidung zusätzlich beflügelt haben dürfte, ist die Teuerung: Das System hätte laut Kultusministerium neu ausgeschrieben werden müssen; die Kosten wären auf das Zweieinhalbfache gestiegen.