Spurensicherung am Tatort in Göppingen – am Wochenende ist hier ein 25-Jähriger niedergeschossen worden. Foto: Marius Bulling/dpa

Nachdem in Göppingen abermals Schüsse fallen, schreiben Bürger einen Brandbrief an OB Alexander Maier. Dieser zeigt Verständnis für das beschädigte Sicherheitsgefühl.

Am vergangenen Samstag ist in Göppingen ein 25-Jähriger niedergeschossen worden – auf offener Straße. Nachdem sich Vorfälle, bei denen Schusswaffen im Spiel sind, in der Kreisstadt häufen, verleiht ein offener Brandbrief, verfasst von Bürgern an OB Alexander Maier (Grüne), den Sorgen um Sicherheit Ausdruck. Auch wenn die Verfasser namentlich nicht bekannt sind, wird das schreiben aktuell fleißig in sozialen Medien geteilt, auch in der reichweitenstarken, privat betriebenen Facebook-Gruppe „Blaulichtreport Göppingen“.

 

„Mit großer Sorge und wachsender Verzweiflung wenden wir, die Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt – insbesondere aus dem südlichen Stadtteil – uns an Sie“, steigt der Brief ein. Das Sicherheitsgefühl sei verloren gegangen – und es ist Zeit, dass gehandelt wird. Berichtet wird von sich häufenden Vorfällen im Umfeld von Spielplätzen und Schulwegen, die polizeiliche Präsenz wird als „erschreckend gering“ beschrieben.

Taten statt Schönfärberei gefordert

Der Brief liest sich wie ein einziger Hilferuf. „Wir haben es satt, mit leeren Versprechungen beschwichtigt zu werden“, heißt es dort weiter. Beim Thema Flüchtlingspolitik findet das Schreiben abwägende Töne: Es gehe um eine integrierende Ordnung, „die sowohl den Bedürfnissen der Schutzsuchenden als auch der bestehenden Stadtbevölkerung gerecht wird.“ Die Menschen in dieser Stadt forderten keine kosmetischen Maßnahmen und keine Schönfärberei mehr – sondern Taten.

OB Maier teilte bereits im Gespräch mit unserer Zeitung die Bedenken zum Thema Sicherheit, kündigte an, anlässlich des jüngsten Gewaltdelikts das Gespräch mit Innenminister Thomas Strobl (CDU) zu suchen. Auch den Verfassern des Briefes hat er auf Facebook in der Gruppe „Blaulichtreport Göppingen“ ausführlich geantwortet.

Drei Todesfälle im vergangenen Jahr

„Ihr Schreiben hat mich erreicht – und es lässt keinen kalt, der Verantwortung für diese Stadt trägt. Ich danke Ihnen für Ihre offenen Worte, Ihre Deutlichkeit, Ihre Sorge – und ja, auch für Ihre Kritik“, antwortete Maier. Sicherheit sei „kein Luxus, kein Wohlfühlthema“, sondern ein Grundbedürfnis.

Göppingens OB Alexander Maier will die Kriminalität bekämpfen, sieht aber auch die Grenzen seines Amtes. Foto: IMAGO/dts Nachrichtenagentur

Drei Todesfälle im vergangenen Jahr in Göppingen – alle unabhängig voneinander, alle tragisch – hätten das Vertrauen der Menschen erschüttert, das sei nachvollziehbar. Gerade Eltern, die ihre Kinder jeden Tag in die Schule oder auf den Spielplatz schickten, hätten ein Recht darauf, ernst genommen zu werden.

Auch hier verweist Maier auf den „Masterplan Sicherheit in Göppingen“, ein umfassendes Maßnahmenpaket, das die Sicherheit in der Stadt verbessern soll. Gleichzeitig macht der OB auch klar, dass auch seine Möglichkeiten begrenzt sind: „Ich verspreche Ihnen, dass ich Ihre Sorgen nicht wegrede“, er die Probleme „anpacken werde“, aber auch: „Aber ich verspreche auch nicht das, was nicht in unserer Macht liegt. Ich kann nicht garantieren, dass es keine Straftaten mehr gibt.“

Darum hatte Alexander Maier zuletzt auch mehr Unterstützung durch die Landesregierung und das Innenministerium gefordert. Auch wenn nach wie vor nicht abschließend geklärt ist, ob sich die Schüsse vom vergangenen Samstag in die blutige Fehde zweier verfeindeter Gruppen in der Region Stuttgart einreihen, sei diese Gang-Kriminalität ein Landkreise übergreifendes Problem, das Göppingen nicht allein lösen könne.

Seit 2022 hält ein gewalttätiger Konflikt der beiden vor allem in Stuttgart, Esslingen, Ludwigsburg und eben Göppingen aktiven Gruppierungen die Behörden in Atem. Trotz zahlreicher Ermittlungserfolge und Verurteilungen kam es immer wieder zu Auseinandersetzungen mit teils tödlichem Ausgang.

Das Opfer der Schüsse in Göppingen trug schwere Verletzungen davon. Es wird nach zwei Tatverdächtigen gefahndet, laut Polizeiangaben konnten sie noch nicht ermittelt werden.