Wegen Schüssen aus einer Luftpistole wurden die Beamten in der Neujahrsnacht nach Großbottwar gerufen. Foto: dpa

Der 76-Jährige, der in der Silvesternacht mit einer Luftpistole zwei Menschen verletzt haben soll, griff zur Waffe, weil seine Nachbarn Feuerwerk zündeten. Inzwischen bereut er sein Verhalten.

Großbottwar - Der 76-jährige Mann, der in der Silvesternacht in Großbottwar mit einer Luftdruckpistole auf eine Frau und deren Lebensgefährten geschossen haben soll, versucht seine Tat zu rechtfertigen. Gegenüber unserer Zeitung erklärt der Rentner, er habe sich von seinen Nachbarn provoziert gefühlt, weil diese Feuerwerkskörper in Richtung seines Hauses abgefeuert hätten. Deshalb sei er mit der Luftpistole auf die Straße gegangen. „Dann sind alle auf mich zugegangen, und ich habe geschossen – es war wie Notwehr.“

Eines der beiden mutmaßlichen Opfer, eine 37 Jahre alte Mutter, hatte kurz nach dem Vorfall gegenüber der Polizei ausgesagt, der Schütze habe seine Waffe zunächst auf ihre Tochter gerichtet. Auch dazu äußert sich der 76-Jährige: Er habe nicht direkt auf die Zwölfjährige zielen wollen. Es sei alles sehr schnell gegangen, die Mutter habe sich rasch vor das Kind gestürzt.

Platzwunden am Arm und an der Hand

Fakt ist wohl: Die 37-Jährige wurde von einer 4,5 Millimeter dicken Stahlkugel getroffen und erlitt eine Platzwunde am Unterarm. Ihr 48-jähriger Lebensgefährte wurde von einem Schuss an der Hand verletzt. Trotzdem gelang es ihm, den Rentner umzustoßen und die Pistole an sich zu reißen. Nach Angaben der Polizei hätten die Kugeln auch weitaus schwerere Verletzungen verursachen können.

Festgenommen wurde der Rentner nicht. Dazu habe es keinen Anlass gegeben, sagt die Polizeisprecherin Yvonne Schächtele. „Wir gehen ja nicht von einem versuchten Tötungsdelikt, sondern von einer gefährlichen Körperverletzung aus.“ Außerdem bestehe keine Fluchtgefahr. Der 76-Jährige wurde noch nicht formal verhört. Dies werde in der nächsten Woche beim Polizeiposten Großbottwar nachgeholt, kündigt Schächtele an. Und es sollen zwei weitere Zeugen befragt werden.

Geklärt werden muss unter anderem, ob der Schütze im Besitz eines Waffenscheins ist. Zwar dürfen Luftdruckpistolen ohne ein solches Papier gekauft werden, der Inhaber darf sie dann aber ausschließlich in seiner eigenen Wohnung aufbewahren – und gegen diese Vorgabe hat der 76-Jährige an Silvester offenbar verstoßen. Laut der Polizei konnte er in der Tatnacht keinen Waffenschein vorweisen. Gegenüber unserer Zeitung erklärt er, er besitze die Waffe, um sich gegen Einbrecher zu schützen.

Der Streit soll bereits zwei Stunden vor den Schüssen begonnen haben

Ereignet hat sich der Vorfall gegen 0.30 Uhr, der Rentner aber sagt, der Streit mit den Nachbarn habe bereits um 22.30 Uhr begonnen. Seine Frau stützt diese Aussagen und berichtet, sie selbst habe die Nachbarn aufgefordert, keine weiteren Feuerwerksraketen gegen das Haus zu richten. Zwar habe die Gruppe auf der Straße dann eine Ruhepause eingelegt, gegen Mitternacht aber erneut Feuerwerk gezündet.

Das war wohl der Moment, in dem der 76-Jährige seine Pistole in die Hand nahm und auf die Straße ging. Dass er nach dem ersten Schuss auf die Frau noch einen zweiten abgegeben haben soll, bestreitet er. Vielmehr habe der 48-Jährige ihn „brutal weggestoßen, auf den Boden geworfen und verletzt“. Möglicherweise, räumt der Rentner ein, habe sich dabei ein Schuss gelöst. Dass es so weit gekommen ist, bedauere er. „Es tut mir unendlich leid.“ Er sei provoziert worden und gereizt gewesen.