Schüler in Berlin protestieren für den Klimaschutz Foto: AFP

In Stuttgart, Tübingen, Ravensburg und Mannheim wollen Studierende und Schüler am Freitag wieder für den Klimaschutz streiken. Luisa Neubauer, Mitbegründerin der Aktion „Fridays-for-Future“, erklärt die Hintergründe.

Stuttgart -

- Frau Neubauer, die Kohlekommission hat sich geeinigt und plant den Ausstieg aus der Kohle für 2038? Ist das nicht ganz in Ordnung?
Für uns steht fest, dass das Ergebnis der Kohlekommission, der Kohleausstieg 2038, keine Option ist. Er ist ein Verrat an der Jugend. Der Kohleausstieg ist unser wichtigstes Anliegen, er wird zur Schicksalsfrage. Wir werden mit unserer Forderung nach einem Ausstieg bis spätestens 2030 nicht lockerlassen. Wie sollen wir einmal unseren Kindern erklären, warum wir nicht gehandelt haben, als es noch ging? Ein früherer Kohleausstieg ist zu teuer? Das ist nicht vertretbar. Wir haben klargemacht, dass wir nicht zusehen werden, wenn bis 2038 Kohle verbrannt wird. Wir wollen das auf der Straße zeigen. Die nächsten Streiks sind geplant, die größte Streikwelle soll am 15. März sein.
Sie haben Bundeswirtschaftsminister Peter Altmeier getroffen. Wie war die Begegnung?
Es war interessant. Wir hatten das Gefühl, er hat nicht verstanden, was auf dem Spiel steht. Der Kohleausstieg bis 2038 reicht nicht. Damit wird das Ziel einer Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 Grad nicht erreicht. Es braucht jetzt politischen Willen und Vorstellungskraft und daran mangelt es.
Wie kamen Sie zu „Fridays for Future“?
Ich habe auf der UN-Klimakonferenz in Katowice in Polen die 16-jährige Aktivistin Greta Thunberg aus Schweden kennengelernt. Ich bin zufällig mit ihrem Vater ins Gespräch gekommen, er wirkte wahnsinnig gestresst. In der ersten Woche der Konferenz habe ich beiden dann geholfen, habe Termine koordiniert und an meinem ersten Klimastreik teilgenommen. Bei diesem Streik während der Konferenz waren es nur Greta und ich. Greta ist schüchtern und spricht wenig. Aber sie trifft ihre Aussagen mit Schärfe und blickt sehr klar auf die Dinge. Das braucht es gerade. Viele Akteure sind angesichts der Klimakrise hilflos, aber Greta lässt sich nicht abbringen von ihrem Kurs und das inspiriert. Zurück in Deutschland war ich beunruhigt. Wir sind in einer Klimakrise und entgegnen ihr nichts. Dann habe ich ein paar E-Mails geschrieben, Anrufe getätigt und mich mit anderen vernetzt. Ich war nicht die einzige Organisatorin, es gab auch Leute in Kiel und anderen Städten mit diesen Ideen. Es war dann eher so ein weiterer Funke, der zur Organisation der „Fridays for Future“-Streiks geführt hat.
Wie geht es mit der Leitung der Streiks weiter?
Das ist die große Frage. Wie stellen wir uns auf? Wer sind wir? Im Vorfeld des Berliner Streiks letzte Woche habe ich bestimmt 60 Interviewanfragen erhalten und sie an andere Organisatoren weitergegeben. Ich möchte auch, dass deren Geschichten erzählt werden. Wir geben uns viele Mühe, dass wir in der Breite wachsen.
Soll daraus eine politische Partei entstehen?
Das ist keine Überlegung und gar kein Thema für uns. Wir arbeiten mit politischen Jugendverbänden zusammen, aber unser Thema ist größer als eine Partei, es ist der Planet.
Viele – darunter ist auch die Junge Union – kritisieren, dass die Streiks in der Schulzeit stattfinden. Was sagen Sie dazu?
Da schüttele ich den Kopf. Viele, die bei uns mitmachen, wissen wegen der Aktionen überhaupt erst, wer wir sind. Der Schulstreik ist ein Werkzeug und die Aufmerksamkeit, die wir erhalten haben, zeigt, dass das Streikkonzept funktioniert. Wir wissen, dass durch die Streiks wertvolle Unterrichtszeit verloren geht. Für mich bedeutet das verlorene Zeit an der Uni, ich verpasse Klausuren. Aber jeder, der schon mal an einem „Fridays for Future“-Streik teilgenommen hat, merkt, dass es nicht ums Schuleschwänzen geht. Die Klimakrise ist enorm und so existenziell, da müssen wir handeln.