Die Schülerfirma bike@school kümmert sich um kaputte Drahtesel. Foto: Christoph Kutzer

Die Schülerfirma bike@school hat sich in der Margarete-Steiff-Schule als Teil eines Gesamtkonzepts rund ums Radfahren etabliert.

Möhringen - Irgendwo schleift es, glaube ich immer noch“, teilt Steffen mit und dreht am Hinterrad des Mountainbikes, das vor ihm auf einem Reparaturständer hängt. „Vielleicht ist der Gang zum Einstellen zu hoch?“ überlegt Luis. Die beiden 15-Jährigen sind gerade dabei, eine Bremse neu zu justieren.

Seit zwei Jahren engagieren sie sich in der Schülerfirma bike@school, die von der Margarete-Steiff-Schule, der Freien Evangelischen Schule (FES) Stuttgart und dem Alex-Club des Körperbehinderten-Vereins KBV ins Leben gerufen wurde. „An meinem eigenen Fahrrad habe ich auch schon vorher herumgeschraubt“, sagt Steffen. „Allerdings nur, wenn es unbedingt nötig war.“

Jeder bringt seine Stärken ein

Die Arbeit an fremden Drahteseln macht Steffen Spaß. Auch, weil die Gruppe, die bei bike@school aktiv ist, ein Team bildet, in dem jeder seine Stärken erproben und einbringen kann. Während die einen Bremsklötze wechseln oder Fahrräder waschen, schlachten andere schrottreife Kandidaten aus. Was an Ventilen, Pedalen, Reflektoren aber auch einzelnen Schrauben und Muttern brauchbar ist, wandert in die Werkstatt im Keller der Einrichtung.

„Wir haben hier inzwischen alles, was man braucht, erklärt Thomas Szotowski, der schon das Vorläuferprojekt, das „inklusive Radlabor“ betreut hat und nun die Schülerfirma begleitet. Das umfasst nicht nur Ersatzteile und einen Werkzeugschrank voller Zangen und Schlüssel, sondern auch Unterlagen, die Vorgänge wie das Flicken eines Schlauches beschreiben: in Wort und Bild. Zum Lernen sind sie als Memory einsetzbar. So haben alle in der heterogen zusammengesetzten Gruppe eine Chance, Wissen zu erwerben.

Eine Schablone, die Szotowski angefertigt hat, ermöglicht es, die Reifenbreite festzustellen, indem man das Rad auf die Vorlage rollt und schaut, ob es passt. So können auch Schüler mit schlechten Augen problemlos erkennen, wie viele Millimeter sie vor sich haben. „Das ist wichtig, wenn es um den passenden Luftdruck geht“, erklärt der Fachmann. „Ein schmaler Rennradreifen benötigt einen Luftdruck von 9 Bar. Ein breites Exemplar nur 2 Bar. 70 Prozent aller Fahrradplatten sind einem falschen Reifendruck zuzuschreiben.“ Solche Feinheiten werden auch den Schülern vermittelt. Mit einem übergeordneten Ziel: Die körperlich beeinträchtigten Jugendlichen sollen mobiler und unabhängiger werden. In der Fahrrad-AG, die ebenfalls zum übergeordneten Projekt „Radautonomie – alles inklusiv“ gehört, ist dann auch Raum für die Praxis.

Ausflüge mit ungewöhnlichen Rädern

Bei den Ausflügen kommen auch ungewöhnliche Gefährte wie ein Handbike oder ein Rollfiets zum Einsatz – ein Rad mit anmontiertem Rollstuhl. Gemeinsame Ausflüge gehören fest zum Programm. Eine gemeinsame Tour auf die Schwäbische Alb steht unmittelbar bevor.

Seit im Januar 2016 die Konzeptphase für die Schülerfirma zu Ende ging und die ersten Aufträge kamen, funktioniert bike@school als professionell arbeitender kleiner Dienstleister. „Anfangs mussten wir Werbung machen“, erinnert sich Grazia (15), die die praktische Arbeit als willkommene Abwechslung zum Lernen empfindet. „Inzwischen ist das nicht mehr nötig. Die Leute bringen ihre Räder, damit wir sie auf Vordermann bringen oder durchchecken und sind zufrieden.“

Durchschnittlich fünf Rechnungen können sie und die gleichaltrige Adelina, beide Schülerinnen der Freien Evangelischen Schule, wöchentlich ausstellen. Auch Lehrer nehmen das Angebot in Anspruch. Spätestens seit der Fahrradbörse der FES im März, bei der die Schülerfirma kleine Servicearbeiten und Pflegetipps angeboten hat, läuft der Laden. Das ist gut so, denn vom Ende des Jahres an muss das Unternehmen auf eigenen Beinen stehen. Die finanzielle Förderung läuft aus. Thomas Szotowski wird sich dann anderen Aufgaben zuwenden. Er hofft, dass das erfolgreiche Projekt, das für die Beteiligten der Margarete-Steiff-Schule einen wichtigen Beitrag zur gesellschaftlichen Teilhabe leistet, fortgeführt wird. „Es wäre schade, wenn die Werkstatt nicht weiterhin genutzt würde“, sagt er. „Auch, was zwischen den Schulen in Bewegung gekommen ist, ist nicht zu unterschätzen und sollte weiter gepflegt werden. Vielleicht lässt es sich ja sogar noch ausweiten? Ich persönlich fände die Gründung eines Mobilitätszentrums sehr spannend.“ Eine tragfähige Basis ist mit bikes@school und dem Fuhrpark der Fahrrad-AG jedenfalls geschaffen.