Anna Reinöhl (links) und Annika Lukas Foto: Julia Barnerßoi

15 Schüler des Geschwister-Scholl-Gymnasiums fliegen zum Schüleraustausch nach Indien. Das Abenteuer wird von der Robert-Bosch-Stiftung angeboten und gefördert.

Sillenbuch - Im Deutsch-Indischen Klassenzimmer riecht es weder nach Schweinebraten noch nach Curry. Vielmehr flirrt die Luft vom Reisefieber. 15 Schüler des Geschwister-Scholl-Gymnasiums überlegen aufgeregt, wie viel Gepäck sie mitnehmen dürfen, ob alle nötigen Impfungen erledigt sind und ob sie Reisepass und Visum rechtzeitig von der Botschaft zurückbekommen. Die vier Jungen und elf Mädchen stehen kurz vor einem Besuch in Neu Delhi. Am kommenden Dienstag geht es los. Das Sillenbucher Gymnasium ist eines von 15 in Deutschland, die von der Robert-Bosch-Stiftung Geld für eine Art Schüleraustausch namens Deutsch-Indisches Klassenzimmer bekommen.

„Das Projekt ist mehr als ein Schüleraustausch“, erklärt der Lehrer Stefan Rehm das Deutsch-Indische Klassenzimmer. Es besteht nicht nur aus dem Besuch und dem Gegenbesuch im kommenden Juni. Das ganze Schuljahr über schuften die 30 deutschen und indischen Schüler an einer Menge theoretischer Grundlagen. „Am Ende soll ein Kulturführer aus Sicht der Schüler entstehen“, erklärt Rehm, der das Projekt mit seiner Kollegin Tina Schäfer betreut. Die Schüler beackern das ganze Leben. Sie stellen jeweils dar, wie die Themen Schule, Arbeit und Karriere, Liebe und Beziehungen oder Mediennutzung in ihrem Land gehandhabt werden.

Von Weihnachten bis Wasen

In der vorletzten Stunde vor dem Abflug nach Neu Delhi stellt eine Gruppe in einem Vortrag die verschiedenen Feste in Deutschland vor. Von Weihnachten bis zum Wasen ist alles dabei. Das Referat müssen sie dann auch in Indien halten. Stefan Rehm kommt indes eine Idee, als er Wasen hört. Alle könnten Dirndl und Lederhosen mitnehmen. „Die halten uns für verrückt, wenn sie das sehen“, kontert ein Schüler.

Ganz geplant ist also doch noch nicht alles. Und das obwohl Rehm und seine Kollegen auf indischer Seite schon lange vorbereiten. Vergangenes Jahr bereits hat der 43-jährige Englisch-, Deutsch- und Ethik-Lehrer die mehrseitige Bewerbung mit Projektbeschreibung abgeschickt. Im März kam die Zusage der Robert-Bosch-Stiftung. „Wir wurden aus 27 Bewerbern ausgewählt“, sagt Rehm stolz. Das Thema des GSG und der Partnerschule ist: „Kultur und Identität in einer sich verändernden Welt“.

Neben Delhi besichtigen die Schüler auch das Taj Mahal in Agra

Die Säulen des Austauschs stehen wegen der intensiven Vorbereitung schon. Die Schüler haben ihre Gastfamilien und ihre Austauschpartner. Neben dem Schulbesuch ist geplant, dass sie in Indien neben Neu Delhi auch das Taj Mahal in Agra und die Städte Jaipur und Udaipur besuchen werden. Wie das alles so werden wird, können sie sich noch nicht so recht vorstellen. „Man weiß so wenig über das Land, es hört sich immer so weit weg an“, sagt die 14-jährige Anna Reinöhl aus Sillenbuch. Seit sie weiß, dass sie nach Indien fliegen wird, denkt sie bei vielen alltäglichen Situationen darüber nach, wie das dort am anderen Ende der Welt wohl läuft. „Zum Beispiel beim Frühstück“, sagt sie.

Ihre Freundin Annika Lukas bereitet sich mit einem Buch auf die Reise vor. „Ich lese einen Fettnäpfchen-Führer“, sagt sie grinsend. Sie könne sich auch kaum vorstellen, welcher Kulturschock auf sie zukommen wird. „Ich denke, es wird eine tolle Erfahrung. Es gruselt mich nur vor der Armut“, erzählt die 14-Jährige aus Ruit. Ihre Gastschüler haben die Mädchen schon kennengelernt – das Internet macht es möglich. Sie haben sich Bilder und ihre Lieblingsmusik hin- und hergeschickt.

Stefan Rehm ist stolz auf seine Neunt- und Zehntklässler und freut sich auf die Reise mit ihnen. „Es sind tolle Schüler“, sagt er. Sorgen habe er keine. „Sie werden das schon meistern.“ Und das Risiko, in der Magengegend krank zu werden, gehöre ein wenig dazu. „Es ist eben ein größeres Abenteuer als ein Frankreich-Austausch.“