An der Gedenkveranstaltung auf dem Münchinger Friedhof haben viele Flattischschüler teilgenommen. Bei ihrer Aufführung haben auch Maultaschen eine bedeutende Rolle gespielt. Foto: factum/Weise

Der Volkstrauertag ist nicht unbedingt das spannendste Thema für Kinder und Jugendliche. Doch die Lehrerin Dagmar Müller-Buchalik hat einen Weg gefunden, ihre Schüler dafür zu begeistern.

Korntal-Münchingen - Machen wir dieses Jahr wieder mit beim Volkstrauertag?“ – Dies sei die Frage gewesen, die die 25 Schüler der Ethikklasse an der Flattichschule in Korntal-Münchingen ihrer Lehrerin Dagmar Müller-Buchalik vor einigen Wochen gestellt hätten. „Und sie haben mich mit dieser Frage sehr glücklich gemacht“, sagt die Pädagogin. Zum einen, weil es ihr zeige, dass die Schüler im vorigen Jahr gerne dabei gewesen seien und mitgemacht hätten. Zum anderen, weil es ihr gezeigt habe, dass die Schüler entgegen der landläufigen Meinung eben nicht gleichgültig seien oder sich nicht mehr engagieren wollten, sondern durchaus Interesse an komplexen Themen zeigten. „Man muss sie nur anleiten, ihnen die Türen öffnen und sie gestalten lassen, dann kommen ganz tolle Dinge heraus“, schwärmt die Lehrerin.

Maultaschen und Bahnhöfe

Eines dieser Dinge war die etwa zehnminütige Performance am Sonntagvormittag in der Aussegnungshalle des Korntal-Münchinger Friedhofs. Zehn Schüler führten den Beitrag vor, den sie gemeinsam mit ihren Mitschülern seit September erarbeitet hatten. Als Anlass für das Thema „Begegnungen“ diente der grenzüberschreitende Schülerwettbewerb „Die Deutschen und ihre Nachbarn im Osten“, den das baden-württembergische Kultusministerium im laufenden Schuljahr veranstaltet. Auf der Internetseite www.nachbarn-im-osten.de mussten Schüler und ihre Lehrer zunächst Fragen beantworten, nun steht noch die Einreichung der Bewerbung aus. Als Hauptpreis wird eine mehrtägige Studienfahrt durch die Woiwodschaft Lodz und Baden-Württemberg vergeben.

Dagmar Müller-Buchalik und ihre Schützlinge überlegten sich also: Welche Art von Begegnungen gibt es zwischen Polen und Deutschland? Und was macht die Begegnungen aus? Herausgekommen sind dabei erstaunliche und interessante Dinge. Zum einen haben Pieroggen, also die polnischen Teigtaschen, eine enorme Ähnlichkeit mit den schwäbischen Maultaschen: eine leckere Füllung in einem leckeren Teig. Auch die Bahnhöfe Münchingen und Lodz spielen eine Rolle in der Konzeption, immerhin seien Bahnhöfe zum einen der Schlüssel für Begegnungen, aber auch für Aufbruch und Abschied. „Der Bahnhof von Lodz führte ja schrecklicherweise ins Konzentrationslager nach Auschwitz – hier haben wir also die direkte Verbindung zum Volkstrauertag“, erklärt die Lehrerin.

Sami Khedira und Marcin Gortat

Und schließlich gibt es da noch die beiden Profisportler Sami Khedira aus Fellbach, der als Fußballer derzeit bei Juventus Turin kickt, und den polnischen Basketballer Marcin Gortat, der in den USA spielt. „Naja, unsere Mädels in der Klasse haben sich natürlich hauptsächlich für die Frisur von Sami Khedira interessiert. Aber immerhin sind sie durch Nachdenken darauf gekommen, diese beiden Sportler aus den beiden Ländern gegenüberzustellen“, erzählt Dagmar Müller-Buchalik.

Sämtliche Begrifflichkeiten und Abbildungen wurden schließlich auf Plakate geschrieben und gedruckt und in die Aufführung mit einbezogen. Dagmar Müller-Buchalik war begeistert von ihren Schülern und ihrem Engagement. „Natürlich ist der Volkstrauertag an sich nichts Aufregendes für die Kinder in dem Alter. Aber wenn man ihn in einen anderen Kontext stellt und den Jugendlichen vor allem klar macht, dass man mit diesem Tag an zwei völlig sinnlose und verheerende Weltkriege erinnern möchte, bei dem ganz viele Menschen umgekommen sind, dann gibt ihnen das schon zu denken“, sagt sie. Man müsse ihnen nur die nötige Ruhe geben, zu reflektieren – dann seien die Kinder auch sehr betroffen und berührt.

Kinder bringen ein positives Gefühl hinein

Auch Otto Koblinger ist begeistert vom Engagement der Schüler. „Die Stimmung am Volkstrauertag ist immer ganz toll, wenn die Jugendlichen etwas beitragen, sie bringen sich ganz toll ein“, sagte der Vorsitzende der VdK-Ortsgruppe Korntal-Münchingen.